
Zum Auftakt der B-IMK hatte Innenminister Peter Beuth gemeinsam mit Innenministerinnen und -ministern der Union (B-Länder) im Polizeipräsidium Frankfurt am Main die Sonderlage-Übung der hessischen Polizei besucht. Im Anschluss an die simulierte „Terrorlage Rechts“, in deren Mittelpunkt die Anwendung modernster Analyse-Werkzeuge und digitaler Einsatzmittel standen, betonten Hessens Innenminister Peter Beuth und Bayerns Innenminister Joachim Hermann die Bedeutung zeitgemäßer Ermittlungsmethoden für eine effektive Polizeiarbeit. Zum Start der B-IMK, die dieses Jahr in Hessen tagt, haben die Innenministerinnen und -minister der Union im Hinblick auf dringend benötigte Ermittlungswerkzeuge der Sicherheitsbehörden ein „Zehn-Punkte-Plan“ mit konkreten Umsetzungsforderungen an die Bundesregierung beschlossen.
„Ob Anschlagsgefahr oder Fahndung nach Vergewaltigern und Kinderschändern: die Polizei ist auf modernste Analyse-Werkzeuge angewiesen, um Tätern habhaft werden und Gefahren abwenden zu können. Unsere Ermittlerinnen und Ermittler haben es in nahezu allen Verfahren mit immer größeren Datenmengen, digitalen Spuren und verschlüsselter Täterkommunikation zu tun. Wir müssen deshalb die Sicherheitsbehörden mit modernsten Analyse-Werkzeugen und den entsprechenden rechtlichen Befugnissen ausstatten, damit sie auch künftig schlagkräftig für Sicherheit sorgen können. Die Innenministerinnen und Innenminister der Union setzen höchste Priorität auf die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Damit das auch künftig so bleibt, denken wir Sicherheit in die Zukunft gerichtet. Wir setzen dabei vor allem auf die Digitalisierung der Polizeiarbeit. Den Mehrwert haben wir heute in Frankfurt eindrucksvoll vorgeführt bekommen: Am Beispiel einer Terrorlage wurde deutlich, wie mit Hilfe von hessenDATA und weiteren digitalen Einsatzmitteln ein schneller Überblick über die Gesamtlage gewonnen und im Verlauf des Szenarios mit verschiedenen Modulen der Analyseplattform Stück für Stück die einzelnen Puzzleteile einer komplexen Lage zusammengefügt werden konnten. Denn ob Kräftevisualisierung, Netzwerkanalyse oder Kartenanwendung: Mit hessenDATA steht den hessischen Polizistinnen und Polizisten im Präsidium wie auch unterwegs ein hochmodernes Werkzeug für die Abwehr von Gefahren und somit zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung. Ein vergleichbares digitales Analysewerkzeug, wie es in Hessen schon seit mehr als fünf Jahren erfolgreich eingesetzt wird, verweigert die Bundesinnenministerin entgegen den fachlichen Bewertungen weiterhin den Sicherheitsbehörden des Bundes. Die politische Blockadehaltung wirft die Bundesbehörden um Jahre zurück und macht Deutschland letztendlich unsicherer. Die Innenminister der Union fordern daher die sofortige Umsetzung dringend benötigter Modernisierungsschritte für die Sicherheit Deutschlands“, sagte Peter Beuth, Hessischer Innenminister und Sprecher der unionsgeführten Innenministerien (B-IMK).
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann unterstrich die Bedeutung moderner Polizeiarbeit für die Innere Sicherheit: „Der Staat muss handlungsfähig sein, um schnellstmöglich Gefahren für unsere Bürgerinnen und Bürger abzuwehren und Täter dingfest zu machen.“ Aufgrund der mangelnden Unterstützung bei der IP-Adressenspeicherung seitens der Bundesregierung sieht Herrmann derzeit Defizite bei der Bekämpfung der Kinderpornographie und sexueller Missbrauchstaten über das Internet: „Ermittler erfahren leider oft erst geraume Zeit nach der Begehung davon. Wenn die IP-Adressen dann nicht mehr vorhanden sind, fehlen wichtige Ermittlungsansätze und auch Quick-Freeze wäre kein Ersatz. Das muss sich schleunigst ändern und war auch Konsens in der Innenministerkonferenz im Juni dieses Jahres.“ Der bayerische Innenminister bezeichnete es als absolut unbefriedigend, dass Deutschland bei der IP-Adressenspeicherung noch keinen Schritt vorwärtsgekommen ist. „Das EuGH-Urteil zu den deutschen Regeln der Verkehrsdatenspeicherung vom 20. September 2022 erlaubt die Sicherung von IP-Adressen ausdrücklich“, betonte Herrmann. „Leider kann sich hier die Bundesinnenministerin bei FDP und Grünen nicht durchsetzen.“
Zehn-Punkte-Plan für moderne Ermittlungsmethoden
Kriminalität wird digitaler, deshalb muss auch die Verbrechensbekämpfung digitaler werden. Die Innenministerinnen und -minister der Union sehen dringenden Handlungsbedarf und legen ein „Zehn-Punkte-Plan“ für moderne Ermittlungswerkzeuge vor.
HessenDATA für alle: bundesweite Einführung von Analyse-Software VeRA
Die B-IMK fordert die Bundesinnenministerin dazu auf, ihre politisch motivierte Absage an die Beschaffung und den Einsatz der vertraglich für alle Länder und den Bund abrufbaren „Verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform“ (VeRA), zu revidieren. Bund und Länder hatten sich angesichts des Bedarfs einer zielgerichteten und zügigen Analyse von vorhandenen polizeilichen Datenbeständen auf ein gemeinsames Beschaffungsvorhaben verständigt. Im Juni 2023 wurde bekannt, dass die Bundesinnenministerin entgegen eines einstimmigen Bund-Länder-Beschlusses das Vorhaben gestoppt hat. In Hessen wird die Plattform bereits seit 2017 in einer eigens für die ermittlungs- und datenschutzrechtlichen Bedürfnisse der hessischen Polizei weiterentwickelten Version namens hessenDATA eingesetzt.
IP-Adressen speichern und Kindesmissbrauch stoppen
In den letzten Jahren sind weltweit und auch in Deutschland schockierende Verbrechen im Bereich Kinderpornografie und des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen aufgedeckt worden. Als größter Hinderungsgrund für weitere Ermittlungserfolge stellt aus Sicht der Ermittler die ungenügende Speicherung von IP-Adressen dar. Die Innenministerinnen und -minister der Union fordern die Bundesregierung eindringlich dazu auf, nun endlich die Speicherung von IP-Adressen zu ermöglichen. Denn nur dadurch können schwerste Verbrechen wie Kindesmissbrauch konsequent bekämpft und womöglich weiter stattfindender Realmissbrauch unterbunden werden. Zugleich fordert die B-IMK die Einrichtung eines europäischen NCMEC. Die überwiegende Mehrzahl der bekanntgewordenen Kindesmissbrauchsfälle werden deutschen Ermittlungsbehörden von der US-amerikanischen Organisation „National Center for Missing and Exploited Children“ (NCMEC) gemeldet. NCMEC wird auf Grundlage gesetzlicher Meldeverpflichtungen von Internetprovidern über Missbräuche im Zusammenhang mit Kinderpornografie informiert. Die B-IMK fordert, dass sich die Bundesregierung im Kampf gegen Kindesmissbrauch für ein europäisches NCMEC und die Verpflichtung der Internetprovider zur Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden einsetzt.
Rechtsdurchsetzung gegenüber Messenger-Dienst Telegram
Die Anbieter von großen sozialen Netzwerken sind nach dem deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) dazu verpflichtet, dem Bundeskriminalamt als Zentralstelle bestimmte strafbare Inhalte zu melden und zu löschen. Die Bundesinnenministerin hat vor über einem Jahr angekündigt, Telegram abzuschalten, wenn der Dienst deutsches Recht weiterhin nicht einhält und nicht mit unseren Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeitet. Mittlerweile ist klar: Telegram kooperiert nicht. Die B-IMK fordert die Bundesinnenministerin auf, ihren Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen und deutsches Recht durchzusetzen.
B-IMK berät über effektivere Begrenzung illegaler Migration
Neben dem Fokus auf modernen Ermittlungsmethoden widmet sich die Konferenz der Innenministerinnen und -ministern der Union der effektiveren Begrenzung illegaler Migration. Die deutschen Landkreise und Kommunen müssen täglich mehr zusätzlich ankommende Personen unterbringen. Die B-IMK wird sich deshalb über die Intensivierung von Kontrollmöglichkeiten, den Kampf gegen Schleuserkriminalität und die Rückkehr zu ordnungsgemäßen Verfahren der Einreise nach Europa austauschen. Zu diesem Austausch ist auch der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, Gast der B-Innenministerkonferenz.
Kritik von der SPD
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph, hat das Treffen der CDU-Innenminister der Länder gestern in Frankfurt als plumpe Wahlkampfunterstützung für die hessische CDU kritisiert. Die CDU-Minister hatten sich im Polizeipräsidium Frankfurt zunächst eine Polizeiübung angesehen und anschließend ein so genanntes „10-Punkte-Papier für moderne Ermittlungsmethoden“ verabschiedet. Günter Rudolph sagte dazu: „Nachdem er seinen Abschied aus der Politik verkündet hat, glaubt der noch amtierende Innenminister Peter Beuth offensichtlich, dass für den Rest seiner Amtszeit keine Regeln mehr für ihn gelten. Anders ist es nicht zu erklären, dass er seine CDU-Kollegen gestern ins Polizeipräsidium Frankfurt eingeladen hat – einen Ort, den Politikerinnen und Politiker aus dem hessischen Landtag auf Beuths Geheiß nicht mehr besuchen sollen. Der Minister hat die Landtagsfraktionen schriftlich ‚gebeten‘, in den sechs Wochen vor der Landtagswahl keine Termine in Polizeidienststellen zu vereinbaren – lädt aber selbst zu einer öffentlichkeitswirksamen Werbeveranstaltung dorthin ein. Der Minister wird diesen Vorgang im Innenausschuss des Hessischen Landtags erklären müssen. Den Dringlichen Berichtsantrag dazu werden wir umgehend einbringen. Denn: Frei gewählten Abgeordneten den Besuch von Polizeidienststellen zu verwehren, für sich selbst und seine Parteifreunde aber das Polizeipräsidium Frankfurt als Showbühne zu nutzen – das geht gar nicht.“ +++