RWI-Chef fordert umgehende Lockerungen in Coronakrise

Ministerpräsidenten gegen übereilte Lockerung der Beschränkungen

Der Essener Ökonom und frühere Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, hat sich für rasche Lockerungen in der Coronakrise ausgesprochen. „In den vergangenen Wochen war das Herunterfahren unseres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens noch unverzichtbar. Nun sollte umgehend eine Phase der wachsamen Normalisierung aufgenommen werden“, sagte Schmidt der „Rheinischen Post“. Dazu müsse man vor allem auf individuelle Schutzmaßnahmen setzen.

Es solle vor allem darum gehen, am Arbeitsplatz und beim Konsum Sicherheitsabstände und Hygienestandards zu gewährleisten. „Bei der Umsetzung sind in erster Linie die Unternehmen gefragt, und ich bin auch davon überzeugt, dass sie in der Lage sind, ihre Produktionsverfahren und die Prozesse ihrer Leistungserbringung rasch darauf auszurichten“, sagte der Präsident des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung. Die schrittweise Öffnung müsse zwingend durch eine staatlicherseits orchestrierte Strategie des massiven Testens begleitet werden, die noch über Monate durchzuhalten sei. „Dann könnten im Falle von Neuinfektionen umgehend Isolationsmaßnahmen eingeleitet werden, insbesondere auch dann, wenn keine Symptome erkennbar sind.“ Zudem sprach sich der Corona-Berater von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) für den freiwilligen Einsatz einer Tracing-App aus. „Wir werden auch damit leben müssen, dass in den kommenden Monaten an verschiedenen Stellen immer wieder nachgesteuert werden muss.“

Ministerpräsidenten gegen übereilte Lockerung der Beschränkungen

Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darin unterstützt, Erwartungen an eine baldige Lockerung des öffentlichen Lebens zu dämpfen. Für sie stehe „der Schutz der Bevölkerung an erster Stelle“, sagte Dreyer der „Süddeutschen Zeitung“ (Osterausgabe). Ihre Regierung bereite mit Experten aus Gesundheit, Wirtschaft und Bildung zwar Szenarien für eine allmähliche Rückkehr in normale Verhältnisse vor. Dabei spielten Vorbeugung und der Schutz von gefährdeten Gruppen eine große Rolle. Klar sei aber auch: „Denkbare Lockerungen können nur mit einer großen Hygiene-Offensive einhergehen. Wir alle müssen uns darauf einstellen: Unser Alltag wird noch lange von Abstandsregeln und hohen Hygienestandards bestimmt werden.“ Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht die Gefahr, mit einer zu schnellen Lockerung eine zweite Welle der Pandemie zu riskieren, die erneute Einschnitte erzwingen könnte. „Ein zweiter Shutdown wäre wirtschaftlich und auch gesellschaftlich schwer zu verkraften“, sagte Kretschmann der SZ.

Städtetag will Stufen-Plan zum Ausstieg aus Corona-Schutzmaßnahmen

Der Präsident des Deutschen Städtetags, Burkhard Jung (SPD), hat an Bundesregierung und Ministerpräsidenten appelliert, sich in der kommenden Woche auf eine einheitliche Strategie zum stufenweisen Ausstieg aus den Corona-Schutzmaßnahmen zu verständigen. „Wir brauchen besonnene bundesweite Schritte“, sagte Jung den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Besonnen deshalb, damit man die Pandemie kontrolliert bekämpfen könne. „Bundesweit deshalb, damit die Regelungen berechenbar und leichter verständlich sind“, so der Städtetagspräsident weiter. Dabei müsse klar sein, dass „auch im Mai, Juni oder Juli“ das Leben nicht wieder so ablaufe wie vor der Krise. „Wir müssen noch auf längere Sicht Geduld haben, um das Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus weiter gering zu halten. Und wir müssen auch in den kommenden Monaten ganz besonders die Risikogruppen schützen“, sagte Jung den Zeitungen. +++