Neuer Unions-Vorschlag für Wahlrechts-Reform

Zusammensetzung der Parteien - Die Erststimme fällt völlig unter den Tisch

Mit einem neuen Vorschlag zur Änderung des Wahlrechts haben sich 24 CDU-Abgeordnete an Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) gewandt. In dem zweiseitigen Schreiben, über das die „Bild“ berichtet, heißt es: „Wir schlagen daher vor, dass wir das Wahlrecht so ändern, dass der Deutsche Bundestag die vorgesehene Größe von 598 Abgeordneten erreicht. Dies entspricht einem Gleichgewicht von Mehrheits- und Verhältniswahlrecht und einer gleichen Gewichtung von Erst- und Zweitstimme.“

Und so soll es gehen: Die Zahl der 299 Wahlkreise bleibt unverändert. Der Wähler stimmt mit seiner Erststimme wie bisher über den Direktkandidaten des Wahlkreises ab. Mit der Zweitstimme werden die Parteien gewählt, die dann gemäß ihrer Stärke die verbleibenden 299 Sitze im Bundestag erhalten. Der Vorteil dieses so genannten „Grabenwahlsystems“ aus zwei verschiedenen, aber nicht mit einander verrechneten Wahlverfahren (Personen- und Verhältniswahlrecht): Es entstehen keine Überhang- und Ausgleichsmandate, und der Bundestag erreicht immer die vom Bundeswahlgesetz vorgesehene Größe von 598 Abgeordneten. Nachteil: Parteien, die nur wenige oder keine Direktmandate erringen, sind schwächer repräsentiert als jetzt. Der CDU-Innenexperte Axel E. Fischer beschreibt die Idee dahinter: „Aus 299 Wahlkreisen ziehen 299 Abgeordnete in den Deutschen Bundestag. Über die Landesliste sollen ebenfalls 299 Abgeordnete gewählt werden; bei der Bundestagswahl 2017 waren es jedoch 410, also 111 mehr, als vorgesehen. Das sind über 37 Prozent mehr Listenabgeordnete, als vorgesehen. Wir haben also kein Problem mit den Wahlkreisen, sondern mit den Listen.

Beim aktuellen Wahlrecht entscheidet alleine die Zweitstimme über die Zusammensetzung der Parteien im Parlament. Die Erststimme fällt dabei völlig unter den Tisch. Das ist ein inakzeptabler Zustand. Zudem kennen viele Wähler den Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme nicht.“ Mit dem neuen Vorstoß liegt erstmals ein Vorschlag auf dem Tisch, der die Zahl der Sitze exakt auf die im Bundeswahlgesetz vorgeschriebene Größe begrenzen würde. Zu den Unterstützern dieser Idee des CDU-Innenpolitikers Axel Fischer gehören u.a. der mächtige Chef-Haushälter der Union, Eckhard Rehberg (CDU), Finanzexperte Olaf Gutting (CDU) und Verkehrsstaatssekretär Norbert Barthle (CDU). Nach „Bild“-Informationen unterstützen auch SPD-Abgeordnete den Vorstoß. Die bisherigen Vorschläge von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) bzw. von FDP, Linken und Grünen zur Reform des Wahlrechts liefen im Kern stets auf eine Reduzierung (und damit Vergrößerung) der bislang 299 Wahlkreise hinaus und behielten das Prinzip der Ausgleichs- und Überhangmandate bei. Der aktuelle Bundestag hat 709 Abgeordnete und ist etwa eine Milliarde Euro teurer als ein Parlament mit den regulären 598 Sitzen. +++