Kühnert für mehr gesellschaftliche Vielfalt in der SPD

Grünen Versäumnisse bei Klima- und Umweltschutz vorgeworfen

SPD-Vizechef Kevin Kühnert sieht in seiner Partei noch erheblichen Nachholbedarf, um gesellschaftliche Vielfalt ausreichend abzubilden. „Wenn es um People of Color und Schwarze Menschen geht, ist die politische Repräsentation unterirdisch, auch bei uns“, sagte er dem Nachrichtenportal Watson. Andererseits sei die SPD im Kampf gegen Menschenfeindlichkeit „landauf, landab mit vielen anderen Demokraten immer am Start“. Sowohl im Parteivorstand als auch in der Bundestagsfraktion der SPD seien „deutlich zu wenige Menschen mit Migrationsgeschichte“, sagte Kühnert.

Das liege auch daran, dass die Partei immer noch „relativ wenige“ Mitglieder migrantischer Herkunft habe. „Sicherlich vermittelt die SPD an manchen Orten durch ihre über Jahrzehnte gewachsene Zusammensetzung auch noch den Eindruck, dass Menschen nichtdeutscher Herkunft oder Familiengeschichte vielleicht nicht willkommen sind – obwohl das Gegenteil natürlich der Fall ist“, begründete er den Umstand. Zur Frage, ob sich das Problem über Quoten lösen lasse, sagte Kühnert: „Ich bin da hin- und hergerissen. Einerseits verfechte ich die Frauenquote bei uns. Andererseits: Wenn wir eine Quote auch für Menschen mit Migrationsgeschichte oder für Jugendliche einführen, habe ich die Sorge davor, dass wir dann die Mitglieder von Parteigremien gar nicht mehr auswählen könnten, weil sie sich aus den unterschiedlichen Quoten quasi von selbst ergeben.“ Andererseits hätten „Absichtserklärungen und Appelle“ zu wenig bewirkt. Man müsse daher „weitere Instrumente“ schaffen – allerdings „nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg“.

Grünen Versäumnisse bei Klima- und Umweltschutz vorgeworfen

Der Bundesvorsitzender der Jusos und Vizechef der SPD, wirft den Grünen vor, in Sachen Klima- und Umweltschutz teils wenig umzusetzen, wenn sie in Regierungsverantwortung sind. „Schauen Sie mal nach Hessen oder Baden-Württemberg, wo Grüne an der Regierung sind: Da sind in den vergangenen beiden Jahren zwei beziehungsweise vier Windräder aufgestellt worden. Im SPD-regierten Brandenburg wurde zeitgleich richtig geklotzt“, sagte Kühnert dem Nachrichtenportal Watson weiter. Während die SPD verhindert habe, dass es im Corona-Paket eine Kaufprämie für Autos mit Verbrennungsmotor gibt, habe der grüne baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann während der Verhandlungen „lustlos gefragt“, welche Alternative es denn dazu geben soll. „Grün zu wählen, scheint also nicht die alleinige Lösung zu sein“, so der SPD-Vize. Er spricht sich dafür aus, Klimaschutz für mehr Menschen finanziell attraktiv zu machen: „Wir müssen manche Menschen bei ihrem Egoismus packen, um die Klimakrise zu bewältigen.“ Als Beispiele für solche finanziellen Anreize nennt Kühnert den Mieterstrom, bei dem auf dem Dach von Mietshäusern eine Photovoltaik-Anlage installiert wird, um den Energiebedarf der Bewohner zu decken – und die Beteiligung von Kommunen am Profit durch neu installierte Windkraftanlagen. Kühnert sagte zu den Vorteilen eines solchen Modells: „Dann könnten die Einnahmen aus Windkraftanlagen vielleicht dazu führen, dass die Bibliothek besser ausgestattet ist oder der Bus am Wochenende öfter fährt.“ Kühnert pocht darauf, dass die SPD als Juniorpartner in der großen Koalition Fortschritte in der Klimapolitik durchgesetzt habe. Kühnert sagte dazu mit Bezug auf die Klimaschutzbewegung Fridays for Future (FFF): „Wir haben aus einem Teil der Stimmung, die Fridays for Future auf die Straße gebracht haben, konkretes Regierungshandeln gemacht.“ Als Beispiel dafür nennt Kühnert die Aufhebung des sogenannten Solardeckels, der die Förderung von  Photovoltaik-Anlagen begrenzt hatte – und das Kohleausstiegsgesetz. Das Gesetz verteidigt Kühnert gegen die teils heftige Kritik von FFF-Aktivisten. Er bestehe darauf, dass es ohne die SPD gar kein Kohleausstiegsgesetz gegeben hätte. +++