Streit um Pkw-Maut: Sobotka ruft EU-Staaten zum Widerstand auf

Der österreichische Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat die EU-Staaten zum verstärkten Widerstand gegen die deutsche Pkw-Maut aufgerufen. Falls das Vorhaben vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Bestand habe, „muss sich Europa insgesamt überlegen, welchen Weg es geht“, sagte Sobotka den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Dann werde es „sicherlich Gegenmaßnahmen geben“. Eine reine Ausländer-Maut, wie Deutschland sie einführen wolle, entspreche nicht dem europäischen Geist, kritisierte Sobotka. Ihre Einführung werde „einen Paradigmenwechsel“ einleiten.

„Ein Mehr an Europa wird in den verschiedensten Bereichen schwieriger werden“, so der österreichische Nationalratspräsident weiter. Die EU brauche möglichst große Übereinstimmung „und keine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der unmittelbaren Nachbarn“. Zugleich stellte sich Sobotka hinter das umstrittene Ostsee-Pipeline-Projekt Nord Stream 2. Dieses sei „auf alle Fälle im europäischen Interesse“. Wenn man aus der Atomkraft und aus der Kohle aussteige, brauche man alternative Kapazitäten. „Der vergangene Sommer hat gezeigt, dass Wind-, Wasser- und Sonnenenergie bei weitem nicht ausreichen“, sagte Sobotka. Da sei es gut, „wenn man Ersatzkraftwerke anwerfen kann. Außerdem stabilisieren Wirtschaftskontakte zu Russland die internationalen Beziehungen“. Die Warnung aus den USA, Europa begebe sich in russische Abhängigkeit, wollte Sobotka nicht gelten lassen. „Dahinter dürfte eine wirtschaftliche Überlegung stecken. Den USA geht es darum, eigenes Fracking-Gas nach Europa zu bringen“, sagte er. Das sei „aber mit Sicherheit kein ökologischer Ansatz“. Der Parlamentspräsident kündigte an, Österreich werde alles daran setzen, US-Importzölle auf Autos zu verhindern. Die EU-Staaten sollten eine klare gemeinsame Haltung im Handelsstreit einnehmen, forderte Sobotka. „Und sie verfügen über Druckmittel: Es ist ja nicht zwingend, dass alle Geschäfte in US-Dollar abgewickelt werden müssen“, sagte Sobotka den Zeitungen.

Sobotka sieht keinen Vorentscheid über EU-Kommissionschef

Der österreichische Nationalratspräsident ist der Erwartung entgegengetreten, dass bei der Europawahl eine Vorentscheidung über den nächsten EU-Kommissionspräsidenten fällt. „Es ist eine Wahl zum Europäischen Parlament – nicht weniger, aber auch nicht mehr“, sagte Sobotka den Zeitungen weiter. Niemand solle sich an „fixen Vorstellungen über den neuen Kommissionspräsidenten orientieren“. Nach der Europawahl gehe es „nicht nur um den Kommissionspräsidenten, sondern um ein Gesamtpaket, das auch den Ratspräsidenten, den Präsidenten des Europäischen Parlaments und den Außenbeauftragten einschließt“, so Sobotka weiter. Er würde sich freuen, wenn der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), der CSU-Politiker Manfred Weber, der Nachfolger von Jean-Claude Juncker werde. „Über die Besetzung solcher Positionen denkt man aber erst nach, wenn die Wahl entschieden ist“, so der österreichische Pa rlamentspräsident. Er schloss sich der Forderung seines deutschen Amtskollegen Wolfgang Schäuble (CDU) an, das Einstimmigkeitsprinzip in der EU abzuschaffen. „Das Einstimmigkeitsprinzip bringt die Europäische Union nicht voran. Wir sollten zu qualifizierten Mehrheiten übergehen – etwa zu Zweidrittel- oder Dreiviertelmehrheiten“, sagte Sobotka den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Diese Notwendigkeit sehe er „vor allem in der gemeinsamen Außenpolitik.“ +++

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