Da hat doch die SPD-Fraktion in der Stadt wahrhaftig in ein Wespennest gestochen! Petersberg und Künzell sollen gemeinsam mit der Stadt Fulda eine Großstadt bilden. Starker Tobak für Petersberg und Künzell. Und genauso reflexartig wird zurückgestochen. Wie könne man nur, keine Zwangseingemeindung, schadet der Region, so einige Reaktionen. Ja selbst die Genossen aus Künzell sprechen von „Träumerei“.
Ist es wirklich so? Sind es populistische Hirngespinste, um mal wieder die Fuldaer SPD-Fraktion ins Gespräch zu bringen? Oder ist es einfach nur politische Weitsicht, die die Fuldaer Sozialdemokraten auszeichnet? Die Idee hat Charme und einen futuristischen Realismus. Natürlich hören die politisch Verantwortlichen in Petersberg und Künzell das nicht gerne. Aus ihrer Sicht heraus muss eine ablehnende Reaktion erfolgen. Und der Landrat hat Sorgen um seinen Landkreis. Unterdessen stößt das Ansinnen in der politischen Gemeinde Fuldas interessanter Weise über Parteigrenzen hinweg auf Zustimmung. Vordergründig wird zwar die Art und Weise des Vorgehens der Sozis missbilligt. Vermutlich ist man aber insgeheim froh darüber, dass dieser Stein mal ins Rollen kommt. Das dokumentieren ausgerechnet die Fuldaer CDU und OB Wingenfeld, die im Prinzip Gefallen an dem sozialdemokratischen Vorstoß finden. Das macht die Sache besonders interessant, zeigt es doch die Richtigkeit dieser politischen Vision. Aber natürlich muss der Vorstoß der Fuldaer Sozialdemokraten erst einmal kritisiert werden. Der Ansatz sei in dieser Form verkehrt, ein Zusammenschluss könne nicht verordnet werden, so die schmeichelhaften Aussagen.
Dass sie Gefallen an dem sozialdemokratischen Vorstoß finden, macht die Sache besonders spannend. Der Weg dahin kann jetzt beschritten werden, die Gespräche auf allen Ebenen beginnen. Ja, über das Wie kann man lange diskutieren. Damit kann man erst einmal verbergen, dass das Ob außer Frage steht. Andere, in diesem Fall die Fuldaer Sozialdemokraten, haben aber zunächst den schwarzen Peter. Jetzt kann die CDU in aller Ruhe innerhalb ihrer Reihen sondieren. Schuld an der Diskussion haben ja die anderen, die Sozialdemokraten. Der Ansatz ist auch deswegen nicht verkehrt, nur weil er aus der Stadt kommt. Von einer Großstadt wie Fulda würden Petersberg und Künzell genauso profitieren. Vergessen wir auch nicht, dass alle drei genannten Kommunen solide und finanzstark sind. Aus einer solchen Stärke heraus lässt sich mit Sicherheit ein noch besseres Konstrukt bilden. Keiner müsste Verluste tragen. Alle würden gewinnen. Was war denn verkehrt an dem Haushaltsantrag der SPD? Die Stadt aufzufordern beim Land für eine neue Gebietsreform zu werben? Übergeht man dabei die lokalen Ebenen? Nur wer Böses denkt – der Antrag kommt schließlich von der Opposition – muss das so sehen.
Wer die Situation objektiv betrachtet, kommt zu einem anderen Ergebnis: Seit der letzten Gebietsreform 1972 sind über 45 Jahre vergangen. Ein verdammt langer, viel zu langer Zeitraum, in unserer heutigen, schnelllebigen Zeit! Eine Neuordnung von Strukturen ist eigentlich überfällig. Dabei müssen nicht die Fehler der damaligen Gebietsreform wiederholt werden. Eine andere, bessere Zusammenarbeit innerhalb naher und enger regionaler Strukturen mit möglichst weniger Bürokratismus muss das Ziel sein. Dabei geht es nicht nur um die von den Bürgern als Absurditäten wahrgenommene verschiedene Winterräumdienste oder Satzungen für dieselbe Straße oder kommunale Grenzen für Kitas oder Grundschulen. Die Fragen heißen auch, ob beispielsweise zwei Schulämter oder Volkshochschulen noch zeitgemäß sind. Ob sinnvolle Gewerbeansiedlung und die Schaffung von Wohnraum wirklich an zwar nachvollziehbaren, aber regional schädlichen kommunalen Egoismen scheitern muss. Oder ganz praktisch: die Kosten für eine Einzelfahrt mit dem öffentlichen Nahverkehr wäre von den Kernorten Petersberg und Künzell um derzeit 20 Cent billiger. Immerhin!
Wenn wir eine Verwaltungsebene höher gehen, stellt sich auch die Frage, ob beispielsweise Regierungspräsidien nicht auch aus der Zeit gefallen sind. Jeder Betrieb, der überleben will, muss sich geänderten Verhältnissen anpassen. Warum nicht auch Verwaltungsstrukturen auf allen Ebenen? Hier ist in erster Linie die Landesregierung gefragt. Insofern war der Adressat des SPD-Antrags nicht unbedingt verkehrt, kam nur schlecht rüber. Nennen wir es Gebiets- oder Verwaltungsreform oder wie auch immer. Denken in neuen Strukturen, den Blick über den Tellerrand richten und kommunale Egoismen überwinden, das ist in der heutigen Zeit gefragt. Mut haben zu Veränderungen und den Willen zu intensiven Diskussionen, um das Beste zu erreichen. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger von ihren Politikern.
Fazit: Was man bisher in Gesprächen mit Bürgern vernehmen konnte, sind da viele Menschen weiter als ihre Politiker! +++ dieter