Hünfelder SV - Das Gefühl, eine Scorer-Bilanz und noch mehr

Leon Zöll

Sein Gefühl trog ihn nicht. Vor ein paar Tagen hatte Johannes Helmke angedeutet, sein Team werde gewinnen. Und der Trainer des Hünfelder SV sollte recht behalten. Auch, dass die von ihm trainierten und betreuten Fußballer ihre Beziehung zum Untergrund anzapften: dem Kunstrasenplatz der Rhönkampfbahn, an. Das Resultat: Beim 5:0 (2:0)-Heimsieg des HSV gegen den SC 1960 Hanau in der Hessenliga dachte man irgendwie, das macht doch Spaß, dem Gastgeber zuzusehen.

Hünfeld ging seine Hausaufgabe mit personell verändertem Gesicht an. Der Ex-Borusse Andrei-Manuel Boureanu rückte ins Tor, Nico Häuser neben Marcel Dücker in die Innenverteidigung, Yunus Kocak und Jonas Simon bekleideten die Sechs, Max Lindemann, „Jemo“ Kassa und Maxi Fröhlich bildeten die offensive Dreierreihe, und Petr Paliatka tummelte sich in der Spitze. Wach, aufmerksam, fokussiert, ehrgeizig und stets darum bemüht, Tempo und Druck in seine Aktionen zu bekommen - so ging der HSV die Prüfung an. Erstmals wurde es nach diesen Stationen sehenswert: Boureanu eröffnete über Kocak, der nahm Zöll mit, der spielte Kassa an und bekam die Kugel wieder, Zöll flankte - Paliatka aber köpfte aus verheißungsvoller Situation drüber (7.).

Der SC Hanau, wie erwartet pass-und kombinationssicher und mit Kickern hoher individueller Substanz, spielte gut, verzeichnete ein Abseitstor in Hälfte - die gefährlichen Akzente aber setzte - nicht nur in Hälfte eins - Hünfeld. Auch nach gut einer halben Stunde, als Kassa nach atemberaubenden Solo auf den frisch Vermählten Fröhlich ablegte - dessen Flachschuss parierte Hanaus Keeper Brao. Später blockte der Gast gegen Simon im letzten Moment (37.) - ehe der HSV etwas mit in die Pause nahm, das sein ich stärkte: das 2:0. Kassa, der auf dem Kunstrasen sichtlich auflebte, ging an der Strafraumkante auf der linken Seite ins kurze Dribbling - und hatte Glück, dass ihn ein Hanauer Abwehrspieler nicht nur unnötig, sondern in dieser Position auch naiv, foulte. Kassa pustete selbst die Kerzen aus - und nutzte den Elfer zum 2:0.

Dass beim Gastgeber der Ball nicht immer in den Fuß kam bei diesem Untergrund, sollte man nachsehen - da der HSV zwar öfter auf Kunstrasen trainiert, aber lange keinen Wettkampf mehr bestritten hat. Nicht nachsehen durfte man defensive Löcher, die oft dann entstanden, als Abwehrchef Dücker hier und da zu früh - manchmal auch zu spät - aus der letzten Linie herausrückte, dann die Abstimmung nicht passte. Dieser Fakt geht nicht nur an seine Adresse, er hat auch Mitspieler um sich. Auch das Positionsspiel der Sechser passte nicht so ganz ins Bild. Weiterer Ansatzpunkt bleibt das HSV-Verhalten nach Standards - oder das, den ersten Ball zu bekommen. Das sollte besser werden demnächst.

Mit Beginn des zweiten Abschnitts war Hanau darum bemüht, mehr Druck, Tempo und Verbindlichkeit in sein Spiel mit Ball zu bekommen. Manko des Gastes aber - und das spricht auch für das gute Spiel gegen den Ball des HSV: Sein Offensivspiel verlor sich zunehmend auf dem Weg zum Tor. Zu oft trafen die Gästespieler falsche Entscheidungen im letzten Drittel, agierten zu umständlich - ihr Spiel war vorhersehbar. Und als wollte sich Maxi Fröhlich bei seinen Mitspielern für ihre aktive Beteiligung an seiner Hochzeit bedanken, glückte ihm bald das 3:0: wuchtig und platziert war sein Kopfball nach Zölls Ecke - nach nicht mal einer Stunde schien das Spiel entschieden. Endgültig war es das, als Kassa zehn Minuten später der vierte HSV-Treffer gelang - vorausgegangen war Simons ebenso willensstarke wie sehenswerte Ball-Eroberung sowie sein Zuspiel auf den Torschützen. Und dieses Mal - ja, dieses Mal - war sein Mit-Aufrücken erlaubt: Nach Kocaks Flanke war die Freude bei Marcel Dücker groß, als ihm nach gut 70 Minuten per Links-Flachschuss der 5:0-Endstand gelang. Zöll zirkelte anschließend noch an die Unterkante der Latte - und in der „toten Zeit“, oder in der, als das Spiel längst zu war, hatte Hanau endlich zwei gute Möglichkeiten. Zunächst reagierte Boureanu glänzend (84.), dann klärte Simon per Kopf unmittelbar vor der Linie.

Das erste Tor selbst gemacht, das dritte per Ecke vorgelegt, zudem die Zuliefer-Flanke für Paliatka - in der Tat keine schlechte Bilanz von Leon Zöll. Gut, dass der Linksverteidiger wieder dabei ist im Team des HSV. Er bestritt das dritte Spiel nach seiner Schleimbeutel-Entzündung - das Offensiv-Gen treibt ihn an, ständig will er den Ball, um was zu machen oder zu initiieren. Auch das 1:0 - eine Flanke aus dem Halbfeld - hatte ein kleines Stückchen Symbolwert: hinter seinen Eingaben steckt halt Schärfe und Gefahr, es sind Situationen, die für den Gegner so leicht nicht zu verteidigen sind. „Das 1:0 hat den Kopf frei gemacht“, empfand er, „wichtig war auch, dass wir das 2:0 noch vor der Pause gemacht haben“. Elementares schob er nach: „Wir sind galliger ins Spiel gestartet als zuletzt.“

Zöll, der schon als Zehnjähriger zum Nachwuchs des Bundesligisten Eintracht Frankfurt wechselte und später bei Rot-Weiß Erfurt lernte, spielt bereits im fünften Jahr für den Hünfelder SV. Eine Entwicklung, auf deren Stufen er sich stets verbesserte - und an Reife gewann. Nicht ohne Stolz hatte er Zahlen parat. In seinem ersten Jahr - in der Hessenliga - brachte er es auf zwei Tore und drei Scorerpunkte. In seinem zweiten - der HSV war in die Verbandsliga abgestiegen - auf fünf Tore und zwölf Torvorlagen. Im dritten Jahr - wieder in der Hessenliga - waren es drei Tore und acht Vorlagen. Im vergangenen Jahr wiederholte er die Bilanz der Verbandsliga-Spielzeit: fünf Tore, zwölf Vorlagen. Und jetzt? Bisher sind es ein Tor - und vier Vorlagen. Tendenz: ausbaufähig. Er darf mit seiner Mannschaft zweimal in Folge auswärts ran: nächsten Sonntag in Waldgirmes, dann in Stadtallendorf.

Hünfelder SV: Boureanu - Zentgraf, Dücker (75. Gadermann), Häuser, Zöll - Kocak (75. KJemmerzell), Simon - Lindemann, Kassa (86. Vogler), Fröhlich - Paliatka

SC 1960 Hanau: Brao - Kishi, Tarik Sejdovic (75. Meub), Dauber (79. Köhler), Helmand - Tanaka, Emir Sejdovic - Pekesen, Lapre (46. Loune), Marjane - Amiri (75. Qarro)

Schiedsrichter: Patrick Haustein

Tore: 1:0 Leon Zöll (19.), 2:0 Jemal Kassa (45., Foulelfmeter), 3:0 Maximilian Fröhlich (57.), 4:0 Jemal Kassa (67.), 5:0 Marcel Dücker (72.) +++ rl


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