Merkel erwartet Lockerungen „in absehbarer Zeit“

SPD-Rechtspolitiker warnt vor "Diskriminierung" von Nichtgeimpften

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Angela Merkel (CDU).

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht Hoffnung, dass die gerade erst gezogene „Bundes-Notbremse“ in Kürze schon wieder gelockert werden kann. „Ich bin überzeugt: Wenn es uns jetzt gelingt, die Infektionen deutlich und schnell zu senken, sind in absehbarer Zeit Lockerungen Schritt für Schritt möglich“, sagte Merkel in ihrem am Samstag veröffentlichten Video-Podcast. Die bundeseinheitliche Notbremse sei das Instrument, die dritte Welle zu brechen und die Überlastung unseres Gesundheitssystems zu verhindern. „Weniger belastende Wege“ dazu gibt es nach Worten der Kanzlerin nicht. „Die Maßnahmen, die die Notbremse vorsieht, sind hart“, räumte sie ein. Das sei ihr und allen Kollegen in der Bundesregierung wie im Deutschen Bundestag und auch im Bundesrat „in jedem Moment unserer Beratungen bewusst“, so die Kanzlerin.

Justizministerin will mehr Freiheiten für Geimpfte

Wer gegen das Coronavirus geimpft ist, sollte nach Auffassung von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) auch bald wieder zu mehr Normalität zurückkehren können. „Wenn feststeht, dass eine Impfung nicht nur vor einer Erkrankung schützt, sondern auch die weitere Übertragung des Virus verhindern kann, muss das bei den Maßnahmen berücksichtigt werden“, sagte Lambrecht dem „Handelsblatt“. „Das ist kein Privileg für Geimpfte, sondern ein Gebot der Verfassung.“ Die Ministerin verwies auf die jüngsten Änderungen im Infektionsschutzgesetz. Danach sei die Bundesregierung „ausdrücklich“ dazu ermächtigt worden, „besondere Regelungen, Ausnahmen und Erleichterungen für Personen festzulegen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus auszugehen ist“. Es sei deshalb besonders wichtig, dass diese Fragen nun auch im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag erörtert werden. Die Frage, welche Beschränkungen für Geimpfte wegfallen könnten, steht bei dem für Montag geplanten Bund-Länder-Treffen im Zentrum. Lambrecht wies darauf hin, dass in kürzester Zeit wirksame Impfstoffe entwickelt worden seien und immer mehr Menschen von diesem Schutz profitierten. „Sie fragen sich zu Recht, welche Freiheiten sie nach einer Impfung wieder ausüben können“, betonte die Ministerin. Das sei „keine theoretische Frage mehr“, und deshalb müsse die Politik darauf jetzt auch „praktische Antworten“ geben.

SPD-Rechtspolitiker warnt vor „Diskriminierung“ von Nichtgeimpften

Vor dem Impfgipfel am Montag dringen Koalitionspolitiker auf Erleichterungen für Geimpfte und Genesene. „Wenn von einer Person keine Gefahren ausgehen, kann der Staat ihr gegenüber keine Verbote aussprechen oder Auflagen erteilen“, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, dem „Handelsblatt“. Wichtig sei aber, dass auch in Zukunft Nichtgeimpften weiterhin Dienstleistungen der Daseinsvorsorge wie etwa Supermärkte, Pflegedienste, Busse und Bahnen offenstehen. „Hier darf es zu keiner Diskriminierung kommen.“ Fechner wies auch darauf hin, dass weder ein negativer Test noch eine Impfung hundertprozentige Sicherheit böten. „Regeln wie Abstand, Hygiene und das Tragen medizinischer Schutzmasken müssen darum zumindest derzeit noch für Geimpfte wie negativ getestete Personen weitergelten“, sagte er. „Alle Dienstleistungen und Einrichtungen, die nach heutiger Rechtslage negativ Getesteten offenstehen, sollten aber auch für Geimpfte geöffnet werden.“ Handlungsbedarf sieht auch der rechtspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak (CDU). „Wenn Studien nun bestätigen, dass Menschen nach einer Impfung nicht mehr infektiös sind, dann müssen die Beschränkungen zurückgenommen werden“, sagte Luczak dem „Handelsblatt“. Das sei aus seiner Sicht verfassungsrechtlich zwingend, denn dann gebe es für diese Grundrechtseingriffe keinerlei Legitimation mehr. Luczak forderte rasch eine entsprechende Rechtsverordnung des Bundes. „Diese Verordnung muss jetzt schnell kommen und festlegen, in welchen Bereichen Geimpfte nach der wissenschaftlichen Datenlage nicht mehr infektiös sind und daher wieder ihre grundrechtlichen Freiheiten ausüben können“, sagte er. +++

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