SPD dringt auf Testpflicht für Kitas, Schulen und Unternehmen

Industrieverband BDI kritisiert Corona-Testpflicht für Flugreisende

Wegen der steigenden Infektionszahlen fordert die SPD eine sofortige Testpflicht für Kitas, Schulen und Unternehmen, um die dritte Corona-Welle zu bremsen. „Entweder werden Kita-Kinder und Schüler zweimal pro Woche getestet, oder die Einrichtungen müssen wieder zumachen, so schwer das auch fällt“, sagte Parteichef Norbert Walter-Borjans der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Es muss Schluss sein mit Entscheidungen nach Gutdünken.“

Die „Schutzlücke“, die durch geöffnete Schulen und Kitas ohne engmaschiges Testen entstünden, könne man sich nicht länger leisten. Das Gleiche gelte auch für Betriebe. „Es braucht sofort eine bundesweite Testpflicht für Unternehmen. Die Arbeitgeber müssen verpflichtet werden, alle Angestellten zweimal pro Woche zu testen“, sagte Walter-Borjans angesichts der hochschnellenden Infektionskurve. „Dass sich CDU und CSU in dieser dramatischen Corona-Lage mit der rasanten Ausbreitung der Mutanten weiter verweigern, ist unverantwortlich.“ Für einen freiwilligen Test-Appell sei es viel zu spät, weil einfach nicht alle Betriebe mitmachten. Unverständnis äußerte der SPD-Chef auch über SPD-geführte Länder wie Brandenburg und Berlin, die trotz kritischer Inzidenzen an Lockerungen festhalten. „Ab einer Inzidenz von 100 müssen alle Lockerungen zurückgenommen werden. Diese Notbremse muss jetzt auch überall konsequent gezogen werden, wo die kritische Marke überschritten ist“, sagte der SPD-Co-Vorsitzende und sagte, die Notbremse sei bereits „Anfang März“ fest von Bund und Ländern vereinbart worden.

Lauterbach warnt vor Fehlerquote bei Schnelltests

Corona-Schnelltests haben nach Darstellung des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach eine höhere Fehlerquote als angenommen. „Antigentests sind bei weitem nicht so sicher, wie man glaubt“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Studien zeigten: „Wenn jemand wirklich asymptomatisch ist, schlägt der Schnelltest in sechs von zehn positiven Fällen an. In vier von zehn Fällen ist der Test negativ.“ Ob die Menschen in diesen Fällen wirklich ansteckend seien, „weiß man nicht so genau“, so Lauterbach. Das Problem könne man aber lösen, wenn in Schulen und Betrieben regelmäßig ganze Cluster getestet würden. In der Wiederholung zeigten sich oft die Fälle, die vorher nicht aufgefallen seien. Und wenn sich jemand in einer Klasse oder Büro infiziere, gehe ohnehin die ganze Gruppe in Quarantäne. „Ich hätte mir gewünscht, wir hätten jetzt schon die Testpflicht in der Wirtschaft durchgesetzt“, sagte Lauterbach. Der Epidemiologe rechnet damit, dass sich die Pandemie nach Ostern deutlich verschlechtern wird: „Es ist ganz klar, dass wir im exponentiellen Wachstum sind und innerhalb von kurzer Zeit Tageszahlen von 30.000, 40.000, 50.000 Infizierten erreichen können.“

Industrieverband BDI kritisiert Corona-Testpflicht für Flugreisende

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat Kritik an der geplanten Testpflicht für Flug- und Geschäftsreisende nach Deutschland geübt. „Die Wirtschaft bedauert, dass die Politik ihre Verantwortung zur Umsetzung der bislang mangelhaften Impfstrategie mit einer Schnellschuss-Testaktion im Flugverkehr auf die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen abwälzt“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang der „Rheinischen Post“. Die Kosten der Corona-Tests vor Reiseantritt seien von den Flug- und Geschäftsreisenden und den Unternehmen selbst zu tragen. „Eine Testpflicht auf Flugreisen ergibt dann Sinn, wenn diese mit einem Wegfall der bisher geltenden Quarantänepflicht bei der Einreise aus Risikogebieten einhergeht“, sagte Lang. Der BDI-Hauptgeschäftsführer erneuerte die Bereitschaft der Industrieunternehmen, ihre Beschäftigten auf freiwilliger Basis umfangreich zu testen, kritisierte jedoch allzu ehrgeizige Ziele der Politik. „Fü r die Vielfalt der Unternehmen und Betriebe ist die Zielvorgabe von 90 Prozent eine enorme Herausforderung, die zusätzlich zum Hochlauf der Impfinfrastruktur stattfindet“, sagte Lang. In großen Industriebetrieben gebe es schon jetzt das gesamte Sortiment von Selbst-, Schnell- und bei positiven Ergebnissen sogar PCR-Tests. „Die deutsche Wirtschaft tut alles in ihrer Macht Stehende, um ihre Beschäftigten zu schützen und Politik und Gesellschaft bei der Eindämmung der Pandemie zu unterstützen.“ Man sei auf gutem Weg. „In großen Unternehmen werden heute schon 75 bis 100 Prozent der in Präsenz Beschäftigten durch freiwillige Testangebote erreicht“, sagte der BDI-Hauptgeschäftsführer. Kleinere Unternehmen ohne eigene betriebsärztliche Dienste täten sich schwerer. „Sie können oft nur Schnelltests anbieten, die zurzeit noch nicht vollumfänglich verfügbar sind.“

Scheuer: Bundesländer ausreichend mit Selbsttests versorgt

Der Co-Chef der Test-Taskforce der Bundesregierung, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), sieht die Bundesländer mit genügend Selbsttests versorgt. „Wir haben von allen Ländern die eindeutig positive Rückmeldung erhalten, dass alle über eigene Beschaffungen und die Starter-Pakete des Bundes ausreichend mit Selbsttests versorgt sind“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Dies habe auch die Bundeskanzlerin am Mittwoch vor dem Parlament bestätigt. „Wir haben sofort als Bund geliefert“, so Scheuer. Im Rückblick auf den Autogipfel in dieser Woche sagte der Verkehrsminister, dass der Verbrennermotor „eine Zukunft haben“ könne – allerdings mit nicht-fossilen Kraftstoffen. „Den fossilen Verbrenner dagegen, also der, der mit Benzin oder Diesel angetrieben wird, brauchen wir nicht über 2035 hinaus. Stattdessen benötigen wir saubere Kraftstoffe.“ Umwelt- und Klimaschutz sowie wirtschaftlicher Erfolg sollten in einem ganzheitlichen Ans atz gedacht werden, so der CSU-Politiker. „Wir brauchen alternative Antriebstechnologien und eine nachhaltige Transformation, die den Industriestandort Deutschland stärkt und die Arbeitsplätze sichert.“ +++