Lufthansa-Rettung: CSU-Generalsekretär attackiert EU-Kommission

Bund darf eigene Lufthansa-Aufsichtsräte nicht selbst benennen

Der Streit zwischen Deutschland und der EU-Kommission wegen möglicher Auflagen bei der Lufthansa-Rettung verschärft sich. „Die EU-Kommission ist auf dem Holzweg“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume dem „Handelsblatt“. „Einerseits astronomische Milliardenhilfen zur Stärkung der europäischen Wirtschaft einfordern, andererseits die Lufthansa an die Kette legen wollen – das geht nicht zusammen“, so Blume. Die EU-Kommission müsse diese Blockadehaltung dringend überdenken. „Wir brauchen einen konstruktiven Geist in Europa, gerade auch in Brüssel.“

Der CSU-Generalsekretär drohte indirekt damit, dass ansonsten Deutschlands Bereitschaft nachlassen könnte, sich an europäischen Hilfsprogrammen wie dem Corona-Wiederaufbaufonds zu beteiligen. „Nur mit einer starken Wirtschaft kann Deutschland auch anderen helfen. Wer die deutsche Wirtschaft schwächt, schwächt Europa“, sagte Blume. Damit verfehle die EU-Kommission ihren Auftrag. „Und mit Blick auf die öffentliche Akzeptanz ist es ein Gebot politischer Klugheit, unsere Bereitschaft zu helfen jetzt nicht auf eine zu große Probe zu stellen“, warnte Blume die EU-Kommission. „Wir erwarten von der EU-Kommission mehr ökonomische und politische Klugheit“, sagte der CSU-Generalsekretär. Im europäischen Luftverkehr habe man aktuell kein Wettbewerbsdefizit, sondern erlebe einen weltweiten Nachfrageschock. Die Lufthansa hat die von der Bundesregierung geplante Staatshilfe von neun Milliarden Euro vorerst nicht angenommen wegen möglicher Auflagen der EU-Kommission.

Bund darf eigene Lufthansa-Aufsichtsräte nicht selbst benennen

Das Vorschlagsrecht für die Besetzung der beiden Aufsichtsratsmandate, die der Bund im Zuge der Lufthansa-Rettung übernehmen soll, wird nicht beim Staat, sondern beim Unternehmen liegen. Das geht aus einer internen Aufstellung der Rettungsmaßnahmen aus dem Bundesfinanzministerium hervor, über die die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ in ihren Freitagausgaben berichten. „Die Bundesregierung wird zwei Mitglieder an den 20-köpfigen Aufsichtsrat entsenden. Ähnlich dem Airbus-Modell liegt das Vorschlagsrecht hierfür beim Aufsichtsratsvorsitzenden der Lufthansa, der dem Bund für beide Mandate jeweils zwei Kandidaten vorschlägt, von denen der Wirtschaftsstabilisierungsfonds jeweils einem Kandidaten zustimmen muss“, heißt es in dem Dokument wörtlich. „Die Kandidaten sollen nach fachlicher Kompetenz ausgewählt werden.“ Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) ist das Finanzvehikel, mit dem der Bund die staatlichen Hilfen für Unternehmen abwickelt, die wegen der Coronakrise in Schieflage geraten sind. Nach wochenlangen Verhandlungen hat der Bund der Lufthansa am 25. Mai ein rund neun Milliarden Euro schweres Stützungspaket angeboten, das der Aufsichtsrat des Unternehmens aber noch nicht angenommen hat. Der Bund soll für seinen Finanzhilfen 20 Prozent der Lufthansa-Aktien bekommen sowie zwei Vertreter in den Aufsichtsrat des Unternehmens entsenden. Über die Aufsichtsratsmandate hatte es heftigen Streit gegeben.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte Vertreter des Bundes in dem Kontrollgremium strikt abgelehnt und vor einer „staatlich gelenkten Lufthansa“ gewarnt. Auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) war dagegen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hingegen hatte darauf gepocht, dass der Bund angesichts seines Milliarden-Engagements eine angemessene Vertretung in dem Aufsichtsgremium bekommen müsse. Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums ist die nun gefundene Lösung ein akzeptabler Kompromiss, zumal bei der staatlichen Beteiligung am europäischen Flugzeugbauer Airbus ähnlich verfahren werde. Das Unterstützungspaket trage sowohl den Anforderungen des Unternehmens und seiner 135.000 Beschäftigten als auch „den berechtigten Bedürfnissen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“ Rechnung, teilte ein Sprecher des Finanzministeriums auf RND-Anfrage mit. „Der Bund sichert sich unter anderem eine Sperrminorität, um eine feindliche Übernahme der Lufthansa zu verhindern, und entsendet zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat, um die Belange der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im Blick zu behalten.“ Kritik kommt von der Opposition. „Bundesregierung hat sich bei der Besetzung der Aufsichtsratsmandate vom Management und den Aktionären der Lufthansa kaltstellen lassen“, sagte der haushaltspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler. „Die Bundesregierung kann ihre Vertreter im Aufsichtsrat nicht selbst bestimmen, sondern bekommt diese vom Aufsichtsratschef der Lufthansa ausgesucht und vorgeschlagen. Kein privater Investor würde sich so etwas bieten lassen“, so Kindler weiter.

„Wie kann man sich selbst so kleinmachen? Hat die Bundesregierung noch einen Funken an Selbstachtung?“ Kindler warf CDU und CSU „Konzern-Lobbyismus“ zu Lasten der Steuerzahler vor. „Die Einigung zwischen Lufthansa und Bundesregierung ist ein schönes Geschäft für die Aktionäre und ein schlechter Deal für die Steuerzahler“, so der Grünen-Politiker. „Der Bund soll nun mit neun Milliarden an Steuergeldern ins Risiko gehen, obwohl das Unternehmen an der Börse nur vier Milliarden Euro wert ist.“ Der Staat trage das volle Risiko jeder Unternehmensentscheidung, sei aber bei allen Grundsatzentscheidungen nur passiver Zuschauer, kritisierte der Haushaltspolitiker. „Kein Kaufmann bei Verstand würde so ein schlechtes Geschäft abschließen. Die Bundesregierung hat sich bei der Lufthansa-Rettung in weiten Teilen die Bedingungen vom Management der Lufthansa diktieren lassen.“ +++