Wanderbühne machte in Rasdorf Station

Ein ungewohntes, doch vielen Älteren noch vertrautes Bild, gewahrte man dieser Tage auf Hünfelds Wegen und Straßen. Tuckerte doch ein Traktor mit seinen zweiundzwanzig Pferdestärken und zwei angehängten Leiterwagen durch die Landschaft. Unterwegs ist die mobile Wandertheatertruppe „buehnendautenheims“. Jetzt machte sie in der Point-Alpha-Gemeinde Rasdorf Station.
Seit 10 Jahren trifft sich die Theatertruppe in dem rheinhessischen Ort Dautenheim bei Alzey, um die Menschen mit ihrem schauspielerischen Können zu beglücken.

In diesem Jahr ist das mit internationalen Schauspielern und Musikern besetzte Wandertheater in der Zeit vom 18. Juli bis 03. August von Dautenheim nach Berlin-Tiergarten mit dem Stück „Das große Welttheater“ des Spaniers Pedro Calderón de la Barca (1600-1681) in einer Übersetzung von Joseph von Eichendorff und eigener Interpretation unterwegs. Die Musik dazu hat die Französin Clara Gervais komponiert, die mit ihrem Streichtrio, Violine und Viola, den Kontrabass spielt. Eigentlich würde die Schauspieltruppe eher in das 17. Jahrhundert passen, denn täglich legen sie vierzig Kilometer zu Fuß, teilweise auf der fahrbaren Bühne sitzend, von Spielort zu Spielort zurück. Sie durchquert auf ihrer Tour sechs Bundesländer. Durch die Langsamkeit des Gefährts werden Feldwege und Seitenstraßen genutzt. Eigentlich hätten sie ja von Blankenau im Vogelsberg kommend spätestens ab Hünfeld die historische Handelsstraße von Frankfurt nach Leipzig, auch als Via Regia und heutige B84 bekannt, nutzend müssen. Denn auf ihr fuhren zu Calderóns Zeiten nicht nur Wagen mit Gütern, sondern tummelten sich auch Gaukler und allerhand wanderndes Volk. Doch ein Gefährt mit einem Traktor aus dem Jahre 1958 und mit Requisiten bestückten rumpelnden Leiterwagen ist halt ein erhebliches Verkehrshindernis auf der stark frequentierten Bundesstraße. Auf den Rat eines Polizisten hörend ging der Weg von Hünfeld über Großenbach nach Haselstein. Mit knapp fünf Stundenkilometer nahm das Gespann die 18 prozentige Steigung Richtung Setzelbach. Oben angekommen hatte der eigens mitfahrende Bremser und Schauspieler Jan Walter (34), Trier/ Wien den letzten Wagen verlassen, um schnell kurbelnd die „Hemmen“ auf die eisenbereiften Räder zu bringen und so den Druck auf den kleinen Traktor zu nehmen. Das wird er auf dem weiteren Weg, wie auch schon vorher, wohl noch öfter tun müssen.

Nach mehr als zehn Stunden Fahrzeit mit einer Höchstgeschwindigkeit von etwas mehr als 10 Stundenkilometer erreichten die Theaterleute gegen 20 Uhr die Rasdorfer Schulwiese. Die Erleichterung war Regisseurin Annette Storr (52), Dautenheim, Universität der Künste Berlin, Salzburg New York und Rom, gleichzeitig auch Traktorfahrerin, mit ihrer Begleiterin Ursula Hobmair (32) , Staatsschauspiel Dresden, anzusehen. Erst recht als sich dann die Schulwiese noch mit ca. 350 Zuschauerinnen und Zuschauern aus der ganzen Region füllte. Prächtig war die Leiterwagenbühne, die die Schauspieler selbst noch entsprechend mit allerlei Aufbauten bestückten, vor der Kulisse Stiftskirche anzusehen. Und so kam Calderóns „Das große Welttheater“ auch besonders gut an. Das Stück aus der Barockzeit zeigt die Welt als Bühne. Der Schöpfer (Sebastian Thiers), bei Eichendorff „der Meister“ genannt, ist Autor und verteilt die Rollen. Er beauftragt die Welt (Cathrin Romeis/ Janna Horstmann) das Stück in Szene zu setzen. Und so kommen „der König, die Weisheit, die Schönheit, der Reiche, der Landmann, das Elend, ein ungetauftes Kind (Erbsünde), die Gnade, eine Stimme und Akzente“ darin vor und verkörpern bestimmte Aspekt des Lebens. Durch das schauspielerische Können der Akteure wurde der Inhalt eingängig vermittelt und die einbrechende Dunkelheit trug zudem noch zu einer gelungenen Atmosphäre bei. Das Publikum belohnte die Darstellenden mit lange anhaltendem stehenden Applaus und hoffentlich auch einer guten Spende, denn der Eintritt war frei. Die Freiwillige Feuerwehr Rasdorf hatte für das leibliche Wohl gesorgt. +++ wim

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