Zypries warnt vor „digitalen Rissen“ in der Gesellschaft

Kommunen fordern klares Bekenntnis für digitales Deutschland

Brigitte Zypries (SPD)

Berlin. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hat stärkere Anstrengungen gefordert, um die Menschen bei der Digitalisierung mitzunehmen. „Angesichts der Bedeutung, die digitale Anwendungen schon heute und erst recht zukünftig haben werden, müssen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam dafür sorgen, dass keine digitalen Risse in der Gesellschaft entstehen und niemand abgehängt wird“, sagte Zypries dem „Handelsblatt“.

Gerade auch bei der Vermittlung von Digitalkompetenzen müsse in Schulen und Betrieben systematischer und besser qualifiziert werden. „Dafür müssen wir zum Beispiel die Ausstattung der Bildungseinrichtungen auf den neuesten Stand bringen – und zwar zügig.“ Eine Studie der Initiative D21, die vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wurde, hatte ergeben, dass ein großer Teil der Deutschen von der Digitalisierung abgehängt ist. 32 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Dynamik und Komplexität der Digitalisierung überfordere. 25 Prozent der Deutschen ordnen die Experten in die Kategorie „Digital Abseitsstehende“ ein. Vor allem Ältere und weniger gebildete sind von den Entwicklungen der Digitalisierung abgeschnitten. Aufholbedarf ergab die Studie auch bei der Weiterbildung der Mitarbeiter in den Betrieben. Zypries rief Unternehmen und Gewerkschaften zu mehr Engagement bei der Weiterbildung auf, sieht aber auch die Politik in der Pflicht. „Wir haben es in der Hand, die Digitalisierung so zu gestalten, dass sie unser Leben und unsere Arbeitswelt verbessern wird“, sagte die Wirtschaftsministerin. Ohne die Bereitschaft aller zu lebenslangem Lernen sowie das Engagement der Unternehmen, ihre Beschäftigten bei der digitalen Transformation mitzunehmen, werde das nicht gehen. „Für mehr digitale Kompetenz müssen wir gemeinsam mit Unternehmen und Gewerkschaften koordinierte Ansätze für die Qualifikation der Chefetagen, wie auch der Fachkräfte, entwickeln“, forderte die SPD-Politikerin.

Kommunen fordern klares Bekenntnis für digitales Deutschland

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat die Koalitionsunterhändler von Union und SPD zu einem klaren Bekenntnis für ein digitales Deutschland aufgefordert. „Im Sondierungspapier fehlt eine ernsthafte Strategie und die konkrete Zusage, die notwendigen Finanzmittel bereitzustellen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Mit „halbherzigem Engagement“ lasse sich die Digitalisierung als entscheidende Zukunftsfrage nicht meistern. Wer nur über Geld streite, habe die Dimension des Themas nicht erkannt. Für Landsberg ist klar, dass in wenigen Jahren die Kommunalverwaltungen auf künstliche Intelligenz und weitgehend automatisierte Verfahren setzen. Nur so lasse sich Geld sparen und im Sinne aller Bürger das immer knapper werdende Personal sinnvoll einsetzen. Den Zugang zu den Verwaltungsleistungen über ein Bürgerportal nannte Landsberg einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Künftig würden einige Dienstleistungen nur noch digital und nicht auch noch analog angeboten werden. „Ein Beispiel könnten die Amtsblätter und Bekanntmachungen der Kommunen sein. Hier muss es den Kommunen möglich sein, diese Informationen zukünftig ausschließlich im Netz anzubieten“, forderte Landsberg. Deutschland geht nach seinen Worten das Thema Digitalisierung „zu statisch an, agiert zu bürokratisch und ist zu sehr in alten Politikmustern verhaftet“. Deshalb seien viele Länder vorbeigezogen. +++