Abseilaktion von Künzeller Brücke

Leer geräumte A7

Protestaktion an der Brücke über der A7 bei Künzell am Sonntagvormittag: Etwa 40 Aktivisten demonstrierten für eine Verkehrswende und gegen die aktuelle Verkehrspolitik. Mehrere der Aktivisten seilten sich dazu an der Künzeller Brücke über der A7 ab. Im Vorfeld waren die Teilnehmer in einer Fahrraddemo vom Fuldaer Bahnhof aus in Richtung Künzell gefahren. Die Autobahn war mehrere Stunden lang gesperrt, während die sieben Protestler an der Brücke festhingen.

Unterdessen nutzten einige der Demonstranten die Gelegenheit, ihre Banner auf der autofreien Autobahn aufzustellen. Nicht bei allen stieß die Aktion auf Zustimmung. Bürgermeister Timo Zentgraf äußerte sein Unverständnis und bedauerte, dass solche Protestaktionen in Deutschland von der Versammlungsfreiheit geschützt würden. Organisiert werden die beiden Aktionen von der Verkehrswende Fulda (VCD), dem ADFC Fulda und Fridays for Future Fulda. Die Polizei hatte im Vorfeld vorsichtshalber die Autobahn zwischen den Ausfahrten Dreieck Fulda und Fulda-Mitte in beide Richtungen voll gesperrt. Der Verkehr wurde in der Zeit von 10:30 Uhr bis ca. 12:15 Uhr über die B27 umgeleitet.

Bei der Fahrraddemo sowie der Abseilaktion handelt es sich um zwei unterschiedliche Demonstrationsveranstaltungen, welche beide im Vorfeld bei den Behörden und der Polizei angemeldet wurden. Unter dem Motto „Solidarität mit kriminalisierten Klima- und Verkehrswende-Aktivist:innen“ wollen die Verantwortlichen auf das Thema aufmerksam machen. Hintergrund der Aktion sind mehrere Strafprozesse gegen Personen, die sich im vergangenen Jahr gegen die Rodung des Danneröder Wald positioniert hatten. Dazu hatten sie sich als Protest über Autobahnen abgeseilt. Eine ähnliche Abseilaktion war am Freitag von der A468-Brücke in Frankfurt von Demonstranten durchgeführt worden.

„Jeder hat das Recht, friedlich zu demonstrieren und seine Meinung kundzutun. Wenn allerdings das Demonstrationsrecht bewusst missbraucht wird und trotz Verboten durch die Behörden mit Abseilaktionen von Brücken Autobahnen über Stunden gesperrt werden müssen, ist dies blanker Populismus und hat mit Klimaschutz nichts zu tun. Wegen solcher Aktionen, die alleine der Eigenwerbung dienen, sind ganze Landstriche und deren Personen- und Warenverkehr durch die Blockade betroffen. Spätestens seit dem schweren Unfall im Herbst 2020 bei einer ähnlichen Aktion ist anschaulich geworden, dass diese Aktivisten auch unschuldige Opfer in Kauf nehmen. Dafür gibt es kein Verständnis“, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, Holger Bellino.

„Keinem wird das Recht abgesprochen, friedlich zu demonstrieren und die eigene Meinung kundzutun, dafür tritt unser freiheitlich demokratischer Rechtsstaat, dafür tritt unsere Polizei ein“, so Thomas Hering, selbst 25 Jahre im Dienst der Hessischen Polizei. Mit den heutigen landesweiten Aktionen sieht er aber eine weitere Belastungsprobe seiner Kolleginnen und Kollegen, welche durch Pandemie, sogenannte Spaziergänge, Gewalttätigkeiten und Respektlosigkeit gefordert sind. „Aber auch Geduld und Toleranz der Bevölkerung werden über Gebühr strapaziert, wenn ganze Autobahnabschnitte über Stunden lahmgelegt werden und das nicht zum ersten Mal“, womit Hering auf die illegalen Abseilaktionen im vergangenen Jahr anspielt – mit erheblichen Folgen für Unbeteiligte am Beispiel eines dadurch verursachten Verkehrsunfalls. „Dass jetzt neben Klimaschutz und Verkehrswende auch noch für die fünf Angeklagten demonstriert wird, welche durch ihre verantwortungslosen Abseilaktionen hohe Risiken und Gefahren für andere in Kauf nahmen, setzt dem ganzen noch die Krone auf!“, äußert Hering sein Unverständnis. Zudem habe die Einsatzlage rund um Dannenrod samt den tangierenden Aktionen gewiss genug Eigenwerbung der sogenannten Aktivisten gebracht, leider aber mit Belastung so vieler Unbeteiligter und der Polizistinnen und Polizisten samt deren Familien. So schließt Hering mit dem Appell: „Auch ich teile die Sorge um unser Klima. Bei allen Aktionen habt aber bitte auch die unbeteiligten Mitmenschen im Auge. Denn wenn jeder meint, sein Interesse und Aktionsziel über andere und geltendes Recht stellen zu dürfen, sind weiteren Eskalationen Tür und Tor geöffnet. Da schließe ich übrigens die irreführend titulierten Spaziergänge und damit verbundene Auswüchse ausdrücklich ein“, so der CDU Landtagsabgeordnete Thomas Hering. +++


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3 Kommentare

  1. Aha,
    wenn es also wegen einem Stau ein Auffahrunfall gibt, dann ist ggf die Baustelle dafür verantwortlich?
    oder ist der Unfall ein paar Kilometer weiter vorne dafür verantwortlich was im Stau passiert?
    Muss ich dann keine Strafe zahlen, wenn ich einen Auffahrunfall in einem Stau verursache weil ich gar nicht für den Stau verantwortlich bin?!

    Oder ist es bloß eine bestimmte CDU-Logik die schamlos Verkehrsopfer benutzt um legitimen Protest gegen diese Auto-Republik zu kriminalisieren und delegitimieren?

  2. Die Aktivisten haben erreicht, was sie wollten: Aufmerksamkeit! Damit ist es nun gut. Völlig blödsinnig finde ich die Forderung: „Autobahnen abreißen“. So etwas können nur (junge) Leute äußern, die völlig ahnungslos sind. Ältere Fuldaer Bürger wissen noch, wie sich seinerzeit ohne Autobahn und Umgehungsstraße B27 der gesamte Schwerlastverkehr mitten durch die Fuldaer Innenstadt quälte. Wegen des enorm gestiegenen Verkehrsaufwandes ginge das heute nicht mehr. Alles würde stehen!

    Die Gesellschaft braucht nun mal gute Verkehrswege, um zu funktionieren. Waren müssen von A nach B transportiert werden und dies international. Menschen begeben sich heute viel mobiler auf den Weg als früher. Sollte man das jetzt alles zurückdrehen wollen, wäre das der Anfang vom Ende. Die (jungen) Leute stünden in den Geschäften vor leeren Regalen, selbst ihr heiß geliebter Kaffee wäre nicht mehr zu bekommen und viele Selbstverständlichkeiten ebenso nicht mehr. Ohne gute Verkehrswege / Autobahnen käme das Land zum Stillstand. Dass sich die Demonstranten dies wohl nicht vorstellen können, zeigt, welch Geistes Kinder sie sind.

    Ach, und Herr Hering hält es hier für notwendig, die „Spaziergänger“ ohne Skrupel in einem Satz mit Gewalttätigkeiten und Respektlosigkeiten zu nennen. Dass wegen der gleichen Anliegen inzwischen in ganz Europa Leute auf die Straße gehen, scheint ihn nicht weiter zu kümmern. Wenn so jemand das grundgesetzlich geschützte Demonstrationsrecht hoch hält und gleichzeitig solchen Unsinn äußert, kann man nur mit dem Kopf schütteln, welche Politiker für uns in den Parlamenten sitzen.

  3. Dieser Feststellung von Künzell‘s Bürgermeister Timo Zentgraf kann ich mir ohne WENN und ABER anschließen:
    Timo Zentraf, Bürgermeister von Künzell, sieht das anders: „Wer in der Volkswirtschaft ein bisschen aufgepasst hat und die Grundlagen kennt, weiß, dass das so nicht funktionieren kann. Diese Forderungen – Abschaffung der Autos – ist in der Praxis nicht umsetzbar.“ Für ihn sei es erschreckend, dass eine solche Art von Demonstration überhaupt genehmigt werden kann – denn die Gemeinde Künzell hätte die Protestaktion gerne auf eine „normale“ Versammlungsstätte leiten wollen – und nicht auf die Autobahn. „Als normal bürgerlich denkender Mensch hat man Probleme mit solchen Aktionen. Es ist ein sehr starker Einschnitt in den Straßenverkehr, ohne dass es letztlich verhindert werden kann.“ Die Abseilaktion wollte die Gemeinde nicht unterstützen. „Aber es gibt gesetzliche Grundlagen, die das rechtfertigen. Es ist ein Stück weit erschreckend, was alles so möglich ist.“

    Denn Autobahnen sperren heiße gleichzeitig auch, dass gewisse Gefahrensituationen durch Staus auftreten können. „Es besteht so beispielsweise die Gefahr von Auffahrunfällen.“ Deshalb sei für den Bürgermeister die Aktion auch nicht notwendig gewesen, auch wenn er das Thema Klimaschutz und den Ausbau von Radwegen sinnvoll findet, um die Innenstädte vom Autoverkehr zu entlasten.

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