Bahnsteig-Morde: Seehofer will mehr Polizeipräsenz an Bahnhöfen

In der Schweiz sei er "vorbildlich" integriert gewesen

CSU-Chef Horst Seehofer - Bild: Norbert Hettler
CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer

Nach dem Mord eines achtjährigen Jungen, der am Montagmorgen am Frankfurter Hauptbahnhof vor einen einrollenden ICE auf die Gleise gestoßen worden ist, hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mehr Polizeipräsenz an Bahnhöfen gefordert. „Bahnhöfe sind öffentliche Räume. Und wenn dort solche schrecklichen Verbrechen passieren“, dann sei es nachvollziehbar, dass in der Bevölkerung Fragen nach der Sicherheitslage auftauchten, sagte Seehofer am Dienstag in Berlin.

Man habe schon „seit etlichen Tagen und Wochen“ schwerwiegende Delikte erlebt, die „innerhalb der Bundesregierung und der Sicherheitsbehörden zur Diskussion“ veranlasst hätten, was der Grund „für eine solche Entwicklung“ sei, so der Innenminister weiter. „Obwohl die allgemeine Kriminalität rückläufig ist“, sei das Sicherheitsgefühl innerhalb der Bevölkerung „sehr angespannt“, so der CSU-Politiker. Solche Fälle wie am Montag trügen „natürlich ganz entscheidend dazu bei“. Man habe sich nicht nur „wegen dieses kaltblütigen Mordes gestern“ getroffen, sondern um auch „einen weiteren Horizont zu schlagen“, wo und wie man „in den nächsten Wochen und Monaten mit diesen Phänomenen“ umgehe, sagte Seehofer. Zudem erläuterte Bundespolizeipräsident Dieter Romann Einzelheiten zur Tat: Der mutmaßliche Täter, ein 40-Jähriger aus Eritrea, sei 2006 „unerlaubt in die Schweiz“ eingereist und habe dort Asyl beantragt, das ihm im Jahr 2008 gewährt worden sei, sagte Romann. „Er besitzt seitdem die Niederlassungsbewilligung in der Schweiz der Kategorie C“, das „gut integriert“ heiße. Er sei „einer festen Arbeit“ nachgegangen. Aus Sicht der Ausländerbehörde in der Schweiz sei er „vorbildlich“ integriert gewesen. Er sei zuletzt am 25. Juli diesen Jahres in der Schweiz aufgefallen „durch eine massive Bedrohung seiner Nachbarin mit einem Messer“, so der Bundespolizeipräsident weiter. Er habe sie auch gewürgt und anschließend in ihrer Wohnung eingesperrt. Danach sei der Täter geflüchtet. Dies habe die Schweiz „zum Anlass genommen, ihn national zur Festnahme auszuschreiben“. Der Tatverdächtige sei „auch im Vorfeld mit entsprechenden Delikten bereits in der Schweiz auffällig“ gewesen, sagte Romann.

Am Montagmorgen hatte ein 40-jähriger Tatverdächtiger im Frankfurter Hauptbahnhof am Gleis 7 zunächst eine 40-jährige Mutter und ihren achtjährigen Sohn vor einen einrollenden ICE auf die Gleise gestoßen. Während die Mutter sich auf einen Fußweg zwischen Gleis 7 und 8 retten konnte, wurde ihr Kind vom Zug erfasst und verstarb noch vor Ort. Die Mutter erlitt einen schweren Schock, ihre körperlichen Verletzungen waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft weniger gravierend. Im Anschluss hatte der mutmaßliche Täter zudem versucht, eine 78-jährige Frau auf die Gleise zu stoßen. Dies gelang jedoch nicht. Die Frau erlitt einen Schock und zog sich eine Schulterverletzung zu. Der mutmaßliche Täter war nach dem Vorfall aus dem Hauptbahnhof geflüchtet, wurde aber im Nahbereich des Bahnhofs von Passanten überwältigt und bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten. Es handelt sich um einen eritreischen Staatsangehörigen, der seit 2006 in der Schweiz im Kanton Zürich lebte. Bereits am 20. Juli war es im nordrhein-westfälischen Voerde zu einem vergleichbaren Vorfall gekommen. Dabei hatte ein 28-Jähriger eine 34-jährige Frau am Bahnhof vor einen einfahrenden Zug gestoßen und getötet.

Bahnsteig-Tötung: Kretschmer kritisiert Instrumentalisierung

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die politische Instrumentalisierung der Tötung eines achtjährigen Jungen auf einem Bahnsteig des Frankfurter Hauptbahnhofs scharf kritisiert. „Ich empfinde tiefe Trauer um den Jungen und Mitgefühl für die Eltern“, sagte Kretschmer den Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“. Es sei „beschämend“, wie diese Tat im Netz „nun politisch instrumentalisiert“ werde. „Mir wird dabei schlecht. Das ist menschenverachtend, bösartig, unmoralisch, absolut unanständig“, so der CDU-Politiker weiter. Es zeige „das wahre Gesicht dieser Leute, die so etwas tun“, so der sächsische Ministerpräsident. Er mahnte in der Sicherheitsdebatte vor übertriebenen Erwartungen. „Die Taten sind entsetzlich, es sind aber Einzeltaten. Natürlich lassen sich sicherheitstechnische Lösungen finden, die solch einen Vorfall wie die Attacke von Frankfurt ausschließen. Aber jeder weiß, dass nicht alles überall machbar ist, vor allem kaum im ländlichen Raum“, sagte Kretschmer den Zeitungen des „RND“. Dort würde dies bedeuten, „dass kleinere Bahnhöfe nicht geschützt sind und nicht mehr bedient werden können“, so der CDU-Politiker weiter. +++

[dropshadowbox align=“none“ effect=“lifted-both“ width=“auto“ height=““ background_color=“#c4d6ee“ border_width=“1″ border_color=“#090000″ ]Was für eine sinnlose Tat. Unermesslich ist das Leid schon, wenn Eltern ihr Kind verlieren. Aber wenn dieses Kind auch noch mit seiner Mutter mutwillig vor einen Zug gestoßen wird und sich nur die Mutter retten kann: Wie kann – ja wie soll die Familie jemals über dieses furchtbare Grauen hinwegkommen? Eigentlich nie! Damit hat der Täter von Frankfurt mindestens zwei Menschenleben einfach ausgelöscht. In diesen Momenten kann sich niemand der Trauer, der stillen Anteilnahme oder auch der inneren Wut entziehen. Aber das Gegenteil von Anteilnahme ist der Hass! Und dieser macht sich in den Sozialen Medien breit. Auch die Instrumentalisierung, mit denen sich Rassisten sowie Rechtspopulisten dieses Schicksals bemächtigen wollen, ist kaum zu ertragen, ja gar eine Verhöhnung der Opfer. Wir können nicht völlig ausblenden, dass uns innerhalb von wenigen Tagen gleich zwei derartige Verbrechen erschüttern. Aber eine Schuldzuweisung an die Migranten, Flüchtlinge oder andere Gruppen rechtfertigt dies in keinem Fall! Die Ermittlungsbehörden müssen jetzt alles daransetzen, die abscheulichen Taten aufzuklären. Die Gerichte müssen Recht sprechen. Aber das entsetzliche Leid der Opfer lässt sich nicht teilen – schon gar nicht auf Twitter, Facebook und Co. +++ nh[/dropshadowbox]