Rohstoffknappheit könnte Konjunkturerholung verlangsamen

BDI fordert wegen Rohstoffknappheit schnelles Handeln der EU

Die derzeitigen Engpässe bei der Versorgung mit Rohstoffen in mehreren Branchen könnten einen schnellen wirtschaftlichen Aufschwung nach der Coronakrise gefährden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). „Vor allem mit dem erneuten Einstieg in die gesellschaftliche und ökonomische Normalisierung infolge der Impffortschritte und der damit einsetzenden Entladung des aufgestauten Konsums halten diese Engpässe die konjunkturelle Erholungsdynamik zurück“, heißt es in dem Papier, über das das „Handelsblatt“ berichtet.

Um die Belastungen der deutschen Wirtschaft durch Lieferengpässe bei Gütern wie Bauholz oder Computerchips zu ermitteln, hat das IW eine Blitzumfrage unter 23 betroffenen Wirtschaftsverbänden durchgeführt. Demnach sehen gut 40 Prozent der befragten Branchenverbände derzeit kurzfristig starke Risiken durch inländische Lieferengpässe. Das gilt zum Beispiel für die Automobil- und Kunststoffindustrie, die Textil- und Lederindustrie, das Baugewerbe oder die Maler und Lackierer. Ein weiteres Drittel der Verbände, wie etwa die Maschinen- und Anlagenbauer, registriert eine mittelschwere Beschränkung. Bei den ausländischen Vorleistungen sei dies nur unwesentlich anders. Die Aussichten für die kommenden Monate werden zwar etwas besser bewertet, liefern aber laut IW keinen Grund zur Entwarnung. „Viele Engpässe werden in den nächsten Monaten verschwinden, einige Problemfälle werden aber länger anhalten“, sagte Hubertus Bardt, Studienautor und Geschäftsführer des IW, dem „Handelsblatt“. „Gerade fehlende Halbleiter können noch länger zu Produktionsausfällen in den unterschiedlichsten Branchen führen.“ Für die Politik sieht Bardt „nicht viel“ Handlungsspielraum. „Sie muss vor allem die Grenzen für den Warenverkehr offenhalten, damit sich die Engpässe so schnell wie möglich auflösen können.“ Kritisch sieht das IW die von mehreren SPD-Landeswirtschaftsministerien ins Spiel gebrachten Exportbeschränkungen. Einen „direkten Eingriff in die Einkaufspolitik der Unternehmen“ dürfe aus der Rohstoffknappheit in der EU nicht abgeleitet werden. „Dies ist unternehmerische Verantwortung“.

BDI fordert wegen Rohstoffknappheit schnelles Handeln der EU

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat die EU angesichts der Knappheit von Rohstoffen zum Handeln aufgefordert. „Die EU ist mit Blick auf die Stärkung ihrer strategischen Souveränität gefordert, sich zügig mit Lieferengpässen und Kapazitätsaufbau zu befassen“, sagte Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung, dem „Handelsblatt“. Die Corona-Pandemie sowie die derzeitigen geringen Transportkapazitäten führten zu hohen Mehrkosten für Transporte über den Seeweg, steigenden Rohstoffpreisen und erheblichen Lieferverzögerungen. „Das verursacht Störungen in den Produktionsabläufen.“ Europa sei bei verschiedenen Rohstoffen „gefährlich abhängig“ von einzelnen Lieferanten oder Liefergebieten, gab Niedermark zu bedenken. Gleiches gelte für die Halbleiterherstellung. „Wegen der Bedeutung von Halbleitern für die Industrie muss Europa verloren gegangene Kompetenzen und Kapazitäten mit staatlicher Unterstützung wieder zurückholen“, mahnte der BDI-Experte. Zumal die Gefahr von Versorgungsengpässen real sei. Digitalisierung, Energiewende und Elektromobilität würden die Nachfrage nach Rohstoffen für Zukunftstechnologien weiter treiben. Auch das Handwerk zeigte sich alarmiert. Die Preisexplosion bei gleichzeitigen massiven Lieferengpässen bei vielen Baumaterialien seien eine „Belastung für die Handwerks- wie die Konjunktur insgesamt“, sagte der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke, der Zeitung. Sollte sich die Situation nicht schnell entspannen, werde sich auch die Konjunktur in den Bau- und Ausbaugewerken eintrüben wie auch bei den industriellen Zulieferern, die sich gerade erst wieder langsam erholten. „Bisher haben vor allem die Bau- und Ausbauhandwerke das Handwerk durch die Pandemie getragen und als Stabilisator für die Konjunktur gewirkt“, so Schwannecke. „Die Politik ist deshalb aufgefordert, alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente einzusetzen, damit  die Verwerfungen auf dem Baumaterialienmarkt nicht zum Konjunkturkiller werden.“ +++

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