Umfrage: Mehrheit findet „MeToo“-Debatte positiv

Leutheusser-Schnarrenberger kritisiert "MeToo"-Gegner

Zwei Drittel der Deutschen finden, dass die „MeToo“-Debatte positiv war, weil sie auf Probleme aufmerksam gemacht hat. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar Public für den „Spiegel“. Dabei gibt es keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern: Bei beiden Geschlechtern stimmten jeweils 66 Prozent der Befragten der Aussage zu, die Debatte um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sei gut gewesen. 22 Prozent der Männer und 25 Prozent der Frauen fanden, dass die Auswirkungen der „MeToo“-Debatte negativ seien.

Nur vier Prozent der Männer und drei Prozent der Frauen antworteten, die Debatte interessiere sie nicht oder betreffe sie nicht. In der Umfrage, über die das Nachrichtenmagazin in einer am Mittwoch erscheinenden Sonderausgabe berichtet, ging es auch darum, inwieweit die Befragten die Gleichstellung der Frau in Deutschland für verwirklicht hielten. Vier Prozent der Befragten antworteten „vollständig“, 58 Prozent „zu einem großen Teil“, 33 Prozent der Befragten meinten, die Gleichberechtigung sei nur „zu einem kleinen Teil“ verwirklicht, und vier Prozent meinten sie sei es „gar nicht“. Auf die Frage, ob es in der Welt grundsätzlich besser zuginge, wenn Frauen genauso viel Macht hätten wie Männer, antworteten 54 Prozent der Befragten mit Ja, zehn Prozent glaubten, es wäre schlechter. Unabhängig von Alter, Geschlecht oder Nähe zu einer Partei, gaben die Befragten mehrheitlich an, es ginge in der Welt besser zu, wenn Frauen so mächtig wären wie Männer. Nur bei Wählern der AfD waren mehr Menschen überzeugt, in einer solchen Welt ginge es schlechter zu. Für die Umfrage befragte Kantar Public im Auftrag des „Spiegel“ vom 27. September bis zum 1. Oktober telefonisch 1.048 Männer und Frauen.

Leutheusser-Schnarrenberger kritisiert „MeToo“-Gegner

Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat Gegner der sogenannten „MeToo“-Bewegung scharf kritisiert. Wer im Zusammenhang mit „MeToo“ von einer „Hexenjagd“ rede, will „die Debatte totmachen“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger dem „Spiegel“. Die Darstellung, man könne „kein Kompliment mehr machen, nicht mehr flirten oder allein mit der Kollegin Fahrstuhl fahren“, sei falsch, so Leutheusser-Schnarrenberger. Keiner verlange „ein Gesetz, wo wir reinschreiben, das ist erlaubt und das nicht. Natürlich brauchen wir keine deutsche Gründlichkeit, die jetzt vorgibt, wie sexueller Kontakt am besten passieren sollte. Das machen die Menschen schon von allein ganz gut“. Zum Thema Frauen im Beruf sagte die FDP-Politikerin: „Frauen werden heute als Bedrohung wahrgenommen, weil sie es genau dahin schaffen können, wo die Männer auch hinwollen. Das war vor 25 Jahren noch nicht der Fall.“ Rita Süssmuth, die als erste Frauenminister in der Bundesrepublik am Kabinettstisch von Kanzler Helmut Kohl saß, erinnert sich, wie man sie damals vor gut 30 Jahren behandelt habe: „Eben wie eine Frau und nicht wie einen Menschen. Wenn Frauen damals im Bundestag redeten, dachten ja alle: Ach, das geht schon vorüber.“ Die Frauenquote in den Parteien sei „unverzichtbar“ gewesen, „sonst hätten wir gar keinen Fuß in die Tür bekommen“, sagte Süssmuth dem Nachrichtenmagazin. Heute allerdings sei sie der Meinung, die Quote sei viel zu schwach: „Ich bin jetzt für Parität.“ Über ihre Parteikollegin Angela Merkel sagte Süssmuth: „Ihr war vieles in der Bundesrepublik fremd. Sie ist nicht als Frauenanwältin gekommen.“ Aber als Merkel mitbekommen habe, „wie es in der Bundesrepublik wirklich zugeht, hat sich ihre Haltung stark verändert“. Die Sozialdemokratin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die von 1998 bis 2009 Entwicklungsministerin war, ist nach eigenen Worten „auf großes Entsetzen“ gestoßen, als sie für den SPD-Vorsitz kandidierte: „Wie konnte eine Frau es wagen anzutreten, wo doch auch Gerhard Schröder und Rudolf Scharping die Position haben wollten.“ Schröder, so Wieczorek-Zeul, „hat einen nur respektiert, wenn man klare Kante zeigte“. Der SPD-Altkanzler sei „nie ein Heuchler“ gewesen. Der „zivilisierteste Mann“ in Sachen Frauenrechten sei Willy Brandt gewesen, sagte Wieczorek-Zeul dem Magazin. Er habe in der Partei-Programmkommission den Satz durchgebracht: „Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden.“ +++