Russischer Botschafter: Kein Interesse an Konflikt mit Ukraine

Breite Kritik am US-Sanktionskurs in Ukraine-Krise

Russlands Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, hat bekräftigt, dass sein Land keinerlei Interesse an einer kriegerischen Auseinandersetzung mit der Ukraine hat. „Wir wollen diesen Konflikt auf keinen Fall ausbrechen lassen“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Wir sind friedliche Leute und brauchen keinen Krieg mit unserem Nachbarn.“ Netschajew kritisierte, dass Russlands „westliche Partner“ über die Medien die Atmosphäre sehr stark aufgeheizt hätten. „Tagtäglich hören wir Drohungen und Ultimaten.“

Wenn die Ukraine mit Waffen, Truppen und Sondereinheiten aus dem Ausland vollgepumpt werde, könne das auch zu Provokationen führen, warnte der Diplomat. Die militärisch-technische Erschließung der Ukraine durch die NATO bedeute für Russland ein großes Sicherheitsrisiko. Bei entsprechenden Waffensystemen betrage die Anflugzeit zu lebenswichtigen russischen Zentren nur noch fünf bis sieben Minuten. „Das ist schon sehr gefährlich“, sagte Netschajew. Er nannte aus Moskaus Forderungskatalog gegenüber dem Westen „drei Schlüsselelemente“: „Erstens: Keine NATO-Erweiterung mehr in Richtung Osten. Zweitens: Keine weitere militär-technische Aufrüstung durch die NATO in unserer Nachbarschaft. Drittens: Rückzug der militär-technischen Infrastruktur der NATO auf den Stand von 1997, als wir die Russland-Nato-Grundakte unterzeichnet haben.“ Mit Blick auf Zusagen des Westens aus der Vergangenheit, sagte Netschajew, im Zuge der Verhandlungen über die deutsche Einheit sei Russland von den internationalen Partnern zugesichert worden, dass sich „die NATO keinen Zentimeter gen Osten ausdehnen wird“. Seit dieser „denkwürdigen Zeit“ seien 14 neue Länder NATO-Mitglied geworden. „Die militärisch-technische Infrastruktur der NATO ist ganz nah an unsere Grenze gerückt. Und in den neuen NATO-Ländern stehen ausländische Truppenkontingente“, so der Botschafter.

Breite Kritik am US-Sanktionskurs in Ukraine-Krise

Parteiübergreifend wird in Deutschland immer massiver Kritik am Vorgehen der US-Regierung laut, die Bundesregierung zu einer klaren Absage an die Gaspipeline Nord Stream 2 zu drängen, die eigenen wichtigen Öllieferungen Russlands an die Vereinigten Staaten aber öffentlich nicht zur Disposition zu stellen. Das berichtet die „Welt“. „Die Frage, ob die umfassenden Öllieferungen Russlands an die Vereinigten Staaten nicht auch Teil eines Sanktionspakets sein müssten, ist legitim“, sagte Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, der „Welt“ dazu. „Wir habe uns darauf verständigt, dass im Fall einer russischen Aggression alle Optionen auf den Tisch gehören können. Wenn alles auf dem Tisch liegt, liegt also nichts neben oder unter dem Tisch“, so Roth. Die Frage, welche konkreten Auswirkungen das auf die Öleinfuhren der USA haben könnte, sollte aber in vertraulichen Gesprächen geklärt werden. Um Russlands Präsident Putin möglichst im Unklaren über etwaige Sanktionen zu lassen, halten sich Berlin und Washington bedeckt, ob eine US-Blockade für russisches Öl Teil der Gegenmaßnahmen sein könnte. Dass sie es sein sollte, fordert der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid: „Wenn man anfängt, über einzelne Punkte wie Nord Stream 2 zu reden, muss man auch über andere einzelne Punkte wie US-Ölimporte aus Russland sprechen“, sagte der außenpolitische Sprecher seiner Fraktion. „Schließlich haben die Russen mit der neuen Pipeline bisher noch keinen Cent verdient, während der Ölexport Putin Milliarden in die Kasse spült.“ Auch die Opposition im Bundestag drängt die Amerikaner, sich offen zur Möglichkeit eines Embargos für russisches Öl zu bekennen. „Sämtliche denkbaren Sanktionen gegen Russland im Falle einer russischen Invasion in die Ukraine müssen gemeinschaftlich von Europa und Amerika getragen werden. Dazu gehört neben dem Aus für Nord Stream 2 auch ein Importstopp russischen Öls nach Amerika“, so de r CDU-Bundestagsabgeordnete und Energiepolitiker Mark Helfrich. „Die USA erweisen sich als doppelzüngig, wenn sie auf die Abhängigkeit Europas von russischem Gas verweisen und gleichzeitig ihre eigenen Ölimporte aus Russland massiv steigern“, sagte der Linken-Politiker und Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie, Klaus Ernst. Und AfD-Co-Fraktionschef Tino Chrupalla erklärt: „Dass die USA Deutschland zum Import von teurem und umweltschädlich geförderten Fracking-Gas aus Amerika nötigen wollen, während sie selber kostengünstiges Öl aus Russland beziehen, ist unter Verbündeten unredlich. Die Bundesregierung muss im Interesse Deutschlands handeln und darf dies nicht widerspruchslos hinnehmen.“ Der CDU-Außenpolitikexperte Roderich Kiesewetter verweist allerdings darauf, dass Gaslieferungen über Nord Stream 2 nicht mit den US-Ölimporten aus Russland verglichen werden könnten: „Russland zielt mit Nord Stream 2 vor allem auf die Ausschaltung der Ukraine aus dem Gastransit nach Europa ab, und es eröffnet Moskau die Option, den politischen und militärischen Druck auf die Ukraine zu erhöhen, ohne das Gasgeschäft mit Westeuropa zu gefährden. Das trifft auf die USA so nicht zu“, so der Bundestagsabgeordnete. „Insofern ist es verständlich, dass die USA Nord Stream 2 als primär politisches Projekt nicht mit eigenen wirtschaftlichen Beziehungen in die Waagschale werfen.“ +++

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