Nachtragshaushalt für 2023 soll etwa 40 Milliarden Euro betragen

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)

Der von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) angekündigte Nachtragshaushalt für 2023 wird ein Volumen von rund 40 Milliarden Euro haben. Das berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf Koalitionskreise. Damit steigt die Neuverschuldung des Bundes dieses Jahr auf insgesamt mehr als 85 Milliarden Euro. Die Summe des Nachtragshaushalts umfasst die absehbar bis Jahresende aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) abfließenden Energiepreishilfen und die Mittel aus dem Sondervermögen für den Wiederaufbau des Ahrtals nach der Flutkatastrophe. Bei den 40 Milliarden Euro handelt es sich nicht um frische Kreditermächtigungen. Tatsächlich sind die Hilfen zum größten Teil schon im Verlauf des Jahres aus den Sondervermögen abgeflossen. Beim WSF sollen dies nach „Spiegel“-Informationen allein 37 Milliarden Euro gewesen sein. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil von vergangener Woche, das den Sondervermögen die rechtliche Grundlage entzog, ist Lindner nun  gezwungen, die erfolgten Zahlungen gleichsam im Nachhinein durch einen Nachtragshaushalt zu legalisieren.

SPD will Schuldenbremse auch für 2024 aussetzen

SPD-Chef Lars Klingbeil fordert, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse auch für 2024 auszusetzen. „Ich finde es politisch richtig, die Notlage für 2023 zu erklären. Und ich finde, es gibt viele politische Gründe, sie auch für 2024 zu erklären“, sagte Klingbeil in einem Interview dem „Handelsblatt“. Als Begründung nannte er die „Nachwehen der Pandemie“, die Energiekrise, die Inflation sowie den Krieg in der Ukraine und die Situation in Nahost. „Und nun sind durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil ein Teil der Antworten, die wir gegeben hatten, in Frage gestellt worden“, fügte Klingbeil hinzu. Am Donnerstag hatte die Bundesregierung erklärt, für 2023 erneut eine „außergewöhnliche Notlage“ auszurufen, um in diesem Jahr höhere Schulden machen zu können. Sie reagierte damit auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die von der FDP zur Haushaltskonsolidierung vorgeschlagenen Sozialkürzungen lehnt Klingbeil dagegen strikt ab. “ Solche Vorschläge kommen meist von denjenigen, die schon immer einen starken, handlungsfähigen Sozialstaat in Frage gestellt haben“, sagte er. Klingbeil schlägt stattdessen vor, „viele Milliarden Euro“ an klimaschädlichen Subventionen abzubauen, so wie es auch bereits im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. „Da müssen jetzt die Vorschläge auf den Tisch“, sagte er. Der SPD-Chef machte sich auch dafür stark, die Steuern für Multi-Millionäre und Milliardäre zu erhöhen – „nicht aus Jux und Tollerei“, sondern um gezielte Investitionen zu ermöglichen. Klingbeil hofft zudem, dass nach dem Urteil eine Reform der Schuldenbremse innerhalb der Koalition realistisch ist. „Die Schuldenbremse bremst gerade wichtige Investitionen aus. Wenn selbst Wirtschaftsexperten, die nicht im Verdacht stehen, der Sozialdemokratie nahe zu stehen, eine Reform vorschlagen, sollten wir uns in der Ampel auf diesen Weg einlassen.“

Nach Haushaltsurteil: Habeck lädt Länderkollegen zum Krisentreffen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lädt die Wirtschafts- und Energieminister der Bundesländer zu einem Krisengipfel ein. Die 16 Landesvertreter sollen am Montag nach Berlin kommen, um über die Folgen des Haushaltsurteils des Verfassungsgerichts für die Förderung von Großprojekten zu sprechen, wie der „Spiegel“ am Donnerstag berichtet. In den Ländern gibt es Befürchtungen, dass finanzielle Unterstützung wegfallen und Milliardenprojekte dadurch in Schieflage geraten könnten. Bei dem Treffen wolle man über „die Konsequenzen und geeignete Maßnahmen“ nach dem Urteil aus Karlsruhe beraten, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Dort wird derzeit mit großem Nachdruck geprüft, welche geplanten Förderprojekte durch den Richterspruch und die im Anschluss verhängten Haushaltssperren betroffen sind.

Junge-Union kritisiert Wegner für Reformvorschlag zur Schuldenbremse

Die Forderung von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) nach einer Reform der Schuldenbremse stößt parteiintern auf heftigen Gegenwind. „Wir müssen in der Union sehr gut aufpassen, in der Finanzpolitik nicht Rhetorik und Inhalte der politischen Linken zu übernehmen“, sagte der Junge-Union-Chef Johannes Winkel dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Fakt ist, dass der Staat mit circa 900 Milliarden Euro Steuereinnahmen mehr Geld zur Verfügung hat als jemals zuvor – ein Plus von 33 Prozent im Zehn-Jahres-Vergleich“, sagte der CDU-Politiker. Winkel forderte Einsparungen im Bundeshaushalt und im Haushalt der Berliner Landesregierung. „Momentan wird der Eindruck erweckt, es sei geradezu verboten, aus dem regulären Haushaltsvolumen Investitionen in Infrastruktur vorzunehmen“, sagte er. „Das Problem dieses Rekordhaushalts ist, dass Milliarden für neu geschaffene Sozialleistungen mit anhängiger Bürokratie ausgegebenen werden. Da gibt es sowohl im Bund als auch in Berlin Einsparpotenzial.“ Die Schuldenbremse sei der einzige Hebel für eine Finanzpolitik, die nicht völlig zu Lasten der jungen Generation gehe. „Die Boomer-Generation muss verstehen: Das Prinzip Gießkanne ist vorbei“, sagte der JU-Chef. Winkel verlangte weiter Neuwahlen im Bund. „Christian Lindner hat nach der Haushaltskrise in Nordrhein-Westfalen 2012 gesagt: ‚Lieber neue Wahlen, statt neue Schulden.‘ Neuwahlen braucht Deutschland nun auch auf Bundesebene.“ +++


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