Kubicki: Selenskyj sollte auf „Boden der Realitäten“ zurückkehren

Ex-Bundespräsident Wulff hofft auf klärendes Telefonat

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für die Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier scharf kritisiert. „Es wäre sehr schön, wenn Herr Selenskyj auch ein Einsehen hat und auf den Boden der Realitäten zurückkehrt“, sagte Kubicki den Sendern RTL und ntv. Durch die Entscheidung Selenskyjs könne auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht in die Ukraine reisen, da er sonst Steinmeier „in den Rücken fallen“ würde. Die Einheit des Westens würde zudem durch die Entscheidung Selenskyjs „gefährdet“, so Kubicki.

Der FDP-Politiker fügte hinzu, dass es gerade nicht um die Person Steinmeier und seine Entscheidungen als Außenminister oder Kanzleramtschef gehe, sondern vielmehr um den jetzigen Bundespräsidenten der Bundesrepublik: „Wir können nicht zulassen, dass unser Staatsoberhaupt auf die Art und Weise von Dritten beschädigt wird.“ In Richtung des ukrainischen Präsidenten sagte der FDP-Politiker zudem: „Es wäre klug, diesen Fehler auf ukrainischer Seite einzugestehen und zu sagen: Wir vereinbaren ein weiteres Treffen mit Frank-Walter Steinmeier und dann ist es egal, ob Scholz zuerst fährt oder Steinmeier.“

Ukraine verteidigt Steinmeier-Ausladung

Die Ukraine hat die Absage des Besuchswunsches von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verteidigt. Man erwarte, dass jeder Besuch in Kiew ein konkretes, belastbares Ergebnis bringe, sagte der außenpolitische Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Igor Zhovkva, dem TV-Sender „Welt“. Und das könne nur der Bundeskanzler garantieren. Deshalb freue man sich auf einen Besuch von Olaf Scholz in Kiew. Als Beispiele für konkrete Ergebnisse nannte er ein Embargo für Erdöl oder die Lieferung schwerer Waffen zusätzlich zu den leichten Waffen. „Oder dass Deutschland vielleicht den EU-Beitritt der Ukraine garantiert und auch Unterstützung für den Wiederaufbau des Landes garantiert und sichert.“ Dass Steinmeier sich selbst für einen Besuch in Kiew ins Spiel gebracht habe, habe man als unhöflich empfunden, so Zhovkva. „In der Diplomatie gibt es nun mal solche Regeln. Wenn das Staatsoberhaupt zum Beispiel ein anderes Land besuchen möchte, dann soll er eine Einladung bekommen von der Leitung des jeweiligen Landes, von dem Präsidenten des Landes.“

Man könne natürlich auch ohne Einladung kommen, aber das sei „nicht so ganz höflich“. Dass die anderen Staatsoberhäupter aus Steinmeiers geplatzter Reisegruppe nun ohne den Bundespräsidenten in die Ukraine gefahren sind, findet Zhovkva in Ordnung – die hätten ja schließlich auch Zählbares im Gepäck: „Heute sind in Kiew die Staatsoberhäupter von befreundeten Ländern, von Polen, Lettland, Litauen und Estland.“ Man sehe die Unterstützung von diesen Ländern in allen diesen Richtungen. Man sehe, wie sich diese Staatsoberhäupter „persönlich dafür einsetzen“. Für die Sanktionen ebenso, sie machten keine Ausklammerung bei Sanktionen im Energiebereich, sie machten keine Ausklammerungen bei den Sanktionen der Banken und keine Ausklammerung fürs politische Establishment von Russland. „Deswegen sind sie heute nach Kiew gekommen, mit klarer Unterstützungshilfe, mit Militärunterstützung und Angeboten sind sie gekommen, mit finanziellen Unterstützungsangeboten sind sie gekommen und mit Waffenunterstützungen.“

Zumindest bewege sich die Bundesregierung nun in die richtige Richtung, so Zhovkva: „Die Bemühungen vom Bundeskanzler, die sind schon sichtbar.“ Allerdings gehe das alles noch immer zu langsam: „Der Bundeskanzler Scholz und seine Regierung machen das, was schon längst gemacht werden sollte.“ Es sei „zu langsam und nicht genug“, aber es werde was gemacht. „Wir haben erwartet, dass Kanzler Scholz sich im Westen für ein Sanktionspaket einsetzt – aber über ein Erdölembargo wurde immer noch nicht entschieden.“ Für Deutschland würden die Preise natürlich steigen, aber ukrainische Kinder, Frauen und Zivilisten würden auch nicht sterben. „Die russische Aggression würde ja nicht so weiter vorankommen.“ Deswegen hoffe man, dass Deutschland die Ukraine konkret unterstütze mit Waffen, mit europäischer Integration und mit Finanzen.

Ex-Bundespräsident Wulff hofft auf klärendes Telefonat

Der frühere Bundespräsident Christian Wulff hofft, dass die Unstimmigkeiten rund um die Ablehnung des Ukraine-Besuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zügig behoben werden. Wulff sagte der „Rheinischen Post“: „Ich hoffe sehr, dass es schnell zu einem klärenden Telefonat kommt. Der ukrainische Botschafter möge sich dafür einsetzen.“ Zugleich betonte Wulff: „Frank-Walter Steinmeier ist unser Staatsoberhaupt und repräsentiert unser Volk und unser Land und er hat sich immer redlich verhalten.“ Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj befinde sich seit sechs Wochen im Krieg, „seine Landsleute werden tausendfach ermordet, sein Volk soll vernichtend geschlagen und sein Land ruiniert werden. Er und seine Landsleute führen einen eindrucksvollen Kampf für Selbstbestimmung, Demokratie und Freiheit.“ Man müsse daher jetzt „zusammenstehen, gemeinsam, gegen die unerträgliche russische Aggression“, sagte Wulff. +++