Algermissen: „Kirche muss sich für umfassendes Lebensrecht starkmachen“

Fulda.„Weil die Achtung der Menschenwürde gerade in den Grenzsituationen des menschlichen Lebens, an seinem Beginn bei der Zeugung und an seinem Ende im Sterben, infrage steht, hat die Kirche geradezu die weihnachtliche Verpflichtung, sich für das umfassende Recht eines jeden Menschen auf Leben starkzumachen.“ Dies stellte Bischof Heinz Josef Algermissen an Weihnachten in einem festlichen Gottesdienst im überfüllten Hohen Dom zu Fulda heraus. Wenn es gelinge, sich vom Schicksal der Menschen ─ weltweit und genauso vor den eigenen Haustüren ─, die ihre Heimat, ihr Zuhause und ihre Familie verloren hätten, „so anrühren zu lassen, wie es die Weihnachtsmaschinerie mit dem Ziel, den Erlös zu steigern und den Profit zu maximieren, in den letzten Wochen sehr erfolgreich unternommen hat, dann kommen wir dem, was Gott allen Menschen zu Weihnachten schenken will, ein gutes Stück näher“.

Die Botschaft der Weihnachtsnacht „Fürchtet euch nicht!“ könne man gerade in diesem schwierigen Jahr, das für viele eine Wende sei, als tröstliches und befreiendes Evangelium auf sich beziehen, so Bischof Algermissen. Diese Botschaft verändere den Menschen, der glaube, von Grund auf. „Derart erneuerte Menschen, von Gott gewollt und angenommen, mit einer unwiderruflichen Würde beschenkt, dürfen sich mit den Fakten, die diese Welt setzt, nicht einfachhin abfinden.“ So würden die Christen immer häufiger als Fremdkörper empfunden, als „Störenfriede in einer neuheidnischen Gesellschaft“, deren Konsense sie nicht mitzutragen bereit seien.

Die alles verändernde Botschaft, dass der unendliche Gott unser Fleisch und Blut angenommen, sich vom Schrei der Geburt bis zum letzten Atemzug eines Sterbenden in unser Leben begeben hat, bedeute nicht, dass Weihnachten einem in einem billigen Sinn die eigenen Ängste ausreden wolle. „Die Botschaft des Festes beschönigt und verharmlost keineswegs die Angst, verdrängt und verscheucht sie nicht.“ Bei einem Kind, das in seinem dunklen Kinderzimmer Angst habe, könne die Öffnung der Tür, durch die Licht hereinfalle, bewirken, dass es merkt, dass es mit seiner Angst nicht allein sein muss. „Dieser Lichtstrahl kann tatsächlich als fundamentales Zeichen begründeter Hoffnung verstanden werden.“ Es komme im menschlichen Leben darauf an, „dass wir unsere Ängste nicht, mit welchen Mitteln auch immer, verscheuchen müssen, sondern uns vielmehr in all den Formen der Angst in der Dunkelkammer unseres Lebens dem Licht öffnen, von dem Johannes in seinem Evangelium sagt, es würde in der Finsternis leuchten“.

Eingangs hatte der Bischof betont, dass Weihnachten den Weg zum Himmel auch in einer Welt weise, „die aus den Fugen zu geraten scheint“. Im ersten Kapitel des Johannes-Evangeliums, dem sogenannten Prolog, steht das eigentliche Weihnachtsevangelium der Kirche, so Algermissen zu Beginn seiner Predigt. „Da wird die Geburt Jesu in das kosmische Geschehen eingebettet. Der ewige Logos, der schon beim Ursprung der Schöpfung zugegen war, kommt in unsere irdischen Bedingungen.“ Wenn im Credo der weihnachtlichen Gottesdienste die Menschwerdung Gottes bekannt werde, seien die Gläubigen eingeladen niederzuknien. „Es ist unbegreiflich, faszinierend und erschreckend zugleich, was Gott uns da zu glauben zumutet.“ Ohne dieses Gottesgeschenk der Menschwerdung Jesu Christi hätten alle Geschenke, die man einander zum Fest gebe, überhaupt keinen Sinn. Das bestätige auch der große Theologe Karl Rahner: „Alles an diesem Fest lebt vom Glauben an die Menschwerdung Gottes, oder es stirbt und wird zur Illusion. Weihnachten heißt: er ist gekommen. Er hat die Nacht hell gemacht. Er hat die Nacht unserer Finsternisse, die Nacht unserer Unbegreiflichkeiten, die grausame Nacht unserer Ängste und Hoffnungslosigkeiten zur Weihnacht, zur Heiligen Nacht gemacht.“ +++ fuldainfo

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