Merz hört mit: Quo vadis, Domina?

Quo Vadis, EU

Gerhard Merz

Fulda/ Gießen. Als der damals noch nicht heilige Petrus seinen Meister Jesus fragte: „Quo vadis, domine?“ antwortete dieser: „Na ja, erst mal nach Mekka, dann über den Rubikon nach Canossa und danach schaue ich mal, was in Waterloo so abgeht.“ So jedenfalls wollen es die – allerdings apokryphen – Acta Papyrrhi.

Seit diesen mythischen Ursprüngen bewegt die „Quo-vadis“-Frage die Menschheit. Ob Jesus seinerzeit Auto fuhr, darf bezweifelt werden, aber wenn, dann hätte ihn die Frage „Quo vadis, Diesel?“ sicher ebenso in eine Sinnkrise gestürzt wie weite – nämlich die dieselfahrenden – Teile der Menschheit heute und die Antwort auf die Frage, ob er mit diesem Gefährt, dem der Schwefelgestank des Teufels so sicher folgt wie dieser, nämlich der Teufel, das Weihwasser meidet, ob er also auf dem Weg vom Rubikon nach Waterloo erst bei der Trattoria Quo Vadis in Mühlheim an der Ruhr oder in den gleichnamigen in Wertheim am Main oder Zell an der Mosel vorbeischauen oder lieber doch einen Abstecher bei der Quo Vadis Game Developer Conference machen sollte, wäre nicht leichter gefallen. Hätte er aber zwischendrin noch das VDI-Expertenforum „Luftreinhaltung – quo vadis“ besucht, wäre er der Lösung seines Diesel-Problems sicher nähergekommen und seine Reise wäre fürderhin mit Quo Vadis Boat & Bike“ fortgesetzt worden.

Kein Zweifel kann aber daran bestehen, dass er die Evangelien, wenn nicht die Evangelisten unter Bruch des Copyrights seine Worte bereits raubgedruckt gehabt hätten, im Quo Vadis Verlag in 77883 Ottenhöfen verlegt hätte, wo sie dann eine erfreuliche Ergänzung zu dem Blockbuster „Der unvergleichliche Jesus“ dargestellt hätten. Allerdings hätte die Lektüre des im gleichnamigen Verlag erschienenen Grundlagenwerks „Gesellschaft am Scheideweg – Das kleine 1×1 für Liebende (und solche, die es waren)“ die Antwort auf die „Quo vadis“-Frage nicht eben einfacher gemacht.

Ist demzufolge bereits der Urheber der „Quo Vadis“-Frage mit deren Beantwortung auf das Äußerste ge- wenn nicht überfordert, so erst recht der Mensch, der sich ja schon an einem stinknormalen Scheideweg (http://www.gerhard-merz.de/kolumne/merz-h%C3%B6rt-mit-%E2%80%93-quo-vadis-scheideweg) nicht entscheiden kann, wo’s langgehen soll. Kein Wunder also, dass die Frage aller Fragen von überall her schallt. Dabei ist „Cannabis – quo vadis“ noch eine der leichteren Fragen, die einem jeder niederländische Coffie-Shop beantwortet wird. Was aber die Antwort im Falle von „Quo Vadis Collies“ resp. „Quo Vadis Corgies“, „Euroclearing – Quo vadis“, „Quo Vadis, Völkerkundemuseum“ oder gar „Quo Vadis, EU“, das ist eine Frage, die weder die Heinrich-Böll-Stiftung zu beantworten weiß noch möglicherweise Jesus selbst zu beantworten gewusst hätte, hätte sie sich ihm gestellt bzw. wäre sie ihm gestellt worden.

Was freilich ist all dies gegen die Frage, vor der der Sozialdemokrat als solcher – und natürlich auch die Sozialdemokratin als solche – in diesen Tagen steht? Quo vadis, SPD? War je eine Frage schicksalsschwerer, je eine Entscheidung bedeutungsvoller als die zwischen YoGRoKo und NoGroKO? Ergeht es der Partei nicht wie Buridans Esel, sich nicht entscheiden könnend, ob sie rechts von den Fleischtöpfen der Macht oder links von den veganen Gemüsetöpfen der Ohnmacht fressen soll? Und schon stellt sich die andere große Frage: Quo vadis, Andrea Nahles? So wie die Dinge liegen, muss sie aufpassen: am Scheideweg zwischen „Hosianna“ und „Kreuziget sie“. Quo vadis, Domina? +++ gerhard merz