Unwetterfront zog über Hessen – Volle Keller, Überflutungen und Erdrutsche

Fulda. Am Donnerstagabend ist über Hessen eine heftige Gewitterfront gezogen. Gegen 17.00 Uhr erreichte die von Osten heranziehende Unwetterfront auch Osthessen und überzog bis 21.00 Uhr den Landkreis Hersfeld- Rotenburg sowie den Vogelsbergkreis mit Starkregen. In den beiden Kreisgebieten kam es zu Überflutungen in verschiedenen Ortslagen. Nach ersten Meldungen sind mindestens 300 Keller vollgelaufen. Einige Haushalte mussten durch die Versorgungsbetriebe vom Stromnetz getrennt werden. In Sorga stand eine Autowerkstatt samt ihrem Fahrzeugabstellplatz unter Wasser. Zahlreiche Straßen waren aufgrund Überflutungen und Erdrutsche gesperrt. Betroffen war auch die Autobahn A4 in Höhe Friedewald in Fahrtrichtung Osten, die mehrfach wegen Überflutung gesperrt und gesäubert werden musste.

Zwischen 18 und 22 Uhr mussten die Feuerwehren in Alsfeld, Antrifttal, Romrod, Kirtorf, Schotten, Grebenau, Schwalmtal, Homberg/Ohm, Lautertal, Lauterbach, Feldatal, Grebenhain, Mücke und Ulrichstein ausrücken, in Alsfeld unterstützte das THW die Freiwillige Feuerwehr. Insgesamt hatten knapp 450 Einsatzkräfte bei insgesamt 80 Einsätzen alle Hände voll zu tun – besonders bei einem Blitzschlag in Schotten-Einartshausen, bei einem Erdrutsch in Antrifttal-Bernsburg sowie großflächigen Überschwemmungen in Alsfeld und Schwalmtal. In Romrod musste zeitweise die Bundesstraße 49 gesperrt werden. In der Leitstelle sorgten Kreisbrandinspektor Dr. Sven Holland, der Leitstellenleiter Jürgen Schad und fünf weitere Einsatzbearbeiter für die Koordinierung der Einsätze.

Auch den Rettungskräften im Landkreis Hersfeld-Rotenburg hat das Unwetter Höchstleistungen abgefordert: Vom Nachmittag bis in den späten Abend gab es insgesamt 225 Einsätze, die aufgrund der Unwetterlage von den Feuerwehren sowie THW, DLRG und dem DRK abgearbeitet werden mussten. „So etwas habe ich in meinen 59 Lebensjahren noch nicht erlebt“, sagte der Leiter des Fachdienstes Brandschutz, Rettungsdienst und Kathastropehschutz mit Zentraler Leitstelle, Dieter Pfaff. Landrat Dr. Karl-Ernst Schmidt dankte allen Rettern, die im Unwetter unterwegs waren, um zu helfen, zu bergen und zu schützen. Und um zahlreiche vollgelaufene Keller, Garagen und Räume leerzupumpen. Der Schwerpunkt der „sintflutartigen Regenfälle“ lag in den Bereichen Sorga, Kathus, Bad Hersfeld und Hauneck. Vollgelaufene Keller und Gebäude waren am häufigsten zu verzeichnen. Auch umgestürzte Bäume mussten zersägt und beseitigt werden, teilte das Landratsamt in einer „Unwetter-Bilanz“ mit.

Aufgrund des enormen Niederschlags war der Bad Hersfelder Stadtteil Kathus zeitweise nicht mehr erreichbar. Die B 62 in Sorga war überflutet, was zeitweise zu massiven Behinderungen und längeren Standzeiten für die Pkw-Fahrer führte. Der Dank von Landrat Dr. Schmidt und Fachdienstleiter Pfaff gilt allen Einsatzkräften, die teilweise bis tief in die Nacht unterwegs waren. Was als sehr positiv zu bezeichnen ist, dass sich der Zentralen Leitstelle Feuerwehren aller Kommunen zur Hilfe anboten. So waren beispielsweise in Bad Hersfeld auch die Feuerwehren aus Rotenburg a.d. Fulda, Wildeck, Bebra und Schenklengsfeld im Einsatz. Neben den Unwettereinsätzen kamen noch Unfälle wie beispielsweise auf der A 5 und medizinische Notfälle dazu. Alle diese Einsatzorte und Aktivitäten wurden durch die Zentrale Leitstelle im Landratsamt koordiniert, die zeitweise mit insgesamt sieben Personen besetzt war.

In ein Mehrfamilienwohnhauses im Lauterweg in Breuberg-Sandbach im Odenwald wurde nach einem Blitzeinschlag ein Brand gemeldet. Aufgrund des Brandes kam es zu einer starken Rauchentwicklung und starken Schäden an der Hauselektrik, einige Wohnungen sind derzeit nicht mehr bewohnbar. Der entstandene Sachschaden beläuft sich auf 50.000 Euro. In Klein-Zimmern schlug gegen 20.03 Uhr der Blitz gleich in zwei benachbarte Einfamilienhäuser ein. In einem Fall entzündete sich die Dachdämmung durch den Blitzeinschlag, der Sachschaden beläuft sich auf ca. 40.000 Euro, im zweiten Fall wurde eine Satellitenanlage getroffen und beschädigt, der Schaden hier beträgt 1000 Euro.

Im Landkreis Groß-Gerau wurde in Kelsterbach die Bahnunterführung im Bereich des Bahnhofes überschwemmt. Weiterhin meldete die Feuerwehrleitstelle ca. 50 vollgelaufene Keller. In Rüsselsheim war die Unterführung im Bereich Rugbyring/Friedensstraße überschwemmt. In beiden Fällen wurden die Straßen für die Dauer der Überschwemmungen durch Polizei-und Feuerwehrkräfte abgesperrt.

Auch in Mittelhessen wurden der Polizei umgestürzte Bäume und Äste auf der Fahrbahn, überschwemmte Fahrbahnen, offene Gullideckel, Blitzeinschläge, unterspülte Fahrbahnen, überflutete Keller, auch ein umgestürztes Gerüst und eine abgebrochene Balkonbrüstung die auf ein Fahrzeug gestürzt war, gemeldet. Bei einer Bankfiliale kam es zu einer Alarmauslösung auf Grund eingedrungenen Wassers. Nur ein Bruchteil der Meldungen ging bei der Polizei ein. Die Feuerwehren und Rettungskräfte waren ausgelastet und im Dauereinsatz. Personenschäden oder außergewöhnliche hohe Sachschäden konnten hier nicht registriert werden. In Homberg/Efze war ein Auto in einer überfluteten Unterführung stecken geblieben, die fünf Insassen mussten von der Feuerwehr befreit werden. Rund 200 mal rückte in Frankfurt die Feuerwehr zu Einsätzen aus, meist waren es hier überflutete Keller und Wohnungen. Am Frankfurter Flughafen wurden die Landebahnen geschlossen.

Personen kamen bei den genannten Fällen nach jetzigem Kenntnisstand glücklicher Weise nicht zu Schaden. Bei einem Unfall auf der A4 wurde ein Porschefahrer leicht verletzt. Der 51-jährige aus Bad Nauheim fuhr gegen 20:00 Uhr mit seinem Pkw Porsche 911 GT3 bei starkem Regen die zweistreifige A4 in Fahrtrichtung Dresden. Vermutlich aufgrund nicht angepasster Geschwindigkeit auf regennasser Fahrbahn (Aquaplaning) kam das Fahrzeug kurz nach der Anschlussstelle Wildeck-Hönebach ins Schleudern. Der Fahrer konnte das Fahrzeug nicht mehr unter Kontrolle bringen, kam nach rechts von der Fahrbahn ab und durchfuhr den angrenzenden Flutgaben. Im weiteren Verlauf überschlug sich das Fahrzeug über die Längsachse und kam ca. 15 Meter weiter auf einer Grünfläche, wieder auf den Rädern stehend, zum Stillstand. Der Fahrer hatte hierbei Glück im Unglück. Da das sportliche Fahrzeug mit einer Überrollverstärkung ausgestattet war, wurde der Fahrer durch das Unfallgeschehen leicht verletzt (Schürfwunden, Prellungen, HWS). Nachdem der Fahrzeugführer durch die Feuerwehr Wildeck-Obersuhl aus dem Fahrzeugwrack befreit werden konnte, wurde die Person zur weiteren Behandlung ins Klinikum Bad Hersfeld verbracht. Aufgrund Schaulustiger staute sich der nachfolgende Verkehr auf. Nachdem das Fahrzeug abgeschleppt wurde, löste sich der ca. 3 km lange Stau zeitnah wieder auf. Der entstandene Sachschaden wird auf ca. 45.000 Euro geschätzt. +++ fuldainfo | bild:spangenberg