Streit bei Impfgipfel um Lockerungen

Im Grundsatz begrüßt Bouffier das Diskussionspapier

Beim Impfgipfel haben sich die Regierungschefs der Länder mit der Bundesregierung um mögliche Lockerungen für Geimpfte gestritten. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und andere SPD-Ministerpräsidenten sollen Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) für ihren Vorschlag kritisiert haben, Geimpften und Genesenen sehr weitreichende Lockerungen zu gewähren. Auf dem Tisch lag ein erster Entwurf, wonach Geimpfte 14 Tage nach der letzten Spritze und Genesene, deren Erkrankung entweder noch nicht länger als 6 Monate zurückliegt, oder die mindestens eine Impfung bekommen und 14 Tage abgewartet haben, privilegiert werden könnten. Dies solle über eine Verordnung geregelt werden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Treffen. Auch über die Ausgestaltung eines möglichen digitalen Impfpasses wurde debattiert. Auf EU-Ebene ist bereits ein „grünes Zertifikat“ für den Monat Juni geplant. Der Impfgipfel war die erste Bund-Länder-Runde seit dem Termin kurz vor Ostern. Dabei war in einer Nachtsitzung die kurzlebige „Osterruhe“ beschlossen worden – die MPK als Entscheidungsgremium war in der Folge heftig in die Kritik geraten. Die sogenannte „Bundesnotbremse“ wurde schließlich in der vergangenen Woche im parlamentarischen Verfahren verabschiedet worden.

Im Grundsatz begrüßt Bouffier das Diskussionspapier

Im Grundsatz begrüßt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier das Diskussionspapier, das die Bundesregierung heute zum weiteren Vorgehen bei Geimpften, Genesenen und negativ Getesteten vorgelegt hat. „Durch die Einschätzung des Robert-Koch-Institutes, dass zu mindestens von doppelt geimpften Personen und Menschen, die an der Covid-Infektion erkrankt waren, keine Gefahr bzw. nur ein minimales Infektionsrisiko ausgeht, stellt sich die zwingende Frage, ob deren Grundrechtseinschränkungen noch verhältnismäßig sind. Der Staat verleiht keine Grundrechte, sondern den Menschen stehen diese Grundrechte zu. Deshalb ist hier dringender Handlungsbedarf geboten. Das Hessische Kabinett hat bereits in der vergangenen Woche die verfassungsrechtlich gebotenen Maßnahmen umgesetzt und die hessischen Corona-Verordnungen angepasst. Personen, die über einen vollständigen Impfschutz verfügen, können nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen des RKI so behandelt werden wie die Personen, die über ein tagesaktuell negatives Testergebnis verfügen. Des Weiteren können sie künftig grundsätzlich in Bezug auf individuelle Schutzmaßnahmen wie Quarantäne ausgenommen werden, solange sie keine Symptome aufweisen. Regeln wie Abstand, Hygiene und das Tragen medizinischer Schutzmasken gelten auch für Geimpfte, Genesene und negativ getestete Personen weiter. Die konkrete Ausgestaltung einer entsprechenden Bundesverordnung bedarf allerdings noch weiteren Abstimmungen. Darüber hinaus begrüße ich es, dass die Prioritätengruppen vor Juni nicht aufgehoben werden. Derzeit haben wir in Hessen bereits die Prioritätengruppe 3 geöffnet, und ich bin zuversichtlich, dass wir bis Juni so viele Impfangebote machen können, dass dann ernsthaft die Aufhebung der Prioritäten angegangen werden kann. In diesem Zusammenhang bestätigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn noch einmal, dass im 2. Quartal wesentlich mehr Impfstoff, insbesondere für die Hausärzte, zur Verfügung steht. Das beschleunigt unsere Impfkampagne in erheblichem Maße“, so Bouffier in einem Statement.

Lindner kritisiert Beschlüsse des Impf-Gipfels als unzureichend

FDP-Chef Christian Lindner hat die Beschlüsse des Impf-Gipfels als unzureichend kritisiert. Er hätte sich „ein klares Signal in Richtung von Fach- und Betriebsärzten gewünscht“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Sie sollten so schnell wie möglich in die Impfkampagne einbezogen werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Impfstoff in Zukunft auf Halde liegt, obwohl die Nachfrage nach Impfungen groß ist.“ Außerdem sollten die Hausärzte „schon vor Juni pragmatisch mit der Impfreihenfolge umgehen können – zum Beispiel wenn Impfstoff am Ende eines Tages übrig bleibt, für den es Interessenten außerhalb der Reihenfolge gibt“, forderte Lindner. „Einen weiteren Verzug beim Impfen können wir uns nicht leisten.“

Bartsch kritisiert Ergebnisse des Impf-Gipfels

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hat die Ergebnisse des Impf-Gipfels scharf kritisiert. „Grundrechte sind kein Verhandlungsgegenstand“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Dass es gar kein Signal zum Umgang mit Geimpften und Genesenen gegeben hat, ist inakzeptabel. Die Frage lag seit geraumer Zeit auf dem Tisch. Es fehlt ein Fahrplan für den Ausstieg, der angekündigt war.“ Bartsch forderte schnellen Impfschutz für alle Arbeiter. „Diejenigen, die das Land am Laufen halten, aber nicht ins Homeoffice können, müssen nach vorne in die Impfschlange“, sagte er. „Alle Beschäftigten im Bildungsbereich, Busfahrer, Verkäuferinnen, Menschen, die in den Fabriken oder in der Fertigung stehen. Das erhöht den Schutz für alle im Land und würde Ansteckungen senken“, so Bartsch. +++

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