Seehofer verzichtet auf Strafanzeige gegen „taz“-Autorin

Polizisten seien in Deutschland "nicht Feindbild, sondern Vorbild"

Horst Seehofer (CSU)
Horst Seehofer (CSU)

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will im Streit um eine „taz“-Kolumne nun doch auf eine Strafanzeige verzichten. Das teilte er am Donnerstagvormittag mit. Er werde stattdessen die Chefredaktion der Zeitung in das Bundesinnenministerium einladen, um mit ihr den Artikel und seine Wirkung zu besprechen. „Außerdem werde ich mich an den Deutschen Presserat wenden, der für die Einhaltung ethischer Standards und Verantwortung im Journalismus sowie für die Wahrung des Ansehens der Presse eintritt“, so Seehofer.

Er werde den Presserat bitten, zu diesem Artikel, der in seinen Augen einen „schweren Verstoß“ gegen den Pressekodex darstelle, klar Stellung zu beziehen. Er sei der Auffassung, dass mit der Kolumne durch die „menschenverachtende Wortwahl“ auch Straftatbestände erfüllt werden. Hierzu lägen bereits Strafanzeigen vor. Die „Delikte“ seien teilweise bereits durch die Staatsanwaltschaft von Amts wegen zu prüfen. „Mir geht es bei der von mir angestoßenen Diskussion nicht um Strafverfolgung einer Person und schon gar nicht um einen Eingriff in die Pressefreiheit“, so Seehofer weiter. Ihm gehe es im Gegenteil darum, dass man eine gesellschaftliche Diskussion darüber führen müsse, wie man miteinander umgehe und wo die Grenzen einer Auseinandersetzung seien. „Aber wir müssen auf die Verrohung in unserer Gesellschaft reagieren.“ Und das beginne mit der Wahl der Worte. „Niemand hat das Recht, einen anderen Menschen in einer solchen Weise zu verletzen und ihm die Menschenwürde abzusprechen.“ Polizisten seien in Deutschland „nicht Feindbild, sondern Vorbild“.

Linken-Chefin kritisiert Seehofer im „taz“-Streit

Linken-Chefin Katja Kipping hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wegen seines Verhaltens in der Affäre um die umstrittene Kolumne einer „taz“-Journalistin scharf kritisiert. „Es wäre zum Lachen, wenn er nicht der Innenminister wäre“, sagte Kipping dem Nachrichtenportal T-Online. Seehofer habe offenbar „die Aufgabe seines Amtes nicht verstanden“. Seine Aufgabe sei es, die Pressefreiheit zu schützen und „die rechte Gefahr zu bekämpfen“. Und weiter: „Er versagt in beiden Fällen.“ Die AfD schreie seit Jahren volksverhetzende Parolen und er wolle sie nicht mal im Verfassungsschutzbericht genannt haben, so Kipping. Aber wenn eine Journalistin eine Kolumne schreibe, die man durchaus kritisieren könne, drohe er mit Klage. „Dass er diese Idee nicht umgesetzt hat, ändert nur wenig.“ Wenn ein Innenminister einer relativ kleinen Zeitung mit Klage drohe, habe auch die Drohung schon eine gewisse Wirkung.

SPD-Fraktionsvize begrüßt Einlenken Seehofers im „taz“-Streit

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese hat begrüßt, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nun doch von einer Anzeige gegen eine „taz“-Journalistin absieht. Die Polizei brauche und bekomme Rückhalt, sagte Wiese dem Nachrichtenportal T-Online. „Die angedachte Strafanzeige war aber der falsche Weg.“ Das Einlenken von Seehofer sei spät gekommen, sei aber richtig gewesen. Den Polizisten helfe man am besten durch gute Ausstattung und Arbeitsbedingungen und mehr Personal in der Fläche, so der SPD-Fraktionsvize. Seehofer hatte zuvor angekündigt, auf eine Strafanzeige zu verzichten. Er werde stattdessen die Chefredaktion der Zeitung in das Bundesinnenministerium einladen, um mit ihr den Artikel und seine Wirkung zu besprechen. Zudem will er sich an den Deutschen Presserat wenden. +++

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