Grüne rufen Basis bei AKW-Reserve zur Zustimmung auf

Verband hält Leuchtreklame-Verbot nicht für kurzfristig umsetzbar

Die Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour rufen ihre Partei dazu auf, die Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für einen Reservebetrieb von Atomkraftwerken mitzutragen. „Die Einsatzreserve ist eine verantwortungsvolle, angemessene, zeitlich begrenzte und zielgenaue Lösung, um auf ein Extremszenario vorbereitet zu sein und einer möglichen Netzinstabilität im kommenden Winter vorzubeugen“, heißt es in einem Dringlichkeitsantrag der Grünenspitze für den Bundesparteitag Mitte Oktober, über den der „Spiegel“ berichtet.

Der Bundesvorstand der Partei fordert, „für den äußersten Notfall“ vorzusorgen, „so unwahrscheinlich er auch sein“ möge. „Deswegen stimmen wir zu, eine konditionierte, zeitlich begrenzte und von der Atomaufsicht strikt überwachte AKW-Einsatzreserve zu schaffen“, schreibt die Parteispitze. Sie stellt allerdings auch Bedingungen für die AKW-Reserve: „Sie kann im Winter 2022/23 und nur dann eingesetzt werden, wenn  klar zu befürchten ist, dass die Voraussetzungen eines Krisenszenarios vorliegen und auch unter Ausnutzung anderer Maßnahmen eine kritische Situation weiterhin droht“, heißt es im Antrag, über den die Delegierten gleich zu Beginn des dreitägigen Parteitags am 14. Oktober in Bonn abstimmen sollen. Ihr Ja zur Einsatzreserve begründet sie mit der Politik Moskaus: „Längst hat die russische Regierung mithilfe willkürlicher Drosselungen oder Abschaltungen der Gaslieferungen einen Wirtschaftskrieg mit Europa begonnen.“ Auch der Ausfall zahlreicher französischer Atomkraftwerke gefährde die Stabilität des europäischen Stromnetzes im kommenden Winter. „Hinzu kommt, dass durch den insbesondere auch von der CSU verzögerten Netzausbau Strom, vor allem aus erneuerbaren Energien, nicht ausreichend von Nord nach Süd transportiert werden kann“, schreibt der Grünen-Bundesvorstand. Am beschlossenen Ausstieg aus der Kernkraft solle jedoch nicht gerüttelt werden. „Entscheidend ist für uns, dass keine neuen Brennelemente beschafft werden“, schreibt die Parteispitze. Und: „Der Atomausstieg bleibt.“

Verband hält Leuchtreklame-Verbot nicht für kurzfristig umsetzbar

Das vorübergehende Verbot beleuchteter Werbetafeln zur Energieeinsparung lässt sich nach Auskunft des Fachverbandes Außenwerbung (FAW) nicht kurzfristig umsetzen. Eigentlich dürfen seit 1. September zwischen 22 Uhr und 16 Uhr „beleuchtete oder lichtemittierende Werbeanlagen“ nicht betrieben werden, heißt es in der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV), über die die „Welt am Sonntag“ berichtet. Die Branche bemühe sich zwar, die Verordnung umzusetzen, doch bei 92.500 betroffenen Werbetafeln sei das nicht schnell möglich. „Beim weitaus größten Teil der betroffenen Anlagen handelt es sich um analoge Werbeträger, die bisher mit einer Dämmerungsautomatik ausgestattet sind“, sagte FAW-Geschäftsführer Kai-Marcus Thäsler der „Welt am Sonntag“ dazu. „Diese Dämmerungsautomatik muss an jeder einzelnen Fläche von einem Elektriker gegen eine Zeitschaltuhr ausgetauscht werden.“ Darüber hinaus sei die Beleuchtung bei allen verglasten Werbeanlagen gerade in der feuchten und kalten Jahreszeit eine Wärmequelle, die verhindere, dass die Anzeigetafeln beschlagen und zufrieren. „Um nachhaltige Schäden an den Anlagen zu verhindern, müssten anstelle der Beleuchtung Heizsysteme eingebaut werden, deren Energiebedarf aber um ein Vielfaches größer wäre“, sagte der FAW-Geschäftsführer. Die Umrüstung würde wohl länger dauern, als die Energiesparverordnung gilt. Schon Ende Februar nächsten Jahres endet das Beleuchtungsverbot. Laut dem FAW fehlen sowohl die nötigen Materialien als auch die Fachkräfte, um die notwendigen Arbeiten schnell umzusetzen. „Darauf haben wir den Verordnungsgeber bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt hingewiesen“, sagte Thäsler. „Wir müssen davon ausgehen, dass die flächendeckende Umrüstung mehrere Monate in Anspruch nehmen wird.“

Linke für Enteignung von Energiekonzernen

Mit einem Konzept zur Verstaatlichung von Energiekonzernen bis hin zur Enteignung geht die Spitze der Linken in eine Vorstandsklausur am Wochenende in Rathenow. Das Papier mit der Überschrift „Energiekonzerne vergesellschaften“, über das die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ in ihren Samstagausgaben berichten, haben die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan mit Hilfe von Juristen erarbeitet. „Um die Energiewende nicht den Eigeninteressen vier privater Unternehmen zu überlassen, sollte das Übertragungsnetz in öffentliches Eigentum überführt werden“, heißt es darin. Das zehnseitige Konzept zeigt Wege und Möglichkeiten einer „Vollverstaatlichung“ von Unternehmen auf, die im Energiesektor tätig sind. Dabei geht es neben Stromriesen auch um Stromnetzbetreiber. Beispielgebend werden die rechtlichen Möglichkeiten der Verstaatlichung des angeschlagenen Energieversorgers Uniper erörtert, der bislang der größte deutsche Importeur von russischem Erdgas war. „Energieversorger werden mit viel Geld gerettet, was richtig ist, aber sie werden nicht in die Verantwortung genommen“, sagte Wissler dem RND. „Statt mit der Gasumlage die Mehrheit der Menschen für die Fehler anderer bezahlen zu lassen, sollten Unternehmen, die ihren gesellschaftlichen Auftrag nicht mehr erfüllen können, in die öffentliche Hand übernommen werden.“ Mit Blick auf Uniper forderte die Parteichefin: „Statt die Kosten für die Marktfähigkeit von Uniper und anderen Gasimporteuren den Verbraucherinnen und Verbrauchern aufzuhalsen, muss Uniper vollständig in staatliches Eigentum übernommen werden.“ In dem Konzept der Parteispitze geht es auch um Strategien zur „Rekommunalisierung“ von Unternehmen, die in den zurückliegenden Jahren privatisiert wurden. „Ziel ist es, eine Privatisierung zuvor öffentlich-rechtlicher Aufgaben und Vermögen rückgängig zu machen und in kommunale Trägerschaft zurückholen“, heißt es in dem Papier, das dazu die Bereiche Energie-, Wasser- und Gesundheitsversorgung nennt. Der Co-Parteivorsitzende Martin Schirdewan, sagte dem RND, die Sicherung systemrelevanter Unternehmen und von strategischer Infrastruktur wie der Gasversorgung sei eine staatliche Aufgabe. Da der Markt bei der Energieversorgung offenbar nichts mehr regele, sei es Zeit, dass man den Markt regle. „Strom- und Wärmenetze gehören ebenso wie große Energiekonzerne in die öffentliche Hand und unter demokratische Kontrolle“, forderte Schirdewan. Dafür wolle die Linke „Steuergelder nicht mehr für die Rettung der Gewinne der Aktienbesitzenden verpulvern, sondern nachhaltig für die Übernahme der Konzerne einsetzen“. +++