Union lehnt komplette Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen ab

Kühnert: SPD-Parteitag soll über Hartz-IV-Sanktionen abstimmen

Sozialleistung, Hartz

Die Union lehnt die komplette Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen ab und dringt nach dem Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme für Langzeitarbeitslose. „Es ist gut, dass das Bundesverfassungsgericht die Sanktionen im Bereich des Arbeitslosengelds II insgesamt nicht infrage stellt. Denn zu einem System der staatlichen solidarischen Unterstützung gehören auch Mitwirkungspflichtgen der Unterstützungsempfänger“, sagte Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe der „Rheinischen Post“. Die Koalition werde genau prüfen müssen, welcher gesetzgeberische Handlungsbedarf durch das Urteil ausgelöst werde. „Eine völlige Abschaffung der Sanktionen ist mit uns dabei nicht zu machen. Im Vordergrund müssen vielmehr weitere Anreize zur Arbeitsaufnahme stehen“, sagte Gröhe. Mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme könnten etwa durch bessere Hinzuverdienstregeln gesetzt werden.

Kühnert: SPD-Parteitag soll über Hartz-IV-Sanktionen abstimmen

Juso-Chef Kevin Kühnert will den SPD-Parteitag Anfang Dezember über eine Abschaffung aller Hartz-IV-Sanktionen abstimmen lassen: Damit reagierte er auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches scharfe Sanktionen für verfassungswidrig erklärt hatte. „Wie wir mit den verbleibenden Sanktionen umgehen, das entscheidet der SPD-Bundesparteitag im Dezember“, sagte Kühnert der „Rheinischen Post“. „Wir Jusos werden dann beantragen, dass die SPD künftig komplett auf Sanktionen verzichtet und stattdessen Förderung, Ermutigung und den Rechtsanspruch auf Qualifizierung und Weiterbildung in den Mittelpunkt stellt.“ Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem Urteil einen wichtigen Beitrag geleistet, um die allgegenwärtige Angst aus den Fluren der Jobcenter zu vertreiben, sagte Kühnert. Die SPD habe sich bereits mit ihrem neuen Sozialstaatskonzept deutlich vom bisherigen Sanktionsregime verabschiedet und sei nun in ihrem Weg bestätigt worden. „Ich freue mich über die prompte Ankündigung von Hubertus Heil, die Vorgaben zügig umsetzen zu wollen.“ Kühnert warnte jedoch davor, es dabei zu belassen. Das Hartz-IV-System atme „den ideologischen Geist einer längst vergangenen Zeit“. Auch wenn seine grundlegende Überwindung mit der Union nicht möglich sein werde, so gehörten offensichtliche Ungerechtigkeiten auf den Tisch, so der Juso-Chef. „Reparaturen von Haushaltsgeräten, Rückforderungen von Kleinstbeträgen, aberwitzige Abzüge bei Zuverdiensten – insbesondere die kleinen Ungerechtigkeiten des Hartz-IV-Alltags drangsalieren die Leistungsempfänger und untergraben das Vertrauen in einen gerechten Sozialstaat“, sagte Kühnert. „Hier sind Änderungen unmittelbar geboten, bevor wieder Gerichte tätig werden müssen.“

Habeck pocht auf grundlegende Hartz-IV-Reform

Grünen-Chef Robert Habeck hat eine grundlegende Reform des Hartz-IV-Systems gefordert. „Ich halte es für richtig, jetzt das System vom Kopf auf die Füße zu stellen“, sagte Habeck den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Man sollte „eine Garantiesicherung einführen, die auf Anreiz, Ermutigung und individuelle Unterstützung“ setze. „Menschen, die sich weiterbilden oder qualifizieren, sollten Leistungsprämien bekommen“, so der Grünen-Chef weiter. Zudem verlangte er, die Zuverdienstgrenzen auf mindestens 30 Prozent zu erhöhen. „Während Spitzenverdiener in Deutschland höchstens 45 Prozent ihres Einkommens versteuern müssen, müssen die Menschen, die am wenigsten verdienen, 80 Prozent und mehr ihres hartverdienten Einkommens abgeben – nämlich die Bezieher des Arbeitslosengeldes, die zusätzlich arbeiten“, kritisierte Habeck. +++