Schlimme Parallelen

Zu der blutigen Messer-Attentat in Hamburg

Terror

Hamburg. Schlimmste Erinnerungen werden wach. An den Anschlag auf Passagiere einer Regionalbahn bei Würzburg, an den Rucksack-Bomben-Terror in Ansbach, an den Wahnsinn vom Berliner Weihnachtsmarkt. Und nun also Hamburg. Auch in der Hansestadt hat ein Flüchtling wahllos Jagd auf Menschen gemacht und ein Blutbad angerichtet. Und auch hier steht die Frage im Raum, ob das schreckliche Ereignis hätte verhindert werden können.

Zweifellos sind noch längst nicht alle näheren Umstände geklärt, scheinen die Grenzen zwischen terroristisch motivierter und psychisch bedingter Gewalt diesmal fließend zu sein. Nach allen bisherigen Erkenntnissen haben die Hamburger Behörden allerdings keine gute Figur in der Sache gemacht. So dürfte der Fall Ahmad A. die beinahe schon abgehakte Flüchtlingsdebatte neu beleben. Und das eingedenk der bereits in acht Wochen stattfindenden Bundestagswahl nicht nur zum Guten. Jene, die schon immer der schlichten Parole „Ausländer raus“ aufgesessen waren, werden sich ein weiteres Mal bestätigt fühlen. Das Jahr 2015 mit der bislang größten und zum erheblichen Teil völlig unkontrollierten Einwanderungswelle rückt ebenfalls wieder in den Fokus. Auch Ahmad A. bat seinerzeit ohne Pass um Asyl. Und es werden sich natürlich auch wieder die Stimmen für schärfere Gesetze überschlagen. Ein Pawlowscher Reflex. Aber die Dinge liegen komplizierter. Gerade erst ist das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht in Kraft getreten. Es bezieht sich auf Flüchtlinge, von denen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben oder die innere Sicherheit ausgeht. Im Fachjargon heißen sie Gefährder.

Solche Personen können dann leichter in Abschiebehaft genommen werden. Der Einsatz von Fußfesseln ist ebenfalls möglich. Gefährder können sogar dann abgeschoben werden, wenn sie noch keine Straftat begangen haben. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Nur, was nützt diese verschärfte Gangart, wenn die zuständigen Behörden trotz gegenteiliger Anzeichen zu dem Schluss kommen, dass die Person gar nicht gefährlich ist? Auf diese Weise droht jede einschlägige Gesetzesverschärfung zwangsläufig ins Leere zu laufen. Ahmad A. war wegen seines abgelehnten Asylantrags schon seit gut einem halben Jahr ausreisepflichtig. Es gab Hinweise aus seinem Umfeld an die Polizei, dass er sich radikalisiert hatte und in einer Hamburger Moschee ein- und ausging, die als Hochburg islamistischer Eiferer gilt. Auch der Verfassungsschutz hatte Ahmad A. auf dem Radar. Aber alle Alarmzeichen wurden offenbar nicht ernst genug genommen. Womöglich auch deshalb, weil der Palästinenser an der Besorgung von Ersatzausweispapieren zwecks seiner Abschiebung sogar mitwirkte und in Hamburger Amtsstuben deshalb als „vorbildhaft“ eingestuft wurde. Auch das zeigt die Vielschichtigkeit dieses Falls. Eine Ermutigung bleibt: Es waren Hamburger Bürger, darunter auch ein afghanischer Flüchtling, die maßgeblich dazu beitrugen, den blutigen Feldzug von Ahmed A. zu stoppen. Respekt für so viel Zivilcourage, so die Lausitzer Rundschau. +++