Union hält Steuerentlastungen von 15 Milliarden für machbar

Deutsch, Bundestag

Berlin. Wenn führende Politiker in Deutschland über Steuersenkungen fabulieren, dann kann es bis zum nächsten Wahltag nicht mehr gar so weit sein. Nach der Wahl sorgt dann meist der Blick in angespannte Kassen für Ernüchterung, und die hehren Versprechen von einst schrumpfen auf Zwergenmaß. Auch die nächste Bundestagswahl ist bereits in Sichtweite. Wird es diesmal ganz anders kommen? Immerhin: Sogar die SPD, mit der aufmerksame Zeitgenossen eigentlich nur noch Steuererhöhungen verbinden, hat sich bereits verdächtig weit aus dem Fenster gelehnt.

Angesichts der jüngsten Haushaltsüberschüsse hält zum Beispiel Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil einen "deutlich zweistelligen Milliardenbetrag" als Entlastung für realistisch. Da war es nur noch eine Frage Zeit, dass die Union nachziehen würde. Am Wochenende nun bezifferte ihr Fraktionschef Volker Kauder das Volumen möglicher Erleichterungen auf 15 Milliarden Euro pro Jahr. Und genauso wie die SPD will Kauder "kleinere und mittlere Einkommen" davon profitieren lassen. Nur, wer soll damit eigentlich genau gemeint sein? Kleinverdiener zahlen schon heute zum Teil sehr wenig Steuern.

Dagegen ist nicht automatisch Spitzenverdiener, wer den Spitzensteuersatz zahlt. Für Ledige greift er schon bei einem Jahreseinkommen von rund 54000 Euro. Das ist ein guter Facharbeiterlohn und heute nicht einmal mehr das Doppelte des Durchschnittsverdienstes in Deutschland. Früher schlug der Fiskus erst bei einem Vielfachen maximal zu. Schon dieses Beispiel zeigt, wie das deutsche Steuersystem über Jahrzehnte in Schieflage geraten ist. Mit ein paar kosmetischen Korrekturen wird es deshalb nicht mehr getan sein. Schon gar nicht mit hinreichend unkonkreten Verlockungen. Daran müssen sich alle politischen Steuerkonzepte messen lassen, die im Vorfeld der nächsten Bundestagswahl wieder verstärkt Konjunktur haben, so die Lausitzer Rundschau. +++


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1 Kommentar

  1. Überschüsse nicht vertickern!
    Aus meiner Sicht gibt es 2 große Themen, die - auch in Anbetracht der guten Kassenlage des Bundes - jetzt anzugehen wären:
    1. Sanierung/Ausbau der maroden/ungenügend vorhandenen Infrastrukturen:
    Verkehrssysteme inkl. Brücken/Straßen, Bildungseinrichtungen inkl. Kitas/Kindergärten, Schwimmbäder, Digitale Netze, Kasernen, ...
    2. Sozial/Steuerpolitik:
    Die Themen Abgaben- und Steuerlast der Mittelschicht, kalte Steuerprogression, Rentenniveau, Erbschaftsteuer, Vermögenssteuer, Lohnlücke zwischen Frauen und Männern bei gleicher Arbeit, Versicherungsbeiträge, Sozialstaat, Schere zwischen Arm und Reich etc müssten einmal im größeren Zusammenhang diskutiert werden. Dass die Ungleichheit bzw. soziale Spaltung seit Jahren zunimmt, und mittlerweile auf einem inakzeptablen Niveau angelangt ist, dürfte wohl unstrittig sein. Insofern ist es unbedingt zu begrüßen, wenn sich die Politik endlich mit voller Kraft und gesamtheitlich dieser Thematik annimmt.
    Bis das allerdings passiert, mein Tip:
    http://youtu.be/mQvThNJkKb

    Vorschläge, wie sie allerdings kürzlich wieder z.B. von der CSU lanciert wurden, hier ein bisschen Soli abschmelzen, dort ein bisschen Eingangssteuereckwert hochsetzen, hier ein bisschen Eigenheimförderung ausschütten, dort ein bisschen kalte Steuerprogression abbauen, helfen bei der Lösung des Gesamtproblematik nicht wirklich. Sie bleiben - populistisches - Stückwerk auch wenn sie sich, bei Addition möglichst vieler Jahreswerte, auf scheinbar beeindruckende Milliardenwerte auftürmen. Wie das bei den diversen neuen CDU-Vorschlägen aussieht, muss man noch prüfen! Entscheidend wird sein, dass das Thema Ungleichheit und soziale Gerechtigkeit endlich konsequent angegangen wird. Das sehe ich nicht bei der CDU und schon gar nicht bei der CSU!
    Wenn man allerdings ein seriöses Gesamtkonzept angeht, muss man, wie letztlich auch die GRÜNEN bei der letzten Bundestagswahl erkennen mussten, bei der Durchsetzung entsprechender Maßnahmen genau anders herum vorgehen:
    1. Zunächst sind möglichst genau zu benennen und zu beziffern die (sozialen) Leistungen, die der Staat im Sinne der sozialen Gerechtigkeit mit welcher konkreten Zielsetzung, ggf. in welchen Schritten übernehmen soll (zB. Im Bildungssystem, im Gesundheitssystem, im Steuersystem, bei der Infrastruktur, in der Kinderbetreuung, bei der Bekämpfung der Altersarmut, bei der Integration der Migranten ...).
    2. Erst dann kommt die Frage der Finanzierung der Maßnahmen.
    Und wer diese dann ablehnt, dem ist vorzuhalten, dass er im Sinne der genannten Beispiele offensichtlich keine Position der sozialen Gerechtigkeit vertritt (wie z.B. die Union mit ihren aktuellen Steuervorschlägen nicht bereit ist, die Vermögenden wieder stärker in die Pflicht zu nehmen). So wird ein Schuh draus!

    Übrigens gäbe es zur Finanzierung eine einfache Maßnahme, die auch das Problem der demographischen Entwicklung (Alterung, Bevölkerungsrückgang, immer mehr Rentnern wie auch Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung stehen immer weniger Beitragszahlern gegenüber) berücksichtigt: auch große Einkommen und Vermögen (also auch die Produktionsfaktoren Kapital und Boden) beitragspflichtig machen und nicht starr an der heutigen Rentenformel kleben bleiben, als sei diese sakrosankt! Hier könnten sich mal die sonst so cleveren Ökonomen einmal konstruktive Gedanken machen!

    Viel Erfolg!

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