Hofreiter kritisiert Laschets Krisenmanagement

Wir sind es in der Politik gewohnt, Kompromisse zu finden

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat das Krisenmanagement von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) scharf kritisiert. „Seine Vorschläge zur schnellen Öffnung fand ich teilweise unverantwortlich“, sagte Hofreiter der „Welt“. „Bei ihm gingen manche Zahlen und Begriffe durcheinander: R-Wert, Verdopplungszeit und Zahl der Infizierten. Damit sollte man sich gründlich befassen, wenn man seiner Rolle als verantwortungsbewusster Politiker gerecht werden will und entsprechende Entscheidungen treffen soll.“ Es wäre sicherlich ratsam gewesen, wenn sich Laschet „stärker eingelesen hätte“.

Der Grünen-Politiker lobte hingegen Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), „der ja promovierter Mediziner ist, den schätze ich gerade sehr“. Wenn er sich zur Pandemie äußere, habe das Hand und Fuß. Hofreiter hält die Bekämpfung der Corona-Pandemie nicht für ein Muster für den Kampf gegen den Klimawandel. Diesen Ansatz halte er für falsch, sagte Hofreiter. „Die ökonomischen und sozialen Kosten, das sehen wir doch gerade, sind viel zu groß.“ In der Pandemie müsse sehr schnell reagiert werden. Die Bekämpfung der Klimakrise sei dagegen eine Aufgabe für Jahre und Jahrzehnte. Zwischen Pandemie und Klimakrise gebe es „massive Unterschiede. Aber es lohnt sich bei beiden Herausforderungen, präventiv zu agieren und auf die Wissenschaft zu hören“. Der promovierte Biologe glaubt, dass Bundestagsabgeordnete mit naturwissenschaftlicher Ausbildung anders auf die Krise blickten als etwa Juristen. Man merke bei manchen Diskussionen über das Virus, „ob jemand eine naturwissenschaftliche Ausbildung hat oder nicht“. Naturwissenschaftler hätten in der Regel ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass man mit einem Virus oder Naturgesetzen nicht verhandeln könne. „Wir sind es in der Politik gewohnt, Kompromisse zu finden. In einer Demokratie gibt es keine absoluten Wahrheiten. Aber mit dem Virus gibt es eben nichts zu verhandeln. Darauf kann man nur reagieren.“

Das sei jedem Naturwissenschaftler klar. Trotzdem brauche es bei der Bekämpfung einer Pandemie alle Perspektiven. Es gebe massive wirtschaftliche, soziale, juristische und psychologische Auswirkungen. „Uns muss bewusst sein, dass Infektionskrankheiten in der Menschheitsgeschichte immer eine enorme Wucht hatten. Epidemien sind einer der Haupttreiber der Evolution.“ Hofreiter glaubt fest an die Entwicklung eines Impfstoffs, da das Coronavirus bereits weitgehend entschlüsselt sei und nicht mutiere. Die Frage werde dann „aber dann sein, wer als Erstes geimpft wird. Es können ja nicht sofort Abermillionen von Dosen hergestellt werden.“ Darüber werde es Debatten geben. „Auch über die Frage, ob es vielleicht schneller einen weniger wirksamen Impfstoff geben wird als einen, der besser wirkt.“ +++