Missbrauchsopfer fordern Milliarden von katholischer Kirche

Wissenschaftler gehen von mehr als 100.000 Geschädigte aus

Bei einem von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) organisierten Arbeitstreffen haben prominente Vertreter von Missbrauchsopferverbänden nach eigenem Bekunden Entschädigungszahlungen in Milliardenhöhe von der katholischen Kirche gefordert. Das berichtet der „Spiegel“. Am „Kick-off-Workshop“ am vergangenen Montag in Bonn hätten 28 Expertinnen und Experten teilgenommen – neben Betroffenen auch Wissenschaftler, psychologische Berater und Mitarbeiter des Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung. Als Vertreter der DBK sei der Kölner Weihbischof Ansgar Puff zugegen gewesen, berichtet das Nachrichtenmagazin weiter.

Der Workshop gilt als Auftakt zur Überarbeitung des Entschädigungsverfahrens für kirchliche Missbrauchsopfer, wie es der deutsche Episkopat nach der Veröffentlichung der bischöflichen Missbrauchsstudie im vergangenen Herbst zugesagt hatte. Der Studie zufolge wurden in den vergangenen Jahrzehnten 3.677 Kinder und Juge ndliche von 1.670 beschuldigten katholischen Klerikern missbraucht. Wissenschaftler gehen von einer Dunkelziffer von mehr als 100.000 Geschädigten aus. Bei dem Treffen in Bonn hätten Betroffene Einmalzahlungen von 300.000 Euro als Entschädigung gefordert – pro Opfer, berichtet das Magazin weiter.

Viele Missbrauchsopfer sind infolge psychischer Krankheiten nur bedingt arbeitsfähig. Die bislang von der Kirche gewährten „Leistungen in Anerkennung zugefügten Leids“ von in der Regel maximal 5.000 Euro werden von Experten seit Langem kritisiert, genauso wie das bisher intransparente Entschädigungsverfahren. Nach dem Wunsch der Betroffenenvertreter soll künftig eine interdisziplinäre Expertenkommission über die Gewährung der Einmalzahlungen entscheiden.

Der Umgang mit den Skandalen um sexuellen Missbrauch sei „nicht immer glücklich“ gewesen, kritisierte indes der emeritierte Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen. Die Kirche habe sich zu sehr um die Täter gekümmert. „Das war ein großer Fehler“, sagte Algermissen der dpa. Wenn die Täter versetzt und behandelt worden seien, sei es wenig später „wieder schiefgegangen“. „Pädophilie ist nicht zu kurieren“, sagte er weiter. Algermissen sieht bei sich selbst keine Versäumnisse. Er sei mit Härte gegen Täter vorgegangen. +++