Habeck hält AKW-Weiterbetrieb für immer wahrscheinlicher

Wirtschaftsminister nimmt Länder beim Ausbau der Erneuerbaren in die Pflicht

Robert Habeck (Grüne)

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geht davon aus, dass die verbleibenden zwei Atomkraftwerke im sogenannten Streckbetrieb am Netz bleiben könnten. „Wir sind jetzt schon in einem Bereich, wo der Stresstest sagt: Da kann es notwendig werden, Atomkraftwerke für die Netzsicherheit einzusetzen“, sagte er dem „Spiegel“. Das werde man jetzt weiter beobachten, „aber die Situation in Frankreich entwickelt sich nicht gut“.

Die Hauptgefahr sei ein Netzengpass. „Also nicht die Strommenge, sondern das Verteilen des Stroms im Netz.“ Schon jetzt fehle Atomstrom aus Frankreich. Das Nachbarland hätte in den vergangenen Jahren jeweils weniger Strom geliefert als angekündigt. „Das macht mir also schon große Sorgen.“ Auf die Frage, ob der Streckbetrieb damit wahrscheinlich werde, sagte Habeck: „Jedenfalls wird es nicht unwahrscheinlicher.“ Im vergangenen Jahr waren drei deutsche Atomkraftwerke abgeschaltet worden, die restlichen drei sollten ursprünglich Ende dieses Jahres folgen. Weil aber russische Gaslieferungen ausbleiben, sollen die beiden Kraftwerke Neckarwestheim in Baden-Württemberg und Isar 2 in Bayern als Notreserve bis zum kommenden Frühjahr einsatzbereit bleiben und bei Bedarf aktiviert werden können.

Wirtschaftsminister nimmt Länder beim Ausbau der Erneuerbaren in die Pflicht

Bundeswirtschaftsminister nimmt die Länder beim Ausbau der Erneuerbaren Energien in die Pflicht. „Ich bin auf die Hilfe der Länder angewiesen“, sagte er dem „Spiegel“. Die derzeitige Atomdebatte sei nur Resultat des unterbliebenen Windkraftausbaus in Bayern und der Stromnetze. „Hätte, wie vor zehn Jahren beschlossen, die Bundesrepublik überall ihre Ziele erfüllt, wir hätten diese Frage schon längst hinter uns gelassen.“ Die Verantwortung für die angespannte Situation sieht Habeck auch in Bayern. In Richtung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte er: „Es ist jetzt Gesetzeswirkung in Deutschland, dass jedes Bundesland, auch Bayern, zwei Prozent Windkraftanlagen auf der Landesfläche installieren muss. Ohne Diskussion.“ Zugleich verteidigte der Bundeswirtschaftsminister die Politik der Ampelkoalition: „Wir haben vor den Sommerferien das größte Erneuerbare-Energie-Paket seit Jahren, vielleicht seit Jahrzehnten, über den Deuts  chen Bundestag gebracht. Netzausbau, Windkraftausbau, Solarausbau, das wird sich beschleunigt fortsetzen.“ Bei Solarenergie sehe man schon einen Aufschwung, allerdings gebe es dort wie bei der Windkraft auch Lieferprobleme. Hinzu komme, dass es bei Genehmigungsverfahren Engpässe gebe. +++