Straßenausbaubeiträge: SPD-Fraktion Flieden hält trotz Kritik der CDU an Abschaffung fest

Straßenausbaubeiträge sind und bleiben ungerecht

Mit deutlicher Verwunderung über die Kritik am Ablauf durchaus legitimer, parlamentarischer Gepflogenheiten reagiert die SPD-Fraktion aus dem Königreich Flieden auf die jüngste Presseattacke der CDU-Fraktion zum Thema Straßenausbaubeiträge. Und das ausgerechnet aus der Ecke jener Partei, deren regierende Parteifreunde in Wiesbaden uns ehrenamtlichen Kommunalpolitikern vor Ort letztendlich jegliche, leidigen Diskussionen und Auseinandersetzungen dahingehend überhaupt erst aufgezwungen haben, so Fraktionsvorsitzender Mark Bagus in der aktuellen Mitteilung der SPD-Fraktion im Fliedener Gemeindeparlament.

Schaubild

Zur Erinnerung: Es war die CDU-geführte, Hessische Landesregierung, welche mit ihrer unglücklichen Regelung zum Juni 2018 per Gesetz die Erhebung von Straßenbeiträgen neu geregelt und die bisherige SOLL-Vorschrift im Kommunalabgabengesetz in eine KANN-Vorschrift geändert hat. Einerseits wurde dadurch zwar vermeintlich Wahlfreiheit dahingehend geschaffen, dass Kommunen selbst entscheiden können, ob sie ihre beitragsrechtlichen Regelungen hinsichtlich Straßenausbau beibehalten, verändern oder gar eine Abschaffung beschließen.  Andererseits schafft das Land damit jedoch ungleiche Lebensverhältnisse in Hessen, da es nun mal nicht in jeder Kommune finanziell umsetzbar ist. Und das von der gleichen Landesregierung, die mit dem bundesweit einmaligen „Diktat“ der sogenannten Heimatumlage angeblich so sehr darauf bedacht ist, durch aufwendige Umverteilungsmechanismen eben solche ungleichen, finanziellen Ausstattungen innerhalb der kommunalen Familie auszugleichen. In unseren Augen eine zutiefst widersprüchliche Vorgehensweise, stellt Mark Bagus heraus. Während das Land Hessen steif und starr bei seiner Haltung bleibt, dass kommunaler Straßenbau auch durch selbige im vollem Umfang zu finanzieren ist, haben viele Nachbarbundesländer längst Konsequenzen aus den Entwicklungen der letzten Jahre gezogen und unterstützen ihren Kommunen zumindest mit einem Teilausgleich.

In Hessen verweisen neben Oppositionsparteien auch der Steuerzahlerbund sowie Grund- und Wohneigentümerverbände gebetsmühlenartig darauf, dass Straßenausbaubeiträge für viele Haus- und Wohnungseigentümer nach wie vor eine erhebliche finanzielle Bürde darstellen. Straßenausbaubeiträge sind und bleiben ungerecht, weil sie Grundstückseigentümer einseitig belasten und deren finanzielle Leistungsfähigkeit in keinster Weise berücksichtigen. Gerade bei uns, im ländlichen Raum, führen sie bei Bürgern mit größeren Grundstücken zu teilweise horrenden finanziellen Belastungen, umschreibt Fraktionschef Bagus die missliche Situation etlicher Anlieger auch in der Gemeinde Flieden im Landkreis Fulda. Und weil Straßen – egal ob in reinen Wohnvierteln, innerörtlich oder überörtlich – von allen Bürgern genutzt werden und nun mal fester Bestandteil der Infrastruktur sind, sollten sie auch aus Steuermitteln finanziert werden. Schließlich werden die Eigentümer bereits beim Erwerb eines Grundstücks im Rahmen der erstmaligen Erschließung mit 90 Prozent an den Kosten beteiligt. Eine darüberhinausgehende Unterhaltung sollte daher der Straßeneigentümer übernehmen. Und das ist nun mal die Kommune!

Was die Situation in Flieden angeht, so haben zumindest wir Sozialdemokraten während des nun schon über einjährigen Diskussionsprozesses vergeblich auf ein Einlenken aus Wiesbaden gehofft. Immer im Hinterkopf, eine möglichst maximale finanzielle Entlastung für betroffene Anlieger zu erreichen, war für uns wiederum auch stets klar, dass eine Veränderung im Fliedener Beitragsrecht nur bei solider Gegenfinanzierung umsetzbar ist. Dabei galt es natürlich auch abzuwägen und eine zumutbare „Schmerzgrenze“ beispielsweise bei einer alternativen Grundsteuererhöhung nicht aus dem Blick zu verlieren. Die im Laufe des Jahres zweimalig geführten, fraktionsübergreifenden Abstimmungsgespräche haben uns seinerzeit nur sehr vage Beurteilungsgrundlagen geliefert, da zu dieser Zeit leider keine detaillierteren Kalkulationsmodelle sowohl für eine Reduzierung als auch für eine Abschaffung zur Verfügung standen. Und während eine Arbeitsgruppe der CDU-Fraktion sich schon zu Beginn der Gespräche vorschnell auf eine Reduzierung der Beitragssätze fixiert hatte, wissen wir als Opposition hingegen erst seit relativ kurzer Zeit verlässlich, dass für eine Gegenfinanzierung der Abschaffung durchaus mehrere finanzierbare Varianten in Frage kommen. Neben anteiligen Mitteln aus der, an die Gemeinde zurückfließenden – höchst umstrittenen – Heimatumlage des Landes Hessen, sind es auch die vom Gemeindevorstand nun vorgeschlagenen, moderaten Anhebungen von Grundsteuern A und B um je 50 sowie der Gewebesteuer um 5 Prozentpunkte, die der Höhe nach erst seit der letzten Haupt- und Finanzausschusssitzung zur Debatte standen.

Wie Mark Bagus weiter ausführt, habe die SPD-Fraktion daraufhin eigene Berechnungen angestellt und auf Grundlage aktuell vorliegender Haushaltsplandaten ihre Entscheidung pro Abschaffung getroffen. Dabei Berücksichtigung fand unter anderem die wesentliche Tatsache, dass Anlieger ihre Beitragslast künftig über zwanzig Jahre tilgen können – was natürlich ihr gutes Recht ist. Das erfordert wiederum eine Vorfinanzierung des Bürgeranteils durch die Gemeinde, was im Umkehrschluss unweigerlich auch wieder zu Steuererhöhungen beziehungsweise Neuverschuldung führen wird. Ein darüber hinaus zwangsläufig deutlich höherer Verwaltungsaufwand, der kaum in Relation zu fast zinslosen Stundungsdarlehen steht, lies uns schließlich zu der Erkenntnis gelangen, dass eine komplette Abschaffung der STRAB durchaus eine längerfristig beständige und vor allem gerechtere Lösung – auch in Flieden – sein kann. Wir sind zuversichtlich, dass die Finanzierung der Abschaffung über moderate Steuererhöhungen – auch auf Jahre gesehen – zu stemmen ist. Im Übrigen verhehlen wir auch nicht, dass möglichst breiter Konsens bei kommunalpolitischen Entscheidungen mit größerer Tragweite immer ein erstrebenswertes Ziel über Parteigrenzen hinweg sein sollte. Es entspricht allerdings auch unserem Verständnis von demokratischen Meinungsbildungsprozessen, dass neue Erkenntnisse durchaus ein Abweichen von „ausgetretenen Pfaden“ – in diesem Falle seitens der Mehrheitsfraktion bereits vorformulierter Kompromisse – rechtfertigen. Aus gutem Grund wurde schließlich einvernehmlich eine Entscheidung der Gemeindevertretung über die Zukunft der Straßenausbaubeiträge solange zurückgestellt, um insbesondere auf aktuelle Entwicklungen – beispielsweise auch in anderen Kommunen – reagieren zu können. Von „wegducken“ unserer Fraktion kann da keine Rede sein, sondern eher von Bereitschaft und Verantwortung, im Sinne einer bürgerorientierten Kommunalpolitik auch einmal umzudenken. Dass dies durchaus auch Kollegeninnen und Kollegen innerhalb der CDU-Fraktion so beurteilen, hat letztendlich das nicht einheitliche Abstimmungsverhalten eindrucksvoll bewiesen, betont der SPD-Fraktionsvorsitzende im Fliedener Gemeindeparlament, Mark Bagus, abschließend. +++ pm/ja