Röttgen dringt auf Studie über Rassismus bei der Polizei

Auch in Deutschland gebe es Rassismus

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen

CDU-Vorsitzkandidat Norbert Röttgen hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nahegelegt, seinen Widerstand gegen eine eine unabhängige Studie über mögliche rassistische Tendenzen bei der Polizei aufzugeben. Zwar verstehe er Seehofers Motivation, „aber eine solche Rassismus-Studie, die Erfahrungsberichte von Betroffenen einbezieht, kann ja nur zwei Ergebnisse haben“, sagte Röttgen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Entweder gebe es Handlungsbedarf oder die Studie stärke das Vertrauen in die Polizei. „Folglich würde ich sie in Auftrag geben.“

Auch in Deutschland gebe es Rassismus, sagte Röttgen. „Unsere Polizei verdient Vertrauen, nichts ist vergleichbar mit dem institutionalisierten Rassismus in den USA. Aber auch wir haben Grund, Rassismus aufzuspüren und Veränderung einzuleiten.“ Das gelte für die Gesellschaft wie für staatliche Organe. Das CSU-geführte Bundesinnenministerium hatte erklärt, Seehofer sehe „keinen Bedarf“ für  eine solche wissenschaftliche Studie und begründete dies unter anderem damit, dass Racial Profiling in der polizeilichen Praxis verboten sei. Eine Studie dazu war der Bundesregierung im März in einem Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz nahelegt worden. Entschieden wandte sich Röttgen gegen den Vorstoß der neuen Wehrbeauftragten Eva Högl (SPD), rechtsextremistischen Vorfällen in der Bundeswehr mit einer Wiedereinführung der Wehrpflicht zu begegnen. „Die Wehrpflicht ist kein therapeutisches Instrument“, sagte er. Die einzige Rechtfertigung für die Wehrpflicht sei die Landes- oder Bündnisverteidigung, und die sicherheitspolitische Situation sei heute anders als im Kalten Krieg. „Der Vorschlag der Wehrbeauftragten mit der Zielsetzung, Rechtsextremismus zu bekämpfen, ist daher in jeder Hinsicht untauglich.“

Claudia Roth sieht strukturelles Rassismusproblem in Deutschland

Die Bundestagsvizepräsidentin und ehemalige Grünen-Chefin Claudia Roth sieht in Deutschland ein strukturelles Rassismus-Problem. Mit Blick auf die Anti-Rassismus-Demos nach der Tötung des Schwarzen US-Amerikaners George Floyd sagte Roth dem Nachrichtenportal Watson: „Wir haben auch hier in Deutschland ein strukturelles Rassismus-Problem. Für viele Menschen ist er schmerzhafte alltägliche Erfahrung – ob in der Schule oder Uni, bei Polizeikontrollen, auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Wohnungssuche.“ Auch im deutschen Bundestag gebe es ein Problem im Umgang mit rassistischer Diskriminierung. „Wir haben auch ein Problem in unserem eigenen Laden, dem Bundestag. Wenn ich weiß, wie viele Menschen in unserem Land eine Migrationsgeschichte haben und wie wenige davon im Parlament repräsentiert sind, dann haben wir hier einfach zu wenig Vielfalt“, sagte Roth. Man müsse sich immer und immer wieder gegen die „Normalisierung von Rassismus“ stellen, gerade aus der  sogenannten Mitte der Gesellschaft heraus. „Denn Rassismus ist kein Phänomen der politischen Extreme“, so die Grünen-Politikerin. +++

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