SPD stellt weitere Bedingungen für Große Koalition

CDU-Vize Strobl warnt SPD vor überzogenen Forderungen

Berlin. Vor dem Gipfeltreffen von Union und SPD bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag formulieren maßgebliche Sozialdemokraten erste inhaltliche Forderungen für eine Regierungsbildung. Der mächtige Landesverband Nordrhein-Westfalen, der eine große Koalition mehrfach abgelehnt hatte, wiederholt dieses Nein in einem Brief an die SPD-Führung nicht mehr, sondern formuliert Kernpunkte aus dem Wahlkampf als „Grundlage für die Gespräche“. Über das Schreiben an Parteichef Martin Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Montagausgabe.

Die NRW-SPD, aus der auch Schulz kommt, spielt eine Schlüsselrolle in der Debatte über Schwarz-Rot. Gegen sie hätte eine große Koalition bei den Genossen keine Chance. Mit ihrem Brief passen sich Landeschef Michael Groschek und Generalsekretärin Svenja Schulze nun dem neuen Kurs der Bundesspitze an, die vom strikten Nein abgerückt ist. Zwar hätten sich „unsere grundsätzlichen Erwägungen, nicht erneut in eine große Koalition einzutreten“, auch nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen nicht verändert, schreiben sie. Doch die SPD gehe mit der Situation „verantwortungsvoll“ um. Man begegne der Union allerdings „mit großem Misstrauen“, heißt es weiter. Sie sei in der vergangenen Legislaturperiode „an vielen Stellen wortbrüchig geworden“. Es gebe auch „keine gemeinsamen Ziele zwischen Union und SPD“, schreiben Groschek und Schulze.

Im Anschluss formulieren sie Kernforderungen aus sechs Themenfeldern. Dazu gehört eine Rentenreform mit dem Ziel, das Rentenniveau zu sichern und perspektivisch auf rund 50 Prozent anzuheben. Zudem wollen sie „das Ende der Zwei-Klassen-Medizin“, also „eine paritätisch finanzierte Bürgerversicherung“. Diese gehört seit Langem zu den wichtigsten Forderungen der SPD. Bei der CDU dürfte sie aber auf harten Widerstand stoßen. CSU-Chef Horst Seehofer galt hingegen in der Vergangenheit als Anhänger eines solchen Systemwechsels. Außerdem wollen die NRW-Genossen eine Reform der Einkommensteuer, „die untere und mittlere Einkommen sowie Familien entlastet und zugleich aufkommensneutral ist“. Über die „deutlich höhere“ Besteuerung besonders hoher Vermögen wollen sie ein Investitionsprogramm in zweistelliger Milliardenhöhe „für die Bereiche Bildung, Kommunen und Wohnen“ finanzieren. Dafür eigne sich die Erbschaftsteuer. Gefordert wird zudem eine „europäische Sozialunion“. Eine Obergrenze für Flüchtlinge lehnen die Genossen ab.

CDU-Vize Strobl warnt SPD vor überzogenen Forderungen

CDU-Vize Thomas Strobl hat die SPD davor gewarnt, die Gespräche über eine Neuauflage der großen Koalition scheitern zu lassen. „Wer jetzt öffentlich rote Linien auf den Boden malt, wer gigantische Hürden aufbaut – der will gar nicht“, sagte der baden-württembergische CDU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die SPD darf die Gespräche nicht aufs Scheitern hin anlegen.“ Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe seine Erwartungen „glasklar formuliert“. Strobl wies die SPD zugleich auf ihr schlechtes Abschneiden bei der Bundestagswahl hin. „Mit nicht einmal 21 Prozent bei der Bundestagswahl wird die SPD nicht 100 Prozent ihrer Vorstellungen umsetzen können“, sagte er.

Scharping: SPD sollte Chancen einer neuen Großen Koalition nutzen

Der ehemalige Vorsitzende der SPD, Rudolf Scharping, hat an seine Partei appelliert, sich Gesprächen über eine erneute Große Koalition nicht zu verweigern. Sie solle im Gegenteil die sich nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche zwischen Union, FDP und Grünen bietende Chance „kraftvoll nutzen“, schrieb Scharping in einem Beitrag für das „Handelsblatt“. „Dazu muss die SPD aber durchsetzen wollen, wofür über neun Millionen Menschen stimmten.“ Sie brauche ein „gutes Team, Selbstvertrauen und Stolz auf ihre Leistung“. Sie sollte nun unmittelbar „auf der Grundlage ihres Wahlprogramms die vorrangigen Ziele nennen, die rasch im deutschen Bundestag angegangen werden müssen“, so Scharping. Konkret nannte er die Verabschiedung des Bundeshaushalts 2018. Hier müsse der vorliegende Entwurf zugunsten von größeren Investitionen in Infrastruktur sowie in Bildung nachgebessert werden. Die aktuelle Lage biete für die SPD Chancen und Risiken. „Die Gefahr liegt im langen Einmauern der SPD zwischen 25 und 20 Prozent oder gar im weiteren Absacken“, so der Ex-SPD-Chef. +++

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