Andre: Menschen mit finanziellen Problemen werden zusätzlich Kosten auferlegt

Fulda - eine Stadt für Alle

Stromzähler

Fulda. Die Stadtverordnetenfraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda hat zum Haushaltsplanentwurf 2017 der Stadt Fulda 21 Änderungsanträge vorgelegt. „Sehr wichtig für uns ist, unser Augenmerk insbesondere auf die Menschen zu legen, die oft nicht im Fokus städtischer Entscheidungen sind. Steigende Energierechnungen sprengen bei vielen Menschen den Rahmen des zur Verfügung stehenden Budgets. „Schlimm genug. Noch schlimmer ist, dass das oft zu Stromsperren führt. Das heißt: Kein warmes Essen, Speisen können nicht gekühlt werden, Arbeiten am PC ist auch nicht mehr möglich, je nach System funktioniert die Heizung auch bei bitterkalten Minusgraden nicht mehr – von Musik hören, Fernsehen gucken, Telefonieren oder Tee kochen mal ganz abgesehen“, erläutert Stadtverordnete Dajana Andre, Mitglied im Sozialausschuss.

Die Stadt Fulda ist Miteigentümerin des Versorgungsunternehmens RhönEnergie GmbH. „Statt die Möglichkeit, die Eintreibung der Rechnungen über Mahnung und anschließendem Inkassoverfahren zu nutzen – was oft in eine geordnete Privatinsolvenz mündet – stellt der kommunale Versorger den säumigen Kunden den Strom ab und unterbricht die Gasversorgung. Dafür werden gar noch Gebühren in Höhe von 130 Euro fällig. So werden Menschen mit finanziellen Problemen zusätzlich enorme Kosten auferlegt.“ Dieses Verhalten sei eines öffentlichen Unternehmens nicht würdig. „Ziel unseres Antrages ist, Abschaltungen und die dadurch auflaufenden hohen Gebühren für die säumigen Zahler zu vermeiden.“ Im Wortlaut heißt es darin: „Die zuständigen Ämter werden angewiesen Einfluss zu nehmen, dass Abschaltungen von Strom und Heizung durch die OsthessenNetz GmbH ganz unterbleiben oder vermieden werden, insbesondere wenn Kinder in den Haushalten leben.“ Zudem soll den von Energie-Sperren bedrohten Menschen über den städtischen ‚Hilfsfond für Familien in Not‘ geholfen werden.

Seit einiger Zeit werden die städtische Senioreneinrichtung Heilig Geist und das ehemals im Eigentum des Landkreis‘ befindliche Lioba-Heim durch die Klinikum gAG geführt. „Leider muss befürchtet werden, dass das Klinikum die beiden Einrichtungen verkauft. Wenn das tatsächlich beschlossen werden sollte, muss die Stadt Fulda diese Einrichtungen wieder als kommunalen Eigenbetrieb führen, damit die Versorgungsvielfalt in diesem Bereich gewahrt bleibt. Daher beantragen wir, erforderliche Mittel vorsorglich in den Haushalt einzustellen. Gesundheit und Pflege dürfen nicht vollständig Marktmechanismen unterworfen werden. Die Stadt muss sich zu diesem öffentlichen Besitz auch als Regulierungsfaktor auf dem ‚Pflegemarkt‘ bekennen. Ganz wichtig für uns ist: Menschen in unserer Stadt müssen auch in Zukunft wählen können zwischen öffentlich, kirchlich und privat geführten Seniorenwohn- und –pflegestätten.“

Auch auf den Wohnungsmarkt muss die Stadt mehr Einfluss nehmen. „Daher votieren wir dafür, dass die Stadt durch die Bildung kommunalen Wohneigentums aktiv eingreift. Das ist auch eine soziale Verpflichtung, sind durch steigende Mieten doch Menschen mit geringen Einkommen von Obdachlosigkeit bedroht.“ In dem Zusammenhang kritisiert die Fraktion, dass die Verwaltung ihren Antrag nicht wie vorgesehen in den Sozialausschuss überwiesen habe. „Wir möchten die Problematik hinsichtlich von Not bedrohter Menschen diskutieren und bitten daher um die Behandlung im Ausschuss für Soziales, Familie und Jugend“, betont Dajana Andre.

Im Rahmen der Haushaltsberatungen steht auch die Änderung der ‚Satzung zu den städtischen Kindertagesstätten und zur Kindertagespflege‘ auf der Tagesordnung. „Hier wird geregelt, dass die gestiegenen Kosten für die Mittagsverpflegung von den Eltern bezahlt werden muss. In Zahlen heißt das, dass ab Januar ein Mittagessen 30 bis 50 Cent mehr kostet: 2,80 € (für U3-Kinder), 3,40 € (Ü3), 4,00 € (Hortkinder) und 4,50 Euro für Kinder, die gesundheitlich auf eine spezielle Diät angewiesen sind. Das ist für Familien mit geringem Einkommen ein stattlicher Betrag. Die Vorstellung, dass das eine oder andere Kind in der KiTa das warme Mittagessen nicht mitessen darf, weil Eltern aus Kostengründen eigene Verpflegung mitgeben müssen, bricht mir das Herz. Echt wütend hingegen werde ich, wenn ich die geplante Ergänzung in § 8 Abs. 2 lese: Die Verpflichtung zur Zahlung des Betreuungsbetrags und des Getränkebetrags erstreckt sich auch auf Abwesenheitszeiten des Kindes und auf die Zeiten der Schließung während der Betriebsferien der Kindertagesstätte oder aus sonstigem Grund (wie beispielsweise Streik).“ Hintergrund sind die wochenlagen Tarifverhandlungen im vergangenen Jahr, die mit Arbeitsniederlegungen auch in Fuldaer Kindertagesstätten begleitet wurden. „Damit wird das Streikrecht hintertrieben, das im Übrigen durch die Hessische Verfassung geschützt ist – Das Streikrecht wird anerkannt, wenn die Gewerkschaften den Streik erklären. Artikel 29 Abs. 4. Zudem spart die Stadt bei Arbeitskämpfen die Personalkosten streikender Bediensteter. Diese erhalten ja während Arbeitskämpfen eine Lohnfortzahlung aus der Gewerkschaftskasse. Die Änderung der KiTa-Satzung geht mit uns gar nicht“, bekräftigt Dajana Andre. Die Streik-Ergänzung werde mit der Empfehlung des Städtetags begründet. „Diese Argumentation hinkt. Der Städtetag hat den Kommunen empfohlen, KiTa-Gebühren nicht zurückzuerstatten, wenn die Einrichtung aufgrund von Arbeitskämpfen schließen musste. Der Städtetag hat nicht empfohlen, das Verfahren bei solchen KiTa-Schließungen festzuschreiben. Wohlweislich! Wir halten die geplante Formulierung für nicht verfassungskonform“, bekräftigt Dajana Andre abschließend.

Haushaltsanträge für den Bereich Schule, Kultur, Sport

Derzeit wird der Haushaltsplan der Stadt Fulda für das Jahr 2017 beraten. Ein Schwerpunkt der 21 Änderungsanträge der Stadtverordnetenfraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda ist dem Bereich Schule, Kultur, Sport zugeordnet. „Die Kostenübernahme der Schülerbeförderung ist ziemlich ungerecht festgelegt. Das wollen wir ändern. Die Stadt sollte ihren Einfluss auf den RMV für Verbesserungen nutzen.“ Konkret schlägt die Linke Fraktion vor, den Schülerverkehr in der Stadtregion Fulda über die Preisstufe 1 abzuwickeln – eine Ersparnis von immerhin 160 € jährlich im Vergleich zur Preisstufe 2 (Stadtregion). „Zudem sollte die Stadt über den RMV und den Städtetag Einfluss auf das Land Hessen bezüglich einer familienfreundlichen Änderung des hessischen Schulgesetzes nehmen. Die Regeln der Erstattung der Fahrtkosten müssen dringend überarbeitet werden, um Familien zu entlasten. Bildungsland Hessen! – nicht nur für Kinder der Familien, die sich die bisher selbst zu tragenden Fahrtkosten für den Besuch der Oberstufe auch leisten können.“

„Die Förderung interkultureller Kommunikation ist auch eine Aufgabe der Stadt Fulda. Daher schlagen wir vor, das Projekt ‚Wohnzimmer‘ der Initiative ‚Welcome In‘ angemessen auch finanziell zu unterstützen“, erklärt Stadtverordneter Dr.-Ing. Naim Wardak, Mitglied im Ausschuss für Schule, Kultur und Sport. Kürzlich wurden die Räume im Erdgeschoss der Fuldaer Robert-Kircher-Straße 25 angemietet, in denen Anfang kommenden Jahres die Begegnungsstätte ‚Wohnzimmer‘ eröffnet wird. „Unser Antrag hat zum Ziel, dass die Stadt Fulda die Mietnebenkosten der Räume übernimmt.“ Getragen werde das Projekt durch die Arbeit von Ehrenamtlichen. Mit Hilfe der evangelischen Kirche wurde eine Stelle eingerichtet, um das Projekt hauptamtlich zu koordinieren. Auch der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt fördert die interkulturelle Begegnungsstätte, Oberbürgermeister Wingenfeld und Bürgermeister Wehner haben bereits Unterstützung zugesagt.

Auch das soziokulturelle Zentrum Café Panama in der Langebrückenstraße 14 kann auf städtischen Beistand hoffen. „Auch dieses Projekt liegt uns am Herzen. Das soziokulturelle Zentrum sollte am angestammten Ort bleiben. Allerdings müssen auch entsprechende Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, damit das Gelände bzw. ein Teil des Areals ggf. gekauft oder angemietet werden kann – abhängig vom Ergebnis der Verhandlungen mit den neuen Eigentümern“, betont die linke Fraktion und erläutert: „Dieser Ort ist ein lebendiger Freiraum vielfältiger sozialer und kultureller Entwicklungen. Ein solches Zentrum ist einmalig in Fulda. Vielfältiges gesellschaftliches Engagement über 20 Jahre hinweg ließ hier einen spannenden Ort wachsen, an dem Kreatives entsteht. Kulturelle Unterhaltung, soziales Engagement, ökologisch nachhaltige Projekte, freie Kunst und Kunsthandwerk – hier werden Integration, Inklusion und Teilhabe nicht propagiert, sondern praktiziert, hier wird ein weltoffenes Fulda nicht erstrebt, sondern gelebt.“ Ein solcher Ort sei ganz wichtig – nicht nur für die ca. 20 dort derzeit beheimateten Projekte und Initiativen mit deren ca. 250 ehrenamtlich Wirkenden, sondern für die ganze Stadt. Schon allein die vielen Besucherinnen und Besucher zeugten davon.

„Räume als Orte sozialer und kultureller Kommunikation sind wichtig für das Leben in unserer Stadt. Auch die Löherstraße 19 – ehemals Red Corridor Gallery – ist in dieser Hinsicht ein interessanter Ort. Wir regen daher an, auch diese Räume zu kaufen oder anzumieten. Das ist ein guter Standort, das große Engagement der IG Löherstraße zu ergänzen, unsere Innenstadt zu stärken“, informiert Dr.-Ing. Wardak. „Auch wenn die Witterung derzeit nicht an den Sommer denken lässt – er kommt bestimmt! Damit wir den auch alle möglichst lange genießen werden können, beantragen wir, unser schönes Rosenbad in der kommenden Saison durchgehend von 9 bis 20 Uhr zu öffnen. Manche mögen gern noch nach der Arbeit Schwimmen gehen, andere möchten in Ruhe ihre Bahnen ziehen, solange der eher trubelige Teil der Menschheit noch in den Schulen und Kindergärten schwitzt“, erläutert die Fraktion ihren sommerlichsten Antrag. „Klar, das kostet Geld, weil auch mehr Personal eingestellt werden muss. Doch diese Freizeit- und Sportstätte fördert das Wohl ganz vieler Menschen aller Altersklassen. Das muss es uns wert sein.“

„Das Freibad ist derzeit geschlossen, doch unser Schlosstheater und die Konzerträume sind für den Winter gerüstet und in wohlig warmer Atmosphäre können musikalische und schauspielerische Darbietungen genossen werden“, freut sich Naim Wardak. „Daher ist es immer sehr schade, wenn Plätze frei bleiben. Das lässt sich ändern. Wir möchten, dass unverkaufte Karten kurz vor Veranstaltungsbeginn sehr günstig abgegeben werden. Das hat den zusätzlichen Effekt, dass finanziell nicht so gut gestellte Menschen auch in den Genuss solcher Kulturveranstaltungen kommen können.“ +++ / pm