Ramelow kritisiert Karliczek für Pandemie-Leitlinien

Städte- und Gemeindebund gegen "Wunschkonzert" in der Pandemie

Bodo Ramelow (Linke)

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) kritisiert, nachdem sie am Montag wissenschaftliche Leitlinien für einen sicheren Schulbetrieb in der Corona-Pandemie vorgelegt hatte. „Frau Karliczek ist Bundesministerin für Bildung – aber sie hat mit Bildung gar nichts zu tun“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Denn die Kultushoheit liege bei den Ländern. „Am Ende müssen wir wieder ganz allein entscheiden, ob wir Präsenz- durch Wechselunterricht ersetzen und ob wir aus dem Wechselunterricht wieder in den Präsenzunterricht übergehen.“ Das „eigentliche Problem“, das zumindest die thüringische Landesregierung umtreibe, sei im Übrigen, „dass ein Teil der Schüler mit seinen Lehrern über längere Zeit gar keinen Kontakt mehr hat“, so Ramelow. Diese Schüler hole man jetzt in kleinen Gruppen wieder in die Schulen. Grünen-Chefin Annalena Baerbock hatte Karliczek zuvor ebenfalls kritisiert. Die Ministerin habe ein Dreivierteljahr gebraucht, aus dem Winterschlaf aufzuwachen, sagte sie. Kohorten-Bildung für Klassen, unterschiedliche Unterrichtszeiten und Masken – all diese Vorschläge seien Schnee von gestern.

Städte- und Gemeindebund gegen „Wunschkonzert“ in der Pandemie

Der Städte- und Gemeindebund hat Egoismus von Interessengruppen in der Pandemiebekämpfung beklagt. „Wir brauchen kein Wunschkonzert, sondern gemeinsame Solidarität“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es vergeht derzeit kein Tag, an dem nicht bestimmte Gruppen und Organisationen neue Forderungen stellen, die aus ihrer jeweiligen Sicht ganz besonders wichtig sind.“ Alle Gruppen, die im Lockdown Nachteile erlitten, forderten immer mehr und bessere Leistungen, ohne dass die Leistungsfähigkeit des Staates und der spätere Ausgleich auch nur erwähnt würden, kritisierte Landsberg. „Der Kinderbonus von 150 Euro oder der entsprechende Betrag für Hartz IV Empfänger ist dann natürlich zu wenig. Die Bereitstellung von FFP2-Masken soll für alle und auf Dauer kostenlos sein.“ Außerdem werde beklagt, dass die massiven Hilfen für die Wirtschaft „natürlich zu langsam fließen und zu wenig sind“. Landsberg nahm auch Bezug auf die Impfstrategie. Obwohl die Produktionskapazitäten weltweit begrenzt seien, würden ständig bevorzugte Impfungen verlangt, beklagte er. „Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, Angehörige sonstiger systemrelevanter Gruppen – dabei wissen alle, dass es noch dauern wird, bis ausreichend Impfstoffe bereitstehen.“

CDU-Gesundheitspolitiker will strengen Stufenplan für Öffnungen

Der CDU-Gesundheitspolitiker Rudolf Henke hat vor zu schnellen und überstürzten Lockerungen der Corona-Beschränkungen gewarnt. Es brauche einen Stufenplan mit strengen Kriterien, sagte er am Dienstag im RBB-Inforadio. „Stufenplan heißt in meinen Ohren, dass wir sagen: Wenn die Inzidenz unter zehn ist, dann können wir unter kontrollierten Verhältnissen jede Begegnung im Freien wieder ermöglichen und auch viele Begegnungen in geschlossenen Räumen.“ Die Gesundheitsämter blieben parat. „Sie isolieren Infizierte und sie schicken Kontaktpersonen in Quarantäne; bei jedem Verdacht wird getestet. Wenn wir unter solchen Bedingungen über 20 steigen, dann müssen wir in den Bereichen, wo die meisten Begegnungen in geschlossenen Räumen stattfinden, wieder zu machen.“ Das bedeute, dass dann Restaurants und Kinos getroffen seien. „Wenn wir über 35 steigen, tritt der nächste Steigerungsschritt ein. Und insofern würde ich schon befürworten, dass man einen Stufenplan m  acht und dass die Stufen bei 10, 20, 35, 50 und dann natürlich bei 100 liegen.“

Krankenhausbetreiber für Lockerungen mit Augenmaß

Die Krankenhausbetreiber in Deutschland haben die Politik dazu aufgerufen, bei möglichen Lockerungen der Pandemie-Auflagen Augenmaß walten zu lassen. „Wenn die Politik am Mittwoch kluge Stufenpläne zur behutsamen Öffnung entwickelt, kann sie den Menschen positive Perspektiven vermitteln“, sagte der designierte Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die bisherigen Maßnahmen im Kampf gegen Corona wertete Gaß als Erfolg: „Der Lockdown wirkt und die Inzidenzwerte sinken kontinuierlich.“ Inzwischen würden rund ein Drittel weniger Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen behandelt als auf dem Höhepunkt der zweiten Infektionswelle Anfang Januar. Parallel dazu werde es in den kommenden Wochen „trotz holprigem Impfstart gelingen, die besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu schützen“, zeigte er sich überzeugt. Bei Entscheidungen über Lockerungen spiele die Leistungsfähigkeit  der Krankenhäuser „eine zentrale Rolle“. Mit dem Auslaufen der staatlichen Corona-Zahlungen an die Kliniken Ende September und der fast zeitgleich einsetzenden zweiten Pandemiewelle können sich inzwischen „kein Krankenhaus in Deutschland mehr darauf verlassen, sicher und wirtschaftlich unbeschadet durch das Jahr 2021 zu kommen“. In allen Krankenhäusern herrsche Sorge, „zahlreiche Kliniken sind absehbar in ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtigt“, kritisierte der designierte DKG-Hauptgeschäftsführer. +++

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