Landkreise fordern nach Corona-Gipfel Öffnungsschritte

Patientenschützer kritisiert MPK-Entscheidung zu PCR-Tests

Coronavirus

Nach dem Corona-Gipfel von Bund und Ländern haben sich die Landkreise für konkrete Öffnungsschritte ausgesprochen. „Positiv ist, dass sich Bund und Länder auf die Erarbeitung von Öffnungsperspektiven verständigt haben“, sagte Landkreistagspräsident Reinhard Sager den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Andere Länder zeigen, dass ein Mix aus bestimmten Schutzmaßnahmen und Öffnungen sinnvoll sein kann, um gut von der Pandemie in die Endemie zu gelangen.“ Sollte sich die Hospitalisierungsinzidenz weiterhin stabilisieren, so Sager, „hat Corona womöglich seinen Schrecken verloren und es gäbe Licht am Ende des Tunnels“. Der Landkreistagspräsident beklagte zugleich Zögerlichkeit bei der Umsetzung der Impfpflicht. „Wir haben uns in den letzten Monaten für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen und uns mehr Rückenwind für dieses Vorhaben gewünscht“, sagte er. „Die Bundesregierung nimmt in dieser Frage leider eine zu abwartende Rolle ein.“

Unionsfraktionschef Brinkhaus fordert PCR-Tests für alle

Nach dem Corona-Gipfel von Bund und Ländern hat Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) zur raschen Ausweitung der Testkapazitäten aufgerufen. „Alle Bürger müssen bei Corona-Verdacht oder Infektion, aber auch nach überstandener Corona-Infektion die Möglichkeit haben, durch einen PCR-Test Gewissheit zu bekommen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die notwendigen PCR-Testkapazitäten müssen schnellstmöglich erhöht werden. Eine Nationale Teststrategie der Bundesregierung muss das leisten.“ Die Pandemiebekämpfung müsse angesichts der enormen Infektionszahlen unter Hochdruck weiter betrieben werden, forderte Brinkhaus. „Impfen, Kontaktbeschränkungen und Testen sind die Werkzeuge dafür.“

Patientenschützer kritisiert MPK-Entscheidung zu PCR-Tests

Der Vorsitzende der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hat die Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz für eine Priorisierung der PCR-Tests als unzureichend kritisiert. „Es ist gut, dass vulnerable Menschen nun bei der PCR-Testung priorisiert werden. Doch vergessen wurde der größte Pflegedienst Deutschlands. Fünf Millionen Angehörige haben jetzt keinen Zugang zu Labor-Tests“, sagte Brysch dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Eine nicht oder zu spät erkannte Infektion mache das Leben daheim zu einem Hochrisikogebiet. Brysch erklärte weiter: „Drei Millionen Pflegebedürftige brauchen die tägliche Unterstützung ihrer Verwandten. Hier also sicher zu erkennen, ob eine Infektion vorliegt, ist lebenswichtig.“ Der Bundesgesundheitsminister sei aufgefordert, diese Kontaktpersonen in der Testverordnung zu priorisieren. Der Gold-Standard müsse nicht nur bei medizinisch-pflegerisch Beschäftigten angewandt werden. Auch pflegende Angehörige müssten einen Anspruch darauf haben.

Scharfe Kritik an 2G für Minderjährige

Die in mehreren Bundesländern geltende 2G-Regel für Kinder und Jugendliche stößt auf massive Kritik bei mehreren Bundestagsfraktionen, Kinder- und Jugendärzten sowie Verbänden. „Die soziale Teilhabe von Kindern und Jugendlichen darf nicht vom Impfstatus abhängen. Darum halte ich die Stiko-Empfehlung für richtig“, sagte Heike Baehrens, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, der „Welt“. Zwar sei der Infektionsschutz Ländersache, „ein Flickenteppich bei dieser wichtigen Frage führt aber nicht zu mehr Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger.“ Auch Tino Sorge (CDU), gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, äußert Bedenken: „Vernünftig wäre es, Kinder in möglichst vielen Bereichen von 2G und 2G plus auszunehmen. Sie tragen ein minimales Risiko, leiden aber besonders unter den Corona-Maßnahmen. Es wäre das falsche Signal, die Regeln für Kinder noch weiter zu verschärfen. Das regelmäßige Testen genügt völlig“, so der CDU-Politik  er. Seine Kollegin von der Linke-Fraktion, Kathrin Vogler, bekräftigt: „Eine exklusive Teilnahme für geimpfte Kinder und Jugendliche an Sport-, Freizeit und Kulturangeboten führt zu langfristigen gesundheitlichen und sozialen Schäden.“ Jörg Dötsch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, hält 2G oder 2G plus erst ab 18 Jahren für gerechtfertigt. „Jugendliche unter 18 Jahren sind in aller Regel auf die finanzielle und ideelle Unterstützung des Elternhauses angewiesen, sodass selbst im Falle einer freien Entscheidungsmöglichkeit unter juristischen Aspekten in der Realität keine freie Entscheidung eines Jugendlichen in Impffragen möglich ist.“ Scharfe Kritik am Vorgehen der Bundesländer kommt auch von der Diakonie als Träger der Jugendhilfe: „Für Minderjährige ist eine 2G- oder 2G-plus-Regelung abzulehnen, da sie Familien weiter belastet und unnötigen zusätzlichen Druck aufbaut, wenn Nutzen und Risiko der Impfung nicht so eindeutig abzuwiegen sind“, so Refer  ent Carsten Saremba. „Die Diakonie lehnt derartige Einschränkungen für Kinder und Jugendliche ab, da sie soziale Ausgrenzung und psychosoziale Belastungen für Zwölf- bis 17-Jährige nur noch weiter verschärfen und ihnen weitere Einschränkungen auferlegen, wo sie stattdessen stärkere Unterstützung benötigen.“ Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks, warnt ebenfalls: „Kinder und Jugendliche, die nicht mehr an Begegnungsorte, wie beispielsweise ins Jugendzentrum, können, verlieren vielfach den Anschluss an ihr soziales Netzwerk.“ Der Blick sollte daher „weniger auf die Zugangsbeschränkungen gerichtet sein, sondern auf sichere Rahmenbedingungen, die etwa durch kleine Gruppen und Luftfilter“, so Hofmann. Auch die Deutsche Sportjugend weist auf die möglicherweise fatalen Folgen der Regelungen hin: „Der alleinige Ausschluss von ungeimpften Kindern und Jugendlichen ist mit großer Sorge zu betrachten und kann zu weitreichenden physischen und mentalen Belastungen d  ieser Gruppe führen – und damit zu weitreichenden Folgen für die Gesellschaft“, so eine Sprecherin. +++