Schulze: Heizpilze können Gastronomie nach dem Shutdown retten

IW: November-Lockdown kostet rund 600.000 Jobs

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat keine Einwände gegen einen Betrieb elektrischer Heizstrahler in der Gastronomie. „Wenn der Einsatz von Heizpilzen ein Weg ist, die Gastronomie nach dem Shutdown wieder zu öffnen und damit ihr langfristiges Überleben zu sichern, dann sollten wir da nicht dogmatisch sein“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Schulze äußerte auch Verständnis dafür, in der Pandemie von der Bahn auf das Auto umzusteigen. Viele Menschen fühlten sich allein im Auto einfach sicherer. „Wer kann ihnen das bei steigenden Infektionszahlen auch verdenken? Es kommt jetzt schließlich ganz entscheidend darauf an, Kontakte mit anderen so gut es geht zu vermeiden“, sagte sie.

Gleichwohl sieht Schulze keine Gefahr, dass der Klimaschutz in der Pandemie – ähnlich wie in der Finanzkrise 2008/09 – ins Hintertreffen gerät. „Diesmal ist es uns gelungen, diese Gefahr abzuwenden. Schauen Sie sich allein das Konjunkturpaket an, das wir in Deutschland geschnürt haben“, sagte sie. Man habe 50 Milliarden Euro für Klimaschutz darin verankert. „Das ist genau richtig. Die Klimakrise verschwindet nicht mit Corona.“ Anders als in der Coronakrise wisse man beim Klima ganz genau, was zu tun sei. „Wir haben sozusagen den Impfstoff gegen die Klimaveränderungen schon“, sagte Schulze. Jetzt komme es darauf an, dass er auch eingesetzt wird. „Wie wir uns in Deutschland auf den Weg gemacht haben – Stichwort Klimaschutzgesetz -, muss das auch europäisch passieren“, so die Umweltministerin.

IW: November-Lockdown kostet rund 600.000 Jobs

Der November-Lockdown wird nach Berechnungen des Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln dramatische Folgen für Wirtschaft und Arbeitsplätze haben. „Der Lockdown light bis Ende November, den wir jetzt haben, wird das BIP voraussichtlich um einen Prozentpunkt senken“, sagte IW-Direktor Michael Hüther der „Bild am Sonntag“. Und weiter: „Für dieses Jahr werden dadurch rund 591.000 Menschen ihren Job verlieren, im nächsten Jahr noch einmal 15.000 Menschen – vorausgesetzt, der Lockdown geht wie angekündigt zu Ende.“ Dauere der Lockdown noch länger, könnte das BIP um zwei Prozentpunkte sinken, so Hüther. „Dann können wir für nächstes Jahr mit 180.000 zusätzlichen Arbeitslosen rechnen.“ Zudem verursache das wiederholte Ab- und Anschalten weiter Teile einer Volkswirtschaft strukturelle Schäden. „Die daraus folgenden Verluste müssten hinzuaddiert werden.“ In der Bevölkerung stößt der Lockdown im November auf breite Zustimmung: Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Kantar/Emnid für die „Bild am Sonntag“ halten 59 Prozent die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen für genau richtig. 28 Prozent finden sie überzogen, zwölf Prozent wünschen sich noch striktere Regeln, ein Prozent antwortete mit „weiß nicht“. Für die Erhebung befragte Kantar/Emnid insgesamt 501 Menschen am 29. Oktober 2020. Frage: „Halten Sie die von der Regierung aktuell beschlossenen erweiterten Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie für überzogen, für nicht weitgehend genug oder für genau richtig?“

DIVI: Zahl verfügbarer Intensivbetten in Deutschland fehlerhaft

In Deutschland sind weniger freie Intensivbetten einsatzbereit als bisher angenommen. „Bundesweit melden Kliniken freie Betten als verfügbar an, obwohl einige wegen des Personalmangels gar nicht genutzt werden können“, sagte Christian Karagiannidis, Sprecher des DIVI-Intensivregisters der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, der „Welt am Sonntag“. Dies wird nun für die künftige Pandemiebekämpfung zum Problem. „Wir wiegen uns bei der Zahl der freien Intensivbetten in falscher Sicherheit“, sagte Karagiannidis. Die Zahl sei Grundlage für politische Entscheidungen. „Einigen Geschäftsführern ist nicht klar, welche große gesellschaftliche Verantwortung sie mit dieser Meldung tragen.“ Er rufe daher alle Kliniken auf, „ganz ehrlich“ ihre freien Betten zu melden. Aufgefallen ist dem Sprecher die Entwicklung in den vergangenen zwei, drei Wochen. „Wir bekommen immer mehr Rückmeldungen von Notärzten quer aus Deutschland, die uns sagen: Ich habe Schwierigkeiten, meine Patienten in Kliniken unterzubringen, obwohl uns das Register in der Region Dutzende freie Betten anzeigt“, sagte der Intensivmediziner, der die Meldungen anschließend stichprobenartig in einzelnen Kliniken überprüft hat.

Bundesweit 165 Schulen pandemiebedingt geschlossen

In Deutschland sind aus Infektionsschutzgründen aktuell mindestens 165 Schulen komplett geschlossen. Das hat eine Umfrage der „Welt am Sonntag“ unter den 16 Kultusministerien der Bundesländer ergeben. Am höchsten ist die Zahl mit 135 in Bayern. In Hessen findet derzeit in sechs Schulen kein Präsenzunterricht statt, in Mecklenburg-Vorpommern sind es vier, in Schleswig-Holstein zwei. Baden-Württemberg kam zum letzten Stichtag vor den Herbstferien auf geschlossene 15 Schulen. Jeweils eine Schule ist in Rheinland-Pfalz, Sachsen und Brandenburg geschlossen. In einer Reihe von Ländern ist derzeit keine Schule vollständig außer Betrieb, nämlich in Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, dem Saarland, Thüringen, Berlin, Hamburg und Bremen. Wie in den anderen Ländern auch befinden sich hier aber ebenfalls teils viele Schüler und Klassenverbände in Quarantäne. +++