14 Kreis- und Stadtschülerräte in Hessen schlagen Alarm und weisen auf Missstände hin. Fehlendes Budget, keine Räumlichkeiten, fehlende Rechtsform, zu wenig Unterstützung, Scheinbeteiligung, wachsende Aufgabenfelder und konstante Verschiebung von Zuständigkeiten. Der Stadtschülerrat Frankfurt, der mit rund 70.000 Schülerinnen und Schülern einer der größten kommunalen Schülervertretungen Hessens ist, hat zum 1. September seine Auflösung angekündigt, insofern sich die miserable Situation nicht verbessert. Die Forderungen des Stadtschülerrat Frankfurts mögen für einige unverständlich wirken. Vielleicht auch, weil es so scheint, als hätten die anderen Kreis- und Stadtschülerräte keine derartigen Probleme.
Das Kultusministerium sagt, dass „vergleichbare Probleme (…) nicht bekannt“ (faz, 23.04.2024) seien. Wir, die verfassenden Kreis- und Stadtschülerräte in Hessen, die sich von solchen Aussagen ignoriert und im Stich gelassen fühlen, schließen sich zusammen und stellen nun öentlich klar, dass wir großflächig diese Probleme teilen und die schulische Demokratie und Jugendpartizipation kurz davor steht zusammenzubrechen. Wir, als die Vorsitzenden der Kreis- und Stadtschülerräte, sind überzeugte Demokratinnen und Demokraten. Unsere Arbeit zeigt Jugendlichen, wie es ist, in einem demokratischen System mitzuwirken und Verantwortung zu übernehmen. Leider können wir mit den Problemen, die wir nachfolgend ansprechen, unsere gesetzlichen Aufgaben als Vertreterinnen und Vertreter von unzähligen Schülerinnen und Schülern nur mangelhaft umsetzen.
Das ist nicht nur für uns enäuschend, sondern führt dazu, dass Politik, Gesellschaft und Schulgemeinden den Anschein einer demokratischen Mitbestimmung und Beteiligung der Schülerschaft vermieln, die oft gar nicht funktioniert. Damit nicht nur der Anschein vermittelt wird, sondern Mitbestimmung und Beteiligung von Schülerinnen und Schülern funktioniert, stellen wir gemeinsam diese 5 Positionen auf und weisen auf Missstände hin, die gelöst werden müssen, damit die schulische Demokratie mit ihren vielen Engagierten nicht zusammenbricht:
- Mehr Respekt und Austausch auf Augenhöhe
Als junge Engagierte in dieser Demokratie erwarten wir von Politik, Amts- und Verantwortungsträgern einen Austausch auf Augenhöhe mit uns. Ein gesunder Austausch ist nur dann möglich, wenn wir uns mit Respekt begegnen. Wird uns kein Respekt entgegengebracht, ist es schwer, andere Jugendliche dafür zu begeistern, an der schulischen Demokratie teilzunehmen, geschweige denn in sie zu vertrauen. Wir haben Lippenbekenntnisse satt. -
Weg von Scheinbeteiligung und hin zu richtiger Mitbestimmung Stadt- und Kreisschülerräte sind teilweise nicht mal in den kommunalen Ausschüssen für Schulen oder Jugendliche mit beratender Stimme eingeladen. Wir als Gremien, aber auch als ehrenamtliche Engagierte, sind Expertinnen und Experten in Sachen Schule und Jugend. Es sollte ein demokratisches Selbstverständnis sein, dass Schülervertreterinnen
und Schülervertreter in die kommunale Bildungspolitik einbezogen und befragt werden. Echte demokratische Beteiligung funktioniert nur so. -
Fehlende Rechtsform und Haftung
Das Abschließen von Verträgen, Anmelden von Veranstaltungen oder das Mieten von Räumlichkeiten ist als kommunale Schülervertretung unmöglich. Dadurch, dass wir als Stadt- und Kreisschülerräte keine Rechtsform haben, sind wir angehalten, Privatpersonen wie Verbindungslehrkräfte oder volljährige Schülervertreter für unsere Projekte haftend zu machen. Dieser Zustand muss sich ändern, damit wir endlich selbständig handlungsfähig werden und kein hohes privates Risiko mehr für unsere Arbeit eingehen müssen. -
Räume für Schülervertretungen und Demokratie ermöglichen
Die Stadt- und Kreisschülerräte sollten das Anrecht auf ein Büro haben. Es kann nicht sein, dass bei einigen von uns die Wahlurnen, Stimmkarten und archivierte Protokolle neben dem Be liegen. Schülervertretungen innerhalb der Schule haben dieses Recht. Wir jedoch nicht. Von den Schulträgern (die eigentlich dafür zuständig sind) wird man im Regen stehen gelassen. -
Unabhängige Finanzen für eine wirkungsvolle Repräsentation
Viele von uns haben kein Budget, welches nötig ist, um beispielsweise Projekte, Werbung und Informationsmaterial zu finanzieren. Wenn unsere Kommunen unsere Arbeit nicht mögen oder die Schulträger uns für zu aktiv empfinden, kann es schnell passieren, dass Miel nicht zur Verfügung gestellt werden und somit die Arbeit von uns behindert wird. Damit werden Schülervertretungen Mundtot gemacht. Das darf in einer Demokratie nicht sein! Diese Finanzierungsmöglichkeiten müssen unabhängig und den Anforderungen gerecht sein, damit wir wirkungsvoll unsere Schülerinnen und Schüler repräsentieren und unterstützen können bzw. Schülervertretungsarbeit an den Schulen nachhaltig fördern können. +++