Schwarz-Rot in der Krise

Bundestag,

Berlin. Man könnte meinen, der Streit um den richtigen Weg in der Flüchtlingspolitik ist ein rein unionsinterner. Deshalb, weil der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer wie kein anderer die Auseinandersetzung mit Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel anheizt. Doch wahr ist: Längst hat dieser Konflikt das schwarz-rote Bündnis als Ganzes erfasst. Erstens belasten die bayerischen Attacken und Forderungen das Koalitionsklima insgesamt. Daran besteht kein Zweifel.

Zweitens wird auch die SPD alsbald Farbe bekennen müssen, auf wessen Seite sie tatsächlich steht. Immer noch auf der Merkels, die zur Geduld mahnt oder vielleicht doch schon in einem gewissen Maße auf der von Seehofer? Zumindest gibt es viele sozialdemokratische Bürgermeister und Landräte, die mittlerweile wegen des anhaltenden Flüchtlingsansturms die Positionen des bayerischen Ministerpräsidenten unterschreiben würden und der eigenen Parteiführung Dampf machen. Am Wochenende wird der Koalitionsgipfel daher ein Krisengipfel sein. Das steht fest. So friedlich die Asylbeschleunigungsgesetze von Schwarz-Rot im Bundestag verabschiedet worden sind, so heikel ist für alle Beteiligten jetzt die Anschlussfrage: Was muss dringend noch getan werden, da doch immer mehr Kommunen die Belastungsgrenze erreicht haben und nicht mehr ein noch aus wissen? Die Antworten darauf beinhalten den Sprengstoff, der die Koalition am Ende zerreißen könnte. Siehe Transitzonen.

Die SPD lehnt sie ab, die CSU fordert sie unbedingt und die CDU sagt Ja dazu, um die Schwester zu beschwichtigen. Der schwarz-rote Streit über das Verfahren an den Landesgrenzen ist ein erster Beleg dafür, dass die Flüchtlingskrise die Koalitionäre zusehends in ihre parteipolitischen Gräben zurückdrängt. Die Gemeinsamkeiten bei der Bewältigung der Krise scheinen bereits aufgebraucht zu sein. Und die Gräben werden noch tiefer werden, wenn sich die Lage über den Winter nicht entspannen sollte und die beschlossenen Gesetze ihre Wirkung eventuell verfehlen. In den zwei Jahren nach der Bundestagswahl hat Schwarz-Rot sicherlich schon viele Konflikte durchgestanden – Mindestlohn, Rente, Frauenquote, Maut. Doch die Flüchtlingskrise ist kein normaler politischer Vorgang, bei dem man allein das Für und Wider abwägen muss, um zu einem Ergebnis zu kommen. Oder aber die Interessen der eigenen Klientel geltend machen kann. Sie ist eine Herausforderung von gigantischem Ausmaß. CDU, CSU und SPD müssen somit auch zeigen, inwieweit sie noch den Willen haben, gemeinsam zu handeln. Darauf kommt es an. Deswegen könnte dieses Wochenende entscheidend werden – auch für die Zukunft von Schwarz-Rot, so die Lausitzer Rundschau. +++ fuldainfo

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