Spahn: Merz soll Kandidat für zweiten Kanzlerwahlgang bleiben

Die Frage, die man gerade kläre, sei, wann dieser zweite Wahlgang stattfinden könne

Der Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn (CDU) hat angekündigt, dass Friedrich Merz (CDU) auch in einem zweiten Wahlgang Kandidat für die Wahl zum Kanzler bleiben soll. "Wir werden als Koalition - Union und SPD - Friedrich Merz erneut für den zweiten Wahlgang vorschlagen", sagte Spahn am Dienstag. "Wir werden gemeinsam geschlossen in den zweiten Wahlgang gehen."

Die Frage, die man gerade kläre, sei, wann dieser zweite Wahlgang stattfinden könne. "Ob er nach den Regularien erst in einigen Tagen stattfinden kann oder möglicherweise früher", sagte der CDU-Politiker. "Das ginge aber nur mit der Zustimmung auch anderer Fraktionen. Darüber finden Gespräche statt und ich muss Sie jetzt einfach bitten, zu warten, bis wir Ergebnisse dieser Gespräche haben."

Dass Merz im ersten Wahlgang nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, eine sogenannte "Kanzlermehrheit" von 316 Stimmen, erhalten hat, kam überraschend. Noch nie zuvor ist ein designierter Kanzler nach erfolgreichen Koalitionsverhandlungen nach einer Bundestagswahl im ersten Wahlgang im Bundestag gescheitert.

Die geplante Koalition aus CDU/CSU und SPD hat gemeinsam 328 Abgeordnete. Merz erhielt am Dienstagvormittag im Bundestag allerdings nur 310 Ja-Stimmen, 307 Abgeordnete stimmten gegen ihn und drei enthielten sich. Eine Stimme war ungültig, neun Stimmen wurden nicht abgegeben.

Der Bundestag hat nun 14 Tage Zeit, um mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler zu wählen. Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so muss nach den Vorgaben des Grundgesetzes "unverzüglich" ein neuer Wahlgang stattfinden, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.

Eigentlich war geplant, dass Merz noch am Mittag seinen Amtseid ablegen soll. Im Anschluss sollten die designierten Minister ihre Ernennungsurkunden erhalten und vereidigt werden. Für den Nachmittag war die Übergabe des Bundeskanzleramts und der Ministerien geplant. Stattdessen bleibt die geschäftsführende Bundesregierung im Amt. Auch die geplanten Antrittsreisen von Merz nach Paris und Warschau am Mittwoch müssen nun möglicherweise verschoben werden. +++

Kommentar hierzu
Das Ergebnis der Kanzlerwahl ist ein politisches Fiasko für Friedrich Merz – und das schon im ersten Wahlgang. Sechs Stimmen fehlten ihm zur Mehrheit. Das ist mehr als ein Rechenfehler, das ist eine Machtdemonstration – allerdings gegen ihn.

Man sollte mit Superlativen sparsam umgehen, doch hier ist der Begriff „Paukenschlag“ durchaus angebracht. Denn nicht nur scheitert der Unionsfraktionschef überraschend früh, auch die ohnehin fragile Geschlossenheit innerhalb seiner eigenen Reihen ist schwer erschüttert. Dass sich eine Kanzlermehrheit nicht im ersten Anlauf findet, ist kein Novum – aber für einen Mann wie Merz, der jahrelang auf diesen Moment hingearbeitet hat, ist es ein politischer Tiefschlag mit Symbolkraft.

Die nun aufgeschobene nächste Abstimmung zeigt: Die Verunsicherung ist groß. Und das Bild, das die Union gerade abgibt, ist alles andere als staatsmännisch. Wer führen will, muss Vertrauen organisieren – und genau das scheint Merz nicht gelungen zu sein. +++ norbert hettler


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