Lauterbach: Bundesweit 2G einzige Alternative zu Lockdown

Konfliktforscher fürchtet Radikalisierung wegen Impfzwang-Debatte

Eine bundesweite Einführung der 2G-Regel ist nach Einschätzung des SPD-Gesundheitspolitikers Karl Lauterbach die einzige Alternative zu einem neuen Lockdown, um eine Trendwende bei den Corona-Infektionen zu erreichen. „Wir brauchen entweder einen Lockdown oder eine 2G-Regel, und einen Lockdown wird es nicht mehr geben“, sagte der SPD-Gesundheitspolitiker dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Eine deutschlandweite Einführung der 2G-Regel (Zutritt nur für Geimpfte und Genesene) sei im Bund jedoch ohne die Länder nicht durchzusetzen. „Ich rate daher jeder Landesregierung zur Einführung von 2G. Die Voraussetzungen sind da“, erklärte Lauterbach.

„In allen Bereichen außer in der Grundversorgung sollten wir in ganz Deutschland eine 2G-Regel mit Kontrollen durchsetzen, von Bayern bis Schleswig-Holstein.“ Die Kritik des geschäftsführenden Kanzleramtschefs Helge Braun (CDU), die Ampel-Parteien hätten es versäumt, bundesweite Regeln zu schaffen, wies Lauterbach zurück. Braun sei bewusst, dass es an den Bundesländern liege, die 2G-Regel durchzusetzen. „Wir müssen wieder weg von der Parteipolitik und das Notwendige knallhart und gemeinsam durchsetzen“, forderte er. Auch der Marburger Bund mahnte: „Sollten wir keine bundesweite 2G-Regel einführen, wäre das der nächste Fehler in der Pandemiebekämpfung.“ 2G müsse jetzt Standard werden, forderte Verbandschefin Susanne Johna. Sie betonte ferner: „Alle Impfzentren zu schließen, wie das die meisten Länder gemacht haben, war falsch.“ Und es sei auch ein Fehler gewesen, dass die Politik zu Beginn der Pandemie eine Impfpflicht ausgeschlossen hat. „Der Ausschluss der Impfpflicht suggeriert die Sicherheit, dass sich die Pandemie auch ohne die Impfung der ganzen Bevölkerung gut bewältigen lässt. Dabei konnte das niemand beurteilen“, sagte Johna dem RND.

Konfliktforscher fürchtet Radikalisierung wegen Impfzwang-Debatte

Der Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld, Andreas Zick, befürchtet angesichts der Debatten über einen etwaigen Impfzwang eine weitere Verschärfung der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen über die Corona-Politik. „Wir können über einen Impfzwang diskutieren. Doch der Preis dafür wird sein, dass bestimmte Gruppen unter den Impfgegnern noch sehr viel aggressiver vorgehen“, sagte der Sozialpsychologe dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Sie seien bereits sehr gut organisiert, durch die Idee des Widerstandes verbunden sowie auf Macht und Einfluss aus. „Wir haben das Konfliktpotenzial unterschätzt“, räumte Zick ein. „Wir hatten gehofft, dass uns Herdenimmunität einen Ausweg bietet und wir damit jede Form von Zwangsmaßnahmen umgehen können. Jetzt wird sich die Lage weiter verschärfen.“ Das sei hochgradig brisant. „Wir rennen immer weiter in ein Dilemma hinein, das dramatisch ist. Mit der vierten Welle geht die nächste Welle der Radikalisierung einher.“ Zu glauben, dass sich der Sinn einer Impfung oder anderer Maßnahmen von selbst verstehe, sei ein Fehler. Die zentrale Idee, dass man durch eine Corona-Impfung nicht nur sich, sondern auch andere schütze, habe „noch nicht richtig gezündet. Das wäre ein Gegenmodell zur Radikalisierung.“ Außerdem: „Vor der Einführung eines Impfzwangs haben wir noch andere Möglichkeiten, 3G etwa oder 2G; da ist noch Luft nach oben“, sagte er. Und schon 3G oder 2G brächten für Ungeimpfte deutliche Einschränkungen mit sich. Die Wiedereinführung der kostenlosen Tests könne dagegen deeskalierend wirken.

Datenschutzbeauftragter findet 3G am Arbeitsplatz „vorstellbar“

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) kann sich 3G am Arbeitsplatz vorstellen, wenn eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen wird. Die Umsetzung müsse „datenschutzfreundlich ausgestaltet werden“, sagte Kelber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Dies könne beispielsweise so umgesetzt werden, dass die Arbeitgeber den Unterschied zwischen Impf-, Genesenen- oder Test-Status nicht sehen. „Erforderlich sind klare, rechtssichere Regelungen, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschäftigten und den Infektions- beziehungsweise Gesundheitsschutz verhältnismäßig in Ausgleich bringen“, sagte der Datenschutzbeauftragte. Kelber kündigte an, er werde den Bundestag dazu entsprechend beraten.