Berlin. Führende Unionspolitiker aus Bund und Ländern fürchten, dass im kommenden Jahr deutlich mehr deutsche Kämpfer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) nach Deutschland zurückkehren. „Ja, wir müssen mit rückkehrenden Dschihadisten rechnen und uns wappnen“, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der „Welt am Sonntag“. Mordanschläge wie kürzlich vor dem kanadischen Parlament könnten jederzeit auch für Deutschland geplant werden, warnte der Minister.
Die Rückkehrer seien „oftmals traumatisiert, fanatisiert und infolge der persönlichen Erfahrungen in den Kriegsgebieten radikalisiert“. Ihre Hemmschwelle sei dadurch erheblich reduziert, so der CSU-Politiker weiter. Er sagte auch: „Sie sind gewaltbereit bis hin zur bestialischen Tötung von Menschen.“ Man dürfe dieses Gefahrenpotenzial auf keinen Fall unterschätzen. Der Dschihad dürfe nicht „auf deutschem Boden“ fortgeführt werden. Nach derzeitigen Erkenntnissen kämpfen mehr als 550 Personen aus Deutschland in den IS-Truppen in Syrien. Laut Verfassungsschutz sind die Rückkehrerzahlen bereits erkennbar gestiegen. Kämpfer mit ausländischer Staatsangehörigkeit können zwar an der Wiedereinreise gehindert werden, nicht jedoch Deutsche oder Doppelstaatler.
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses Wolfgang Bosbach (CDU) sieht die größte Gefahr für die Sicherheit Deutschlands in jenen Kämpfern, „die radikalisiert und durch Erfahrung im Kampfgeschehen brutalisiert zurückkehren“, wie er der Zeitung sagte. Einige von ihnen seien zwar auch desillusioniert und traumatisiert, „aber wir können auch nicht ausschließen, dass Rückkehrer versuchen, hier neue Kämpfer zu rekrutieren“. Derartige Rekrutierungen werden insbesondere in deutschen Haftanstalten befürchtet. Laut Bosbach sind vor diesem Hintergrund auch Aussteiger- und Deradikalisierungsprogramme in Haftanstalten wichtig, „zumal wir wissen, dass oft auch in Haftanstalten Kontakte zu radikalen Gruppen bestehen“.
Auch der bayerische Innenminister will präventiv vorgehen. Man werde sehr viel Engagement aufbringen müssen, um Rückkehrer aus dem syrischen Bürgerkrieg mit deutscher Staatsangehörigkeit in unsere Gesellschaft wieder einzugliedern, sagte Herrmann. „Das beginnt schon mit der Resozialisierung in unseren Gefängnissen.“ Die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) rechnet mit „Hunderten verurteilten Islamisten in unseren Justizvollzugsanstalten“ in den kommenden Jahren. Sie sieht die Gefahr, dass „die Gefängnisse zu Rekrutierungsorte für radikale Islamisten werden“ und verlangt deshalb Geld vom Bund für Präventionsmaßnahmen: „Wir müssen bundesweite Strukturen aufbauen, um die Ansteckungsgefahr dieses radikalen Gedankengutes in den Vollzugsanstalten von vornherein einzudämmen.“ Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) dürfe es nicht dabei belassen, neue Straftatbestände zu schaffen, sondern müsse sich finanziell „an Deradikalisierungsmaßnahmen in den Haftanstalten beteiligen, die künftige Straftaten verhindern sollen“. Hessen selbst stellt im kommenden Jahr 400.000 Euro für ein Präventionsnetzwerk gegen Salafismus bereit. +++ fuldainfo