Kretschmann: Impfpflicht „befriedet“ Gesellschaft

GdP beklagt zunehmende Radikalisierung der Corona-Proteste

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geht davon aus, dass eine Impfpflicht gegen das Coronavirus zu einer Befriedung der Gesellschaft führen wird. „Mit der Impfpflicht müssen sich die Bürger nicht gegenseitig moralisch beharken“, sagte er der „taz“. „Ich bin davon überzeugt: Das befriedet die Gesellschaft.“ Er sehe den freiheitlichen Staat durch Impfgegner „an seinen Grenzen“, so Kretschmann. „Wir sehen uns mit starken Kohorten konfrontiert, die sich rationalen Argumenten verschließen.“

Man brauche eine Impfpflicht. Wie hoch die Impfquote sein müsse, um die Gefahren in den Griff zu bekommen, „bestimmen nicht wir, sondern das Virus mit seiner Ansteckungsgefahr und seiner Gefährlichkeit“, fügte Kretschmann hinzu. Zur Durchsetzung einer Impfpflicht setzt der Grünen-Politiker auf Geldbußen. „Wir müssen im Notfall Menschen mit Geldauflagen zum Impfen bewegen.“ Kretschmann argumentierte, die Impfpflicht sei für Impfgegner vielleicht ein „rabiater Eingriff“ in die körperliche Unversehrtheit: „Andererseits sterben auf den Intensivstationen ganz real Menschen, und es müssen wegen der Seuche andere lebenswichtige Operationen zurückgestellt werden.“ Deshalb müsse der Staat den „Eigensinn in die Schranken weisen.“ Kretschmann wollte einen neuen, noch schärferen Lockdown für die Zukunft nicht ausschließen. „Wenn unsere Impfstoffe gegen die Omikron-Variante womöglich nicht mehr wirken, dann müssen wir vielleicht den härtesten Lockdown der ganzen Pandemie durchsetzen.“

GdP beklagt zunehmende Radikalisierung der Corona-Proteste

Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, hat Impfgegner scharf kritisiert, die auf Demonstrationen ihre Kinder mitnehmen, um sie als eine Art Schutzschild bei Auseinandersetzungen mit der Polizei einzusetzen. Das Phänomen gebe es häufiger, sagte er der „Rheinischen Post“. Diese Mütter und Väter würden in Kauf nehmen, dass ihr Kind in eine gewalttätige Auseinandersetzung gerate. Ein Fall aus Schweinfurt am Wochenende sei dafür beispielgebend: „Eine junge Mutter versucht mit ihrem vierjährigen Kind, eine Polizeisperre zu durchbrechen, das Kind bekommt Pfefferspray in die Augen. Damit hat die Mutter rechnen müssen“, sagte Malchow. „Die Radikalisierung nimmt zu, die Leute sind immer frustrierter, je länger das Corona-Thema schwelt. Da ist leider kein schnelles Ende dieser Konflikte absehbar.“ Er könne nur an die appellieren, die friedlich gegen die Impfpflicht demonstrieren wollen: „Gehen Sie auf angemeldete Demonstrationen und lassen Sie sich nicht von Extremisten instrumentalisieren. Wer zu unangemeldeten Demos geht und sich verdeckt beteiligt, muss wissen, dass er instrumentalisiert wird, oft von Rechtsextremisten“, warnte der GdP-Chef.

Kassenärzte offen für Quarantäne-Reform

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, plädiert für eine Reform der Quarantäneregeln für Corona-Infizierte. Man müsse bei den Quarantäneregelungen überlegen, dass deutlich steigende Infektionszahlen Probleme bereiten könnten, sagte er dem Nachrichtensender „Welt“. Die Quarantäneregeln seien in der Vergangenheit schon häufiger kritisiert worden. „Da ist man relativ flapsig drüber hinweggegangen und hat die Menschen teilweise zwei Wochen weggesperrt, ganze Schulklassen.“ Er denke, dass man hier schon darüber nachdenken könne, dies anzupassen. Der KBV-Chef stellte unterdessen auch klar, dass er Szenarien wie manche Modellierer sie zeigen, mit 700.000 Infektionen pro Tag, für „eher unrealistisch“ halte. Aber auch deutlich geringere Infektionszahlen seien problematisch. +++

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