Regierungskoalition hadert mit dem Fall Sami A.

Den tunesischen Behörden liegt bislang kein deutscher Antrag auf Rücküberstellung vor

Bundestag,

Berlin. Die Regierungskoalition hadert mit dem Fall Sami A. Der nach Tunesien abgeschobene islamistische Gefährder wurde am Freitag dort auf freien Fuß gesetzt. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat seine Rückholung bis kommenden Dienstag angeordnet – unter Androhung eines Zwangsgelds von 10.000 Euro gegen die Stadt Bochum, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS). Während der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki am Samstag im Deutschlandfunk sagte, Deutschland müsse nun „versuchen, Sami A. so schnell wie möglich zurückzuholen“, wollten Innenpolitiker der Regierungskoalition nicht so weit gehen.

Philipp Amthor von der CDU sagte der FAS, er gehe davon aus, dass die nächsthöhere Instanz, das Oberverwaltungsgericht Münster, die Rückholung aufheben werde. Er glaube nicht, „dass Sami A. noch einmal vor einem deutschen Gericht darlegen könnte, dass ihm in Tunesien eine menschenrechtswidrige Behandlung droht“. Burkhard Lischka, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, nannte die Gelsenkirchener Entscheidung zwar „bindend für alle deutschen Behörden“, verwies jedoch auf noch laufende Ermittlungen in Tunesien. Deutschland solle dies respektieren und entsprechende gerichtliche Entscheidungen abwarten.

Den tunesischen Behörden liegt bislang kein deutscher Antrag auf Rücküberstellung vor. Ein tunesisches Gericht will nächste Woche darüber entscheiden, ob gegen den Mann eine Ausreisesperre verhängt wird. Seine Anwältin in Deutschland Seda Basay zeigte sich gegenüber der Zeitung zuversichtlich, dass das Gericht einen entsprechenden Antrag ablehnen werde. Sie forderte die deutschen Behörden auf, „meinem Mandanten unverzüglich ein Passersatzpapier und ein Visum zu besorgen, damit er nach Deutschland zurückkehren kann“. +++


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2 Kommentare

  1. Die Behörden, denen jetzt von allen Seiten zu recht Fehler bei den Abschiebungen von Flüchtlingen attestiert werden, unterstehen alle einer politischen Verantwortung! Das BAMF, das in allen derzeit anhängigen Fällen federführend integriert war, untersteht aber dem Innenminister Seehofer. Und er war es, der erst kürzlich einen „C“SU-Spezi – übrigens ohne jede Erfahrung mit der Führung großer Behörden – auf den Chef-Sessel des BAMF gesetzt hatte!
    Und die politischen Verantwortlichen machen wieder Druck, wie schon vor den Bundestagswahlen, die dann zu diesen beklagten Fehlern führen! Bei aufkommender berechtigter Kritik stimmen sie sogar scheinheilig in diese Kritik ein, machen sich dann aber einen schlanken Fuß und stehlen sich aus der Verantwortung! Vielleicht stimmen Sie aber auch nur deswegen – als Beitrag zur Vertuschung – der Kritik zu, weil es gar keine Fehlleistungen waren, sondern Absicht! Schäbig!
    Wir dürfen nicht zulassen, dass der Rechtsstaat weiter ausgehöhlt wird!
    Übrigens:
    ein Rechtsstaat ist per Definitionem ein Staat, in dem sich die staatlichen Organe an Recht und Gesetz halten müssen. Ein starker Staat ist etwas anderes! Traurig, dass man Politker wie Laschet, Seehofer, Söder, Herrmann oder Dobrindt darauf hinweisen muss!
    Und noch etwas:
    Politiker untergraben auch den Rechtsstaat, wenn sie Recht und Gesetz, auch in Form von Gerichtsentscheidungen, ignorieren – z.B. bei der Verhinderung von Dieselfahrverboten in Bayern – , rechtswidrige Aktionen dulden oder gar herbeiführen – wie z.B. bei der Abschiebung von Sami A. -, oder etablierte Rechtswege schlecht reden – z.B. durch Etikettierung als Anti-Abschiebe-Industrie!

  2. Frei übersetzt hieß die Botschaft von Laschet und dem NRW-FDP-Flüchtlingsminister Stamp über den Fall Sami A.: wir können froh sein, dass wir mutige Männer und Frauen in unseren Behörden (Ausländerbehörde, BAMF, Ministerien, etc. ) haben, die entgegen den Vorgaben unseres Rechtsstaates, handeln!
    Wenn selbst ein Ministerpräsident eine solche Sichtweise vertritt, steht er nicht mehr auf dem Boden unseres Grundgesetzes und unserer Rechtsordnung und er gehört abgesetzt! Und dem FDP-Innenminister muß man nur die vernichtende, aber zutreffende Kritik seines Parteifreundes Kubicki um die Ohren hauen! Er sollte sich schämen und zurücktreten!
    Ähnliches muss man wohl auch von Seehofer und dem ihm unterstellten BAMF sagen! Denn Seehofer hat ja erst den Fall Sami A. zur Chef-Sache erklärt, sich dann laufend über den Stand informieren lassen, als dann aber die – ungesetzliche – Abschiebung kräftig in die Hose ging, jede Verantwortung von sich und dem BAMF gewiesen! Ähnlich verlief die kürzliche, ebenfalls ungesetzliche Abschiebung von Nasibulla S. nach Afghanistan!
    Und jetzt schieben alle Beteiligte, der NRW-Flüchtlingsminister, der Bundes-Innenminister und die ihm unterstehenden Bundespolizei und BAMF die Verantwortung hin und her! Schäbig!
    Übrigens: ein Rechtsstaat ist per Definitionem ein Staat, in dem sich die staatlichen Organe an Recht und Gesetz halten müssen. Ein starker Staat ist etwas anderes! Traurig, dass man Politker wie Laschet, Stamp, Seehofer, Söder, Herrmann oder Dobrindt darauf hinweisen muss!

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