Internationaler Orgelsommer im Fuldaer Dom

Für Freunde der Orgelmusik aus Osthessen und angrenzenden Gebieten ist es ein Höhepunkt des Jahres: Am kommenden Sonntag (10. Juli) beginnt im Dom zu Fulda der diesjährige Internationale Orgelsommer. Erneut ist es Domorganist Prof. Hans-Jürgen Kaiser als künstlerischem Leiter gelungen, renommierte Interpreten für Auftritte in Fulda zu gewinnen. An vier Sonntagen im Juli und August werden die Gast-Organisten – zwei Deutsche, ein Franzose und ein Italiener – die große Orgel des 300 Jahre alten Barockdoms zum Klingen bringen.

„Unser jährlicher Internationaler Orgelsommer mit traditionell vier großen Konzerten genießt weit über Fulda hinaus einen exzellenten Ruf“, erläutert Domorganist Prof. Hans-Jürgen Kaiser. „In Fachkreisen ist die Veranstaltungsreihe auch im Ausland bekannt. Deshalb nehmen die von uns verpflichteten Orgelvirtuosen aus Deutschland und Frankreich teilweise eine weite Anreise auf sich. Freunde konzertanter Orgelmusik werden an den exquisiten Klangerlebnissen ihre Freude haben.“

Hochklassige Interpreten

Das Auftaktkonzert des Orgelsommers 2022 im Fuldaer Dom bestreitet Deutschlands jüngster Orgelprofessor, Martin Sturm. Am 10. Juli 2022 ab 16.30 Uhr ist ein äußerst ungewöhnliches Programm zu hören. Martin Sturm hat als Titel „Von Traum und Wirklichkeit“ gewählt.

Der maximal monumentalen Eröffnung, Max Regers „Fantasie und Fuge über BACH“, einer musikalischen Machtdemonstration des bedeutenden Komponisten, folgt Sturms Übertragung des berühmten Streichquartetts Nr. 14 von Franz Schubert mit dem Titel „Der Tod und das Mädchen“. Mit „Litanies“ von Jehan Alain erklingt ein weiteres Monumentalwerk der Orgelliteratur. Als erneute Kehrtwende schließt sich eine Bearbeitung von Gustav Mahlers „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ an. Und als wären es der Überraschungen noch nicht genug, wählt der Weimarer Professor einen Text von Georg Trakl, um hierzu symphonische Skizzen zu improvisieren. Dieses an Kontrasten reiche Konzert wird man sicher lange in Erinnerung behalten.

Zwei Wochen später, am 31. Juli, kommt einer der renommiertesten französischen Komponisten und Organisten in die Domstadt: Thierry Escaich. Als Komponist hat er ein umfangreiches Oeuvre nicht nur an Orgelmusik, sondern auch für Orchester und andere Besetzungen vorgelegt. Die Stücke von Escaich gehören mittlerweile zum Repertoire der größten Orchester in Europa und den Vereinigten Staaten. Sie zeichnen sich durch eine ganz eigene Musiksprache in der Nachfolge von O. Messiaen aus.
Wie in allen seinen Konzertprogrammen, kommt auch der Bereich Improvisation nicht zu kurz, mit dem das Konzert schließen wird. Zuvor erklingen einige der ganz bedeutenden Orgelwerke der letzten 200 Jahre: Mendelssohns große Sonate in f-Moll, Werke von J. Alain, O. Messiaen und M. Duruflé stehen im Spannungsfeld zu Eigenkompositionen und einer Improvisation im romantischen Stil – wohl als Hommage an Mendelssohn zu verstehen.

Am 14. August präsentiert sich der junge, hochbegabte italienische Organist Gabriele Agrimonti. Der bei verschiedenen Wettbewerben als Improvisator ausgezeichnete Virtuose hat ein ungewöhnliches Programm zusammengestellt. Neben zwei Transkriptionen, nämlich der Ciacona von Johann Sebastian Bach und einer Übertragung dreier Stücke von Isaac Albeniz, die Agrimonti selbst angefertigt hat, erklingen 2 Improvisationen, die lapidar mit 1 und 2 bezeichnet sind. Der noch junge Organist studiert seit vielen Jahren in Paris, derzeit schwerpunktmäßig Improvisation und Komposition. Die Namen seiner Lehrer lesen sich wie das Who is Who der aktuellen französischen Orgelszene.

Beim letzten Konzert am 28. August zeigt Henry Fairs sein Können. Der gebürtige britische Konzertorganist ist seit dem Wintersemester Professor für künstlerisches Orgelspiel an der Universität der Künste in Berlin und wurde bereits auf verschiedenen Wettbewerben ausgezeichnet. Zu seinem Besuch in Fulda hat er ein internationales Programm mitgebracht. Nach Johann Sebastian Bachs großer Fantasie in g-Moll folgen die berühmten 6 Fugen über den Namen BACH op. 60, ein bedeutender Zyklus des vor allem als Komponisten für Orchester und Klavier geschätzten Robert Schumann. Der weitere musikalische Weg des Nachmittags führt nach Frankreich mit César Francks Phantasie in A-Dur und schließt mit einer Fanfare von Percy Whitlock, einem wichtigen Vertreter englischer Orgelmusik.

Stimmungsvoller barocker Rahmen

Auch in diesem Sommer würden die Besucher der Konzerte wieder voll auf ihre Kosten kommen, verspricht Prof. Kaiser: „Unsere Konzerte im lichtdurchfluteten Dom richten sich in gleicher Weise an Kenner wie auch an Laien, die sich ohne Vorkenntnisse einfach am großen Klangspektrum der Königin der Instrumente erfreuen wollen.“

Der Hohe Dom zu Fulda ist für seine exzellente Akustik bekannt. Die große Orgel gilt als meisterliches Instrument. Sie hat 72 Register, 2014 ergänzt um ein Röhrenglockenspiel auf vier Manualen. Das Gehäuse stammt aus der Zeit 1712/13, als die Barockkathedrale fertiggestellt wurde. Der Klang dieser Orgel ist einem breiten Publikum durch zahlreiche Konzerte und Tonträger bekannt. Dazu trugen wesentlich die verschiedenen von Domorganist Kaiser eingespielten hochklassigen CD-Produktionen bei.

Die Konzerte beginnen an den Sonntagen jeweils um 16:30 Uhr. Der Kostenbeitrag ist mit jeweils 10 Euro (ermäßigt 7 Euro) gemessen am Niveau der Interpreten sehr günstig. Ein Programmheft, erhältlich an der Tageskasse, gibt ausführliche Informationen zu den Interpreten und den ausgewählten Werken. Ergänzend zu den großen Sonntagskonzerten des Internationalen Orgelsommers finden über das Jahr an vielen Samstagen halbstündige Orgelmatineen statt. +++ pm