Das Konjunkturprogramm, das Union und SPD am Dienstag im Koalitionsausschuss beschließen wollen, soll nach Informationen der „Bild am Sonntag“ aus Regierungskreisen ein Gesamtvolumen von 75 bis 80 Milliarden Euro umfassen. Der Bund soll danach den Großteil mit „deutlich über 60 Milliarden“ übernehmen, den Rest tragen die Länder. Die 100-Milliarden-Euro-Grenze, die der CSU-Vorsitzende Markus Söder zur Obergrenze erklärte hatte, soll „klar unterschritten“ werden. Aktuell arbeitet das Bundesfinanzministerium an einem Maßnahmenkatalog.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) drängt laut BamS-Bericht vor allem auf drei Forderungen: Die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes von derzeit 12 auf 24 Monate, die Zahlung eines einmaligen Kinderbonus in Höhe von 300 Euro pro Kind sowie ein Rettungspaket für die Kommunen, das neben einer Altschuldenregelung auch vorsieht, dass der Bund und Länder je zur Hälfte die eingebrochenen Gewerbesteuereinnahmen ersetzen. Allerdings soll die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes von 60 auf bis zu 80 Prozent höchstwahrscheinlich nicht verlängert werden. Die Corona-Pandemie hat den Staat nach einer Berechnung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) insgesamt 287,5 Milliarden Euro gekostet. Bund, Länder und Kommunen hätten bereits bisher 192,9 Milliarden Euro Mehrausgaben getätigt und gleichzeitig Mindereinnahmen von 94,6 Milliarden Euro verkraften müssen. Die Schuldenquote ist laut IW auf 79,9 Prozent gestiegen. Direktor Michael Hüther forderte in „Bild am Sonntag“, dass das jetzt zu beschließende Konjunkturprogramm eine Größe von mindestens 100 Milliarden Euro umfassen müsse, mit weniger würden keine Effekte erzielt. „Wichtig ist dabei eine zeitliche Befristung: Die Hilfen dürfen nicht über den Herbst hinausgehen.“ Hüther betonte, der Lockdown sei außerordentlich gewesen, sodass es darauf nur außerordentliche politische Antworten geben könne: „Wenn wir jetzt nichts tun, sparen wir vielleicht kurzfristig Geld, würden aber langfristig in eine enorme Arbeitslosigkeit schlittern. Das wäre wesentlich teurer für den Staat.“
Familienministerin: Konjunkturprogramm an Frauenförderung binden
Mit Blick auf das zu beschließende Konjunkturpaket will Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) die Geschlechtergerechtigkeit in Unternehmen zur Bedingung für die Vergabe von Staatshilfen machen. „Die Auswirkungen auf Frauen sollten bei allen Corona-Maßnahmen mitgeprüft werden“, sagte Giffey der „Bild am Sonntag“. „Auch beim Konjunkturprogramm müssen wir dafür sorgen, dass die Milliarden-Hilfen auch Frauen zugutekommen.“ In der konkreten Umsetzung fordert Giffey: „Hilfen müssen auch an Maßnahmen zur Geschlechtergerechtigkeit geknüpft werden. Wer Geld vom Staat bekommt, sollte im Gegenzug etwas dafür tun, die Lohnlücke zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu reduzieren, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken oder Frauen in Führungspositionen zu bringen. Wenn ein Unternehmen dafür nichts tun will, dann müssen wir eben sagen: So geht das nicht, dafür gibt es keine Staatshilfe.“ Giffey griff Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dafür an, dass sein Haus den Gesetzentwurf für eine Frauenquote blockieren würde. In der Coronakrise würde die Arbeit von Frauen „mit zweierlei Maß gemessen“. Frauen in systemrelevanten, aber schlecht bezahlten Berufen bekämen jetzt viel Lob. „Aber wenn es um mehr Frauen in Führungspositionen geht, dann winkt zum Beispiel die Union ab.“ Die Familienministerin empörte sich darüber, dass das Wirtschaftsministerium eine gesetzliche Frauenquote für „eine unzumutbare Belastung der Wirtschaft“ halten würde. Aktuell gäben 70 Prozent der deutschen Unternehmen ihre Zielvorgabe für Frauen in der Chefetage mit null an. „Freiwillig ändert sich da gar nichts, wir brauchen eine gesetzliche Vorgabe“, so Giffey.
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