„MeTwo“-Initiative stößt auf Zuspruch und Kritik

Sie sei nur ein "erster Schritt"

#MeTwo

Berlin. Die im Internet unter dem Schlagwort #MeTwo gesammelten Rassismuserfahrungen befeuern auch im politischen Berlin die Debatte über Fehler und Versäumnisse bei der Integration. „Leider gibt es Alltagsrassismus in Deutschland, das zeigen auch die vielen #MeTwo-Schilderungen ganz eindeutig“, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann Mauz, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Die CDU-Politikerin sieht hier jeden einzelnen Bürger in der Pflicht. Von allen sei „eine klare Haltung gefragt“, so Widmann-Mauz. „Das fängt bei der Sprache an, geht über ein klares Nein zu Diskriminierung in der Schule, bei Bewerbungen, am Arbeitsplatz bis in den Alltag eines jeden von uns.“ Es brauche in Deutschland eine „Kultur des Widerspruchs“. Nach Ansicht von Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, offenbarten die unter #MeTwo veröffentlichten Rassismuserfahrungen „einen großen Schmerz, den wir nicht einfach ignorieren oder relativieren dürfen“. Selbstkritisch räumte der SPD-Politiker gegenüber dem RND ein: „Trotz aller Erfolge rächt sich, dass wir niemals in Deutschland eine breite gesellschaftliche Verständigung darüber gesucht haben, was uns zusammenhält.“ Es müsse die Frage verhandelt werden, wie viel Gemeinsamkeit in einer immer bunter werdenden Gesellschaft nötig und wie viel Vielfalt möglich sei, forderte Roth. Wichtig sei auch der Ton in der Debatte: „Politik muss weniger technisch und abwehrend, sondern stärker empathisch und einladend argumentieren“, sagte Roth. Die FDP fordert einen stärkeren Fokus auf positive Beispiele. „Es braucht mehr sichtbare Vorbilder für gelungene Integration – etwa im öffentlichen Dienst – und mehr gegenseitige Wertschätzung“, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle. „Wir müssen uns stärker bemühen, Menschen mit Migrationshintergrund zu Verbündeten beim Eintreten für das demokratische Gemeinwesen zu machen.“

Die Türkische Gemeinde Deutschland äußerte sich zufrieden über die #MeTwo-Initiative. Sie sei jedoch nur ein „erster Schritt“ hin zu einer breiteren Debatte über Rassismus, sagte ihr Vorsitzender Gökay Sofuoglu. Auch er habe Diskriminierungserfahren geteilt. „Es ist erstaunlich, wie die Erfahrungen der Menschen von einigen relativiert und in Abrede gestellt werden“, so Sofuoglu. „Allein das zeigt, dass wir eine Debatte über Rassismus führen müssen.“ Grünen-Chef Robert Habeck hatte zuvor gegenüber dem RND vor einer „emotionalen Ausbürgerung“ gewarnt. „Die Gesellschaft fällt in lauter Grüppchen und Individuen auseinander“, sagte Habeck. „Zu viele fühlen sich nicht verstanden, gesehen und anerkannt – nicht selten sind es Menschen mit Migrationsgeschichte.“ Man dürfe sie deshalb nicht ausgrenzen. „Im Land ihrer Vorfahren gelten sie als Deutsche, hier aber ist es genau umgekehrt. Solche Erfahrungen können heimatlos machen.“ +++