Laschet warnt neuen CDU-Vorsitzenden vor Richtungswechsel

Union muss Wähler der Grünen zurückgewinnen

CDU-Vize Armin Laschet hat den nächsten Parteichef vor einem Richtungswechsel gewarnt. Der Kurs der Mitte sei für die CDU und für Deutschland erfolgreich gewesen, und für die Bundesregierung gelte der Koalitionsvertrag, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Daran wird jeder neue Parteichef sich zu orientieren haben. Neue Impulse setzen wir im neuen Grundsatzprogramm, das wir 2020 beschließen wollen, und dem dann folgenden Wahlprogramm für 2021.“ Die CDU wählt am Freitag auf ihrem Bundesparteitag in Hamburg einen Nachfolger der Parteivorsitzenden Angela Merkel.

Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer stellt sich ebenso zur Wahl wie Gesundheitsminister Jens Spahn und der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz. Laschet bezeichnete das Rennen als „völlig offen“ und rief die CDU zum Zusammenhalt nach der Wahl auf. „Alle drei werden in Zukunft gebraucht. Das erfordert eine hohe Fähigkeit zum Konsens“, sagte er. Laschet machte deutlich, dass er die Wahl des CDU-Vorsitzenden nicht als Vorentscheidung über die nächste Kanzlerkandidatur der Union sieht. „Der Parteivorsitzende der CDU hat immer einen natürlichen Anspruch darauf, dass er Kanzler werden kann. Alle drei Kandidaten haben bei den Regionalkonferenzen aber betont, dass es jetzt darum nicht geht“, sagte er. „Wenn die Frage ansteht, werden wir sie gemeinsam lösen.“ Eigene Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur bestritt Laschet nicht. Diese Frage stehe jetzt nicht an, sagte er auf eine entsprechende Frage. Er habe gelesen, dass ihn Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner als möglichen Kanzler ins Gespräch gebracht hätten. „Aber weder der Chef der Liberalen noch der letzte SPD-Kanzler haben Einfluss auf unsere Delegierten.“

Laschet nannte besondere Herausforderungen, vor denen er den nächsten Bundeskanzler sieht. „Europa ist von entscheidender Bedeutung – gerade nach dem Brexit. Die nächste Kanzlerschaft muss eigene Ideen entwickeln und darf sich nicht darauf beschränken, Antworten zu geben auf Reformvorschläge des französischen Präsidenten“, sagte er. Eine weitere Frage betreffe alles, was mit künstlicher Intelligenz zusammenhänge. „Wir brauchen eine Riesenanstrengung, um mit China mithalten zu können.“ Außerdem müssten neue Arbeitsplätze geschaffen werden, wenn alte mit der Digitalisierung verloren gingen. Konkret forderte der Ministerpräsident einen raschen Ausbau des neuen Mobilfunknetzes. „Wir brauchen 5G an jeder Milchkanne“, sagte Laschet und widersprach damit Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU), die gesagt hatte, 5G sei nicht an jeder Milchkanne nötig. „Jeder Bauernhof hat heute Hochtechnologie“, so Laschet. „Und die stärksten Unternehmen und Weltmarktführer sind heute – gerade in Nordrhein-Westfalen – im ländlichen Raum zu finden. Sie sind auf optimale digitale Infrastruktur angewiesen.“

Union muss Wähler der Grünen zurückgewinnen

CDU-Vize Armin Laschet hat seine Partei dazu aufgerufen, Wähler von den Grünen zurückzugewinnen. „Die Grünen profitieren im Moment vom schlechten Auftritt der Großen Koalition“, sagte er den Zeitungen weiter. „Man sollte die Grünen wieder mehr in ihrer Widersprüchlichkeit stellen – und nicht an wohlfühligen Auftritten der Vorsitzenden.“ Laschet wies die Forderung der Grünen zurück, die Hartz-IV-Reformen zurückzunehmen. „Die Reformen von Gerhard Schröder haben Millionen Menschen die Chance gegeben, wieder mit eigener Hände Arbeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen und raus aus den Sozialsystemen zu kommen“, sagte er. „Dass SPD und Grüne das nicht offensiv vertreten, erschließt sich mir nicht.“ Der Regierungschef bestritt allerdings ausdrücklich nicht, dass Hartz IV Armut bedeute. „Wer von Hartz IV leben muss, gilt im normalen Sprachgebrauch als einkommensarm, ja“, sagte er. „Vor Hartz IV hatten wir die Sozialhilfe  . Und wer davon leben musste, galt ebenfalls als arm. Wir müssen Menschen aus den Sozialsystemen heraushelfen, damit sie sich selbst ernähren können. Das ist das Kunststück, Armut zu bekämpfen.“ Zugleich widersprach Laschet der Einschätzung des Kandidaten für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, die Union habe den Aufstieg der AfD nicht ernst genug genommen. „Wir, auch ich persönlich, haben uns immer bemüht, die AfD in der direkten Auseinandersetzung zu entlarven“, sagte er. „Die AfD radikalisiert sich immer mehr. Dass sich eine Partei von ihrer gesamten Jugendorganisation distanziert und diese auflöst, ist ein beispielloser Vorgang. Das lässt ahnen, welche verfassungsfeindlichen Aktivitäten in den Reihen der AfD stattfinden. Dies müssen wir deutlich machen und vor den Gefahren warnen.“ +++

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