Justizminister will TV-Übertragung aus Bundesgerichten erlauben

Livestreams sind inzwischen weit verbreitet

Sitzungssaal

Berlin. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat jetzt einen Gesetzentwurf zum Gerichtsfernsehen fertiggestellt und in die Abstimmung mit den anderen Ressorts gegeben. Damit soll das Kameraverbot in Gerichtssälen zumindest teilweise aufgehoben werden. „Die Veränderung der Verbreitung von Nachrichten“ habe „die Diskussion verstärkt, ob das strikte gesetzliche Verbot von Bild- und Tonübertragungen angesichts der technischen und gesellschaftlichen Veränderungen insgesamt noch zeitgemäß ist“, heißt es in dem Gesetzentwurf, der der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt.

Sogenannte Livestreams von öffentlichen Veranstaltungen seien inzwischen weit verbreitet und würden zunehmend herkömmliche Formen der Berichterstattung „ergänzen oder ersetzen“. Außerdem verweist der Gesetzentwurf darauf, dass auch bei ausländischen Gerichten „eine Entwicklung hin zu mehr Medienöffentlichkeit zu beobachten“ sei. Maas will die deutschen Gerichtssäle aber nur maßvoll für Kameras öffnen. Der Justizminister möchte lediglich die Übertragung von Urteilsverkündungen an den fünf Bundesgerichten zulassen. Dabei handelt es sich um den Bundesgerichtshof, das Bundessozialgericht, das Bundesverwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof und das Bundesarbeitsgericht. Die Verhandlung vor der Urteilsverkündung sollen die Kameras auch weiterhin nicht aufnehmen dürfen. Übertragungen, wie die aus den Prozessen gegen O. J. Simpson oder Oscar Pistorius, wird es in Deutschland also auch in Zukunft nicht geben.

Genau wegen dieser Form ausartender Fernsehberichterstattung sind die Präsidenten der fünf Bundesgerichte gegen die Öffnung ihrer Säle. Um den Richtern die Bedenken zu nehmen, hat Maas eine Art Sicherheitsnetz in seinen Gesetzentwurf schreiben lassen. Die Urteilsverkündungen sollen nur dann übertragen werden dürfen, wenn der Vorsitzende Richter seine Zustimmung gibt. In Deutschland wurden Übertragungen aus Gerichtssälen 1964 untersagt. Das Verbot ist seitdem in Paragraf 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes geregelt. Lediglich das Bundesverfassungsgericht macht für sich eine Ausnahme, seit 1998 dürfen dessen Urteilsverkündigungen übertragen werden. Der jetzt fertig gestellte Gesetzentwurf von Maas enthält zwei weitere Neuerungen. Um Engpässe im Gerichtssaal wie beim Münchner NSU-Prozess zu vermeiden, will Maas auch Arbeitsräume für Journalisten erlauben, in die der Ton aus der Gerichtsverhandlung übertragen wird. Außerdem sollen künftig Prozesse von zeitgeschichtlicher Bedeutung aufgezeichnet werden dürfen. Auch dafür sind jedoch strenge Auflagen vorgesehen. +++ fuldainfo